Sie hatten sich das so schön ausgedacht. Notgedrungen trennte man sich dann doch vom inzwischen medial halbwegs weidwund geschossenen Proleten Walter, natürlich ist der Zeitpunkt strategisch gewählt, denn es stehen 3 theoretisch einfache Spiele an. Auswärts beim Tabellenvorletzten aus Rostock, anschließend zwei Heimspiele gegen die Aufsteiger Elversberg und die weit abgeschlagenen Osnabrücker, da sollten 9 Punkte doch eigentlich einigermaßen locker eingeplant und der Sprung zurück auf einen Aufstiegsplatz möglich sein. Angesichts dieser Aussicht kann man auch durchaus mal ein Experiment wagen und dem KSV mit Gandalf Gilmore ein Hürzeler-Klon verordnen, schließlich ist man im Besitz eines Bramfelder Guardiola und – wenn nicht jetzt, wann dann? Mit viel Glück rettet man kurz vor Schluss an der Ostsee einen Punkt und das kleine Hoffnungsflämmchen Polzin war bereits wieder verglimmt, denn eine Niederlage gegen Elversberg mit dem Trainer Merlin P. hätte Judas Boldt wohl nicht überlebt. Also holt man einfach eine etwas leisere Kopie der primitiven Bartlaus, Zonen-Steffi Baumgart(en) hatte sich ja nun auch lange genug erfolglos angebiedert. Was folgt ist ein mickriger 1:0-Sieg gegen einen Verein ohne eigenen Bahnhof und dieser Sieg wurde selbstverständlich in schöner KSV-Tradition höher gehängt als er tatsächlich war. 

 

 

Nun denn, keine 6 Punkte, aber zumindest 4 und nun stand das Spiel gegen den VfL Osnabrück an, ein Team mit gerade einmal zwei!!! Siegen aus 23 Spielen (einer davon gegen den KSV) und einem Torverhältnis von 20:45. Eigentlich sollte man meinen, mit dem neuen Welttrainer, der neue Mentalität, der neuen, seriöseren Spielweise und vor allem mit dem Rückwind der restlichen Ergebnisse des Spieltages sollte die teuerste Mannschaft der Liga von 56.000 glücklichen Hüpfern zu einem lockeren Heimsieg getragen werden. Am Arsch. In einem der schlechtesten Saisonspiele überhaupt, und das will wirklich etwas heißen, verliert der KSV tatsächlich mit 1:2 gegen Osnabrück, bezeichnet man sowohl Spiel wie auch Ergebnis als Blamage, man würde grenzenlos untertreiben. Nichts ist es mit 9 Punkte aus den drei leichtesten Spielen der Saison, übrig bleiben müde 4 Zähler, aber das ist nur ein Teil des Problems, denn der Zauber des Steffen Baumgart(en) ist dabei zu verschwinden, bevor er überhaupt begonnen hat und nun steht der Coach vor dem Auswärtsspiel in Düsseldorf bereits richtig unter Druck. Wie aber reagiert Baumgart nach der Osna-Klatsche?

„Er sagte, dass wir uns mehr wehren und mehr Charakter zeigen müssen. Wenn gefühlt jeder nur 80 bis 90 Prozent gebe, dann reiche es nicht, egal gegen wen.“

Baumgart hat offensichtlich ein Mentalitätsproblem in der Mannschaft ausgemacht. „Fußball ist ein Mentalitätssport“, sagte der neue HSV-Coach

Wenn ich die Mentalität gegen eine Mannschaft, die nicht unsere Qualität hat, nicht aufbringe, dann kann mich diese Mannschaft kriegen.“ 

Wir brauchen eine Mentalität, die allen Menschen zeigt, dass wir aufsteigen wollen. Das habe ich heute nicht immer gesehen“, sagte Baumgart. „Wir müssen bei der Mentalität einen ganz gewaltigen Schritt machen.“

Nun, wer diesen Blog nicht erst seit gestern liest, wird hier mehr als einmal die Begriffe „Wohlfühloase“ oder auch „fehlender Leistungsgedanke“ gelesen haben, Baumgart(en) hat nun genau zwei Spieltage gebraucht, um zu verstehen, worauf er sich eingelassen hat, sein Problem ist nur: Er wird diese Grundeinstellung nicht ändern können, da kann er toben und loben, bis ihm die Schiebermütze vom Schädel fliegt. Denn diese Einstellung, diese Arroganz („Man hat doch klar gesehen, wer hier heute die eindeutig bessere Mannschaft war“ (Schnecke-Schneidezahn Meffort)) sitzt in diesem Verein seit Jahrzehnten wie ein Virus, wie ein Parasit in seinem Wirt und zieht sich durch alle Ebenen. Ich behaupte, man könnte Baumgart(en) gegen Klopp tauschen, es würde sich nichts ändern. Sie könnten morgen Boldt feuern und gegen Hoogma ersetzen, es würde sich nichts ändern. Man könnte den gesamten Aufsichtsrat auflösen und durch den des FC Bayern ersetzen, es würde sich nichts ändern, denn all diese Maßnahmen ändern die zutiefst kranke DNA dieses Vereins nicht. Die Selbstzufriedenheit, die unhanseatische Überheblichkeit, die Arroganz und die verblendete Einbildung, man wäre etwas Besseres, all dies ist durch Personalwechsel nicht zu lösen, zumindest nicht kurzfristig. Es gab eine (kurze) Zeit unter Bernd Hoffmann, da verlangte die Führung des Vereins mehr von seinen Angestellten als Dienst nach Vorschrift und wie heißt es doch so schön? „Verlange von deinen Untergebenen nur das Beste, dann bekommst du auch das Beste“

Hinzu kommt, dass die Walter-Zeit den KSV noch einmal um Lichtjahre zurückgeworfen hat, Walter hat wie kein Zweiter die Wohlfühloase ebenso vorgelebt wie die dümmliche und absolut unangebrachte Überheblichkeit („Ich gucke nie zweite Liga“). Diesen Scheißdreck erst aus den Köpfen und dann aus der DNA des Vereins zu bekommen, ist eine Herkules-Aufgabe für Jahre und sie ist vor allem eines – sie ist nicht ruhmreich und man macht sich dabei nicht beliebt. Deshalb ist es nahezu ausgeschlossen, dass der Verein nach Hoffmann noch einmal jemanden sucht und bekommt, der sich diese Nummer antun möchte, denn im gesamten Verein, in der Mannschaft, in den Gremien, bei den Supporters und bei den Ultra gibt es zuviele Personen, dich sich in der Wohlfühloase ebenso eingerichtet haben und damit „fein“ sind wie mit der zweiten Liga. Aus meiner Sicht, aber das schreibe ich auch nicht zum ersten Mal, ist dieser Verein verloren. Schon lange.

Passend dazu der Erfahrungsbericht von User „Hein Bloed“ aus dem Kommentarbereich des gestrigen Blogs. 

Auf dem Heimweg dann St. Pauli in die völlig überfüllte U- Bahn gestiegen, zwei Züge haben wir sausen lassen da hier keine Chance hatten da noch zuzusteigen.
Die Stimmung dann im U- Bahnwagen großartig, “lustige” Fangesänge, man könnte echt glauben die hätten heute einen CL- Sieg eingefahren, jediglich gelegentliches “Scheiss St. Pauli”- gröhlen störte die Harmonie etwas, aber egal, gewonnen ist gewonnen, so dachte ich. Nach dem Umsteigen Berliner Tor habe ich mal lauter Neugier auf dem Mobiltelefon nachgeschaut wie hoch die heute gewonnen haben, und da musste ich echt lachen: 1:2 gegen 10 Mann vom Tabellenletzten verloren! Und dann diese Bombenstimmung im Zug vorher…

 

Exakt das ist das Problem, die Schwachköpfe feiern sogar noch (sich selbst), wenn sich ihr Verein im Heimspiel gegen den Tabellenletzten bis auf die Knochen blamiert. Deckt sich zu 1888% mit meinen eigenen Erfahrungen von meinem letzten Stadionbesuch. Wie unendlich scheiße kann man eigentlich sein? Als ich mich noch KSV-Fan nennen konnte und der Verein verlor an einem Samstag, dann war der Rest des Wochenendes für mich im Arsch und mir war nach allem, aber garantiert nicht nach feiern.