Eines ist mal klar und sollte auch vom dümmsten Hüpfer begriffen werden: Weder Punktestand, noch Tabellenplatz oder sportliche Performance waren der Grund für die Entlassung von Tom „AfD-Laszlo“ Walter, der einzige Grund war der Umstand, dass es Judas Boldt persönlich an den Kragen ging. Hätte der KSV, bei gleicher Spielweise, bei den gleichen Walter-Sprüchen, bei all den bekannten Begleiterscheinungen drei Punkte mehr auf der Habenseite gehabt und wäre bei Walters Abschied auf Tabellenplatz 2 gewesen, der seichte Prolet würde heute noch sein Unwesen im Volkspark treiben. Denn im Grunde verkörperte Walter genau das, was Boldt von einem Trainer erwartet. Er geht voran, betont bei jeder Gelegenheit die Geilheit des Vereins und seiner „Fans“, er lebt die komplett unangebrachte Arroganz des KSV mit jeder Faser („Ich gucke nie zweite Liga“). Das ist das, was die Idioten hören und lesen wollen, so wird man in Hamburg mittlerweile zur Trainerlegende, vollkommen unabhängig davon, ob man sportlich erfolgreich ist oder nicht. 

 

 

Nun, die Punkte waren leider nicht da und die Stimmung im Aufsichtsrat drehte sich im fünften Boldt-Jahr mehr und mehr, Grund genug für den erbsenköpfigen Slenderman, Golf-Buddy Walter über die Planke zu schicken und, natürlich einzig und allein aus Eigen-PR-Gründen, dem KSV mit Gandalf Gilmore ein Hürzeler-Gedächtnisversuch ins Rennen zu schicken, doch leider blieb nach einem blamablen 2:2 in Rostock der erhoffte Befreiungsschlag aus. Was also tun? Natürlich hätte Boldt dem zuvor über den grünen Klee gelobten Polzin noch mindestens eine Chance im Heimspiel gegen Elversberg geben können, aber inzwischen bläst ihm der Wind im AR mit Stärke 9 direkt ins Grinsegesicht, also wurde auch dem neuen Zauberlehrling ganz schnell der Stecker gezogen, ob der Junge dadurch nachhaltigen Schaden nimmt ist doch einem Judas Boldt egal. Wie immer gänzlich auf eine Situation unvorbereitet (man erinnere sich an die letzte Transferphase nach der „detailversessenen Analyse“ der Hinrunde) musste Judas nun ganz schnell handeln und vor allem musste er sich auf die Suche nach einem bestimmten Typus Trainer machen. Denn natürlich hätte man, um Verein und vor allem Mannschaft taktisch und perspektivisch nachhaltiger aufzustellen, einen ruhigen, analytisch und spieltaktisch starken Übungsleiter verpflichten können, aber zum Einen kennt man diese Art Trainer im Volkspark gar nicht und zum Anderen ist es nicht das, was Judas braucht(e), der braucht(e) einen Walter-Klon, einen neuen Brüllfrosch, den nächsten Fan-Einpeitscher, den nächsten KSV-Fan auf der Trainerbank. 

 

 

So war es naheliegend, dass man relativ schnell auf den sich seit Monaten anbiedernden Baumgart(en) kam, denn er ist zum jetzigen Zeitpunkt der absolut perfekte Trainer. Vielleicht nicht unbedingt für den KSV und dessen Zukunft, in jedem Fall aber für Boldt. Und vom ersten Tag an erfüllt Baumgart(en) alle in ihn gesetzten Erwartungen. Er gewinnt, mit Glück, gegen Aufsteiger Elversberg, aber noch viel wichtiger: Er sagt die Dinge, die die Leute hören wollen. Vielleicht etwas weniger arrogant und schrill als Vorgänger Walter, aber im Kern ist es die exakt gleiche Botschaft. Der KSV war schon immer sein Wunschverein (ach wirklich), er hat die Mannschaft in einem körperlichen Topzustand vorgefunden (hat je ein Trainer etwas anderes gesagt), er ist sowas von überglücklich im Volkspark untergekommen zu sein (wer hätte das gedacht). Dann noch ein paar gezielt platzierte PR-Geschichten wie der angebliche Versuch, Identitätsbescheißer Daffeh nach Köln gelockt haben zu wollen – fertig ist der neue Heilsbringer. Denn in Hamburg und vor allem für Boldt ist nicht der beste Trainer die Optimalbesetzung, sondern der Vortänzer, der den Hüpfern tagtäglich das erzählt, was sie hören und lesen wollen. 

Ob Boldt nun mit der Verpflichtung Baumgart(en)s der entscheidende Deal für den Aufstieg gelungen ist, bleibt abzuwarten, aber zumindest hat er sich selbst, und nur darum geht es, ein wenig Zeit zum Durchschnaufen verschafft. Denn irgendwann begreift auch der Letzte (im Aufsichtsrat), dass die von der Abteilung Hofbericht beständig verbreiteten Legenden über Boldt nichts als heiße Luft sind. Er hat für ganz tolle Sponsorenverträge gesorgt, aber mit dem Hauptsponsor HanseMerkur seit Monaten nicht mehr kommuniziert. Er ist der Transfergott, was man mit zwei Klicks auf Transfermarkt.de locker widerlegen kann. Er hat dafür gesorgt, dass die Volksparkruine wieder voll ist, auch das ist ein Märchen, der Laden war immer voll. Und er hat den Verein geeint, um darüber zu lachen, muss man nur den Artikel von Daniel Jovanov in „Die ZEIT“ lesen und die darauf erfolgten Reaktionen sehen. Boldts mühsam aufgebautes Blendwerk ist gerade dabei, krachend einzustürzen und der einzige Grund, warum ihn der Aufsichtsrat immer noch nicht in Daffeh’s Wüste geschickt hat, ist der Umstand, dass niemand aus dem Gremium einen Nachfolger im Kopf hat. Eben typisch KSV.