Wir gehen zurück ins Jahr 2008.

Dietmar Beiersdorfer hat inzwischen das Offensichtliche eingeräumt: Er bereut, dass er 2008 – er selbst war damals Sportdirektor in Hamburg – nicht Jürgen Klopp als HSV-Trainer verpflichtete. Weil sie sich an Äußerlichkeiten störten, bekamen die Hamburger Klopp damals nicht. Stattdessen kam Martin Jol, Klopp ging nach Dortmund, der Rest ist bekannt. Nun räumte auch Klopp etwas ein: dass ihn die Gründe, aus denen der HSV und er 2008 nicht zusammenfanden, durchaus trafen. „Ja, das kann ich so sagen“, erklärte er gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. „Ich wollte als Trainer wahrgenommen werden. Der HSV hat so eine Art Casting gemacht: flapsiger Umgang mit der Presse, Unpünktlichkeit, Löcher in den Jeans, Raucher.“

In der Tat schickte der HSV damals einen Scout nach Mainz, wo Klopp als Trainer auf sich aufmerksam gemacht hatte. Dieser soll mit obiger Mängelliste zurückgekehrt sein. Rauchen stimmt leider“, so Klopp rückblickend. „Unpünktlich ist eine absolute Unwahrheit. Ich war in meinem Leben nie unpünktlich, wenn ich es irgendwie verhindern konnte. Und was war das Letzte? Flapsig im Umgang mit der Presse. Ja, was soll das? Und dann noch der Spitzname Kloppo, verbunden mit der Frage nach Autorität.“ Die Folgen ärgern manchen HSV-Fan wohl bis heute. Klopp: „Ich habe damals gesagt: ‚So, Freunde, falls noch Interesse besteht, wollte ich nur mal sagen: no way. Ruft nie wieder an, das mache ich nicht. Ich bin Fußballtrainer und wenn euch solche Sachen wichtig sind, seid ihr die Falschen. Dann können wir nicht zusammenarbeiten.'“

Nun, die Art und Weise, wie Zauderschlumpf Düdü Beiersdorfer damals einen der bestens Nachwuchstrainer und später einen der weltbesten Übungsleiter aussortierte und mit welchen Argumenten man Klopp damals für KSV-untauglich erklärte, ist legendär und die Tatsache heute im Jahr 2024 ebenso erschütternd wie fatal. Denn im Anschluss suchte man in Hamburg vergeblich nach genau dem, was einem damals quasi auf dem Silbertablett serviert wurde, wo man jedoch einfach zu dämlich und zu arrogant war, es zu erkennen: Den Vereins-Fan auf der Bank. Sowohl in Mainz, dann in Dortmund und erst Recht in Liverpool verkörperte „Kloppo“ genau dieses Anforderungsprofil: Der Stimmungsmacher, der Game-changer, der Einpeitscher neben dem Platz und unter der Woche. Der Fachmann, der den Klub vorlebt und repräsentiert wie kein anderer. Nach unzähligen Versuchen meinte nun ausgerechnet der sensible Regenjogger Judas I., diesen Klopp-Klon in Tom „AfD-Laszlo“ Walter gefunden zu haben, nämlich den Chef-Trainer, der diesen Verein liebt, lebt und verkörpert, der Distanz zwischen Profis und Fans aufhebt und der gleichzeitig auch noch Taktikfuchs, Menschenfänger, Super-Scout und Sympathieträger ist, eine Mammutaufgabe, für die nur die Allerwenigsten geeignet sind. 

Fakt ist: Walter ist das nicht, Walter war das nicht. Zum Einen waren seine Sympathie-Kundgebungen zu primitiv und wenig subtil, seine Vereinsliebe für unsedierte Beobachter zu gespielt, seine Fresse zu groß und seine (sportlichen) Leistungen dabei zu klein. Kurz: Walter war ein dünnes Abziehbild, eine müde Kopie und ein fehlgeschlagenes Experiment. Denn bei all dem prolligen Auftreten, dem ständige Wir-Gelaber, beim dauerhaften „Wir bleiben bei uns“ und all den anderen überheblichen Übergriffen ist Walter eines nicht, was Klopp eben ist: Ein Fußball-Fachmann. Walter ist ein eindimensionaler Trainer mit einer persönlichen Agenda, die er ohne Rücksicht auf Verlust durchdrückt, zur Not auch auf Kosten des Arbeitsplatz-Verlustes. Walters peinlichen Bemühungen, wie eine Art asozialer Klopp (inkl. der äußerlichen Attitüde) rüberzukommen, wirkten für unabhängige Seher bereits nach kurzer Zeit abgenutzt und kontraproduktiv, seine fachliche Untauglichkeit hätte man bereits nach der ersten Spielzeit bemerken und entsprechend ahnden müssen. 

Das man dies nicht tat, sagt alles über seinen Fachvorgesetzten Boldt aus, dem es ganz offensichtlich wichtiger war, dass Walter mit seiner Art die dümmsten Fans der Welt begeistert und weniger die eigenen Spieler entwickelt. Aber Judas wäre nicht Judas, wenn er sein Verhalten nicht abrupt dem Zeitgeist anpassen würde, denn die Zeiten der Klopps, der Guardiolas, der Mourinhos und erst Recht der Ancelottis neigen sich dem Ende zu, gefragt sind ab sofort die Hürzelers und die Cinderella-Stories. Vom Tellerwäsche zum Millionär und vom Co-Trainer zum Meister-Coach, das will das Volk im Jahr 2024 und natürlich möchte ihnen der Sportvorstand, der mehr als alles andere von der Meinung des Pöbels abhängig ist, genau das liefern. Also sieht man in Gandalf Gilmore ganz schnell den Nagelsmann 3.0, der mit dem Zusatz, dass er gebürtiger Hamburger ist, noch einen Extraznutzen für die Folklore mitliefern kann. Alles, absolut alles beim Boldt-KSV ist auf Außenwirkung, auf PR, auf Show ausgerichtet, mit der man das hüpfende Pack tatsächlich über einen längeren Zeitraum blenden kann. Mit Leistungssport, mit Profifußball, mit sportlichen Ansprüchen und Eigen-Entwicklung hat das alles weniger als nichts zu tun.

P.S. Diesen Text habe ich vor drei Tagen verfasst, als noch nicht klar war, dass Gandalf Gilmore nach nur einem Spiel und als einer der damit erfolglosesten Trainer in der traurigen KSV-Geschichte das Zeitliche segnen müsste, um dem nächsten PR-Projekt Platz zu machen. Und wieder ist es ein sogenannter „KSV-Fan“ auf der Bank, wieder ist es mehr Emotion als Expertise, mehr Folklore als Vision. Wenn es tatsächlich stimmen sollte, dass Baumgart erst beim KSV anheuern wollte, nachdem das Rostock-Spiel absolviert war, ist dies vielleicht für die euphorisierten Hohlhüpfer teilromantisch, tatsächlich aber ist es das, was zuviel Folkore immer ist: unprofessionell. Stattdessen wird nun die Geschichte erzählt, dass man erst nach dem letzten Spiel den Kontakt zum früheren Kölner Coach aufgenommen und dass dieser eigentlich noch nicht einmal erste Wahl war. Meine Güte, was ist das bloß für ein unfassbarer Haufen von Amateuren.

Die für mich einzig relevante Frage bleibt allerdings: Darf Johann „das Gespenst“ Schönlauch Neu-Coach ab sofort „Steffi“ nennen? Ich frage für MagatHH 

 

Zusatz

Es bedarf nur eines Artikels aus dem Kampagnenblatt und man weiß sofort, worum es geht.

Schon bei seinem ersten Auftritt als HSV-Trainer stellte Baumgart mit seiner authentischen Art unter Beweis, die Menschen auf seinem Weg mitnehmen und eine neue Euphorie entfachen zu können.

Spätestens in diesem Moment wurde greifbar, wie Baumgart einen ganzen Verein und bis auf einen Stadtteil auch eine gesamte Stadt hinter sich vereinen kann.

Selbszverständlich darf auch der selbstlobende Slenderman nicht fehlen…

Es gilt, das Feuer, das wir entfacht haben, weiter aufrechtzuerhalten und unseren Weg zielgerichtet fortzusetzen

Man spielt seit 6 Jahren in der zweiten Liga, vier Nichtaufstiege hat dieses intrigante Schwein zu verantworten und der redet ernsthaft von einem „Feuer, das er entfacht hat“. Es ist einfach nun unfassbar.

ENDE