Das kollektive Aufatmen, diese ungeheure Erleichterung nach dem Spiel war sogar bis in den australischen Busch körperlich spürbar, dabei meine ich weniger die Freude bei Verein und Fans, sondern vielmehr die kreischend wilde Begeisterung in den Hamburger Redaktionsstuben, denn endlich konnte man all die Jubelgesänge, all die Superlative wieder rauskramen, die seit Wochen in den Schubladen rumorten und rauswollten wie ein Irrwicht aus Professor Lupins Schrankkoffer. Wüßte man nicht, worum es geht, hätte man denken können, man hätte den neuen Weltmeister gesehen, ein sportliches, technisches Spektakel auf Manchester City-Niveau, diverse aufkommende Weltstars, die Fußball wie von einem anderen Stern zelebrierten, dabei war Folgendes geschehen: Der KSV hatte doch tatsächlich mal wieder ein Heimspiel gewonnen, diesmal sogar gegen einen Aufsteiger aus Wiesbaden (Kaderwert: € 16,20 Mio.), man kann die Leistung gar nicht hoch genug hängen. Dabei wurde die Übermannschaft des Tabellen-13., der ganze 3 Punkt vor einem Relegationsplatz steht, zu jedem Zeitpunkt beherrscht, an die Wand gespielt, geradezu gedemütigt – jedenfalls, wenn man den Schmierlappen von BILD, Mopo und Kampagnenblatt glauben möchte. 

„Der Beginn einer Aufholjagd?“, „Zwei Hamburger ragten heraus..“, „HSV-Held Muheim…“, „Ronaldinho-Freistoß..“, „Schulterschluß: Ein Sieg für Zusammenhalt“ (das steht wirklich so im Kampagnenblatt), „HSV schießt sich den Frust weg“ – man könnte stundenlang so weitermachen. Wenn selbst die faule Sau Münchhausen sich bemüßigt fühlt, am 17. des Monats seinen fünften Bolg veröffentlichen zu müssen, dann scheint etwas Unfassbares passiert zu sein, oder? Kein Vergleich ist zu dämlich und kein Honorar ist zu hoch. Und wenn man dann auch noch einen komplett verunglückten Freistoß, bei dem sich der Schütze fast den Mittelfuß gebrochen hätte, zu einem genialen Trick im Ronaldinho-Style kürt, weiß man, dass man hinter der Bezahlschranke der Hamburger Abteilung Hofbericht gelandet ist, eine Berufsgilde, der mittlerweile nichts mehr zu peinlich ist. Ich gehe davon aus, dass sich große Teile der Hamburger Journaille heute ins kollektive Koma saufen werden, zu glücklich wird man sein, dass man dem Gönner Judas wieder einmal den Arsch retten konnte.

Denn nun ist Länderspielpause und man hat reichlich Zeit, neue Heldengeschichte zu stricken, neue Legenden vom geeinten Verein zu verbreiten, vielleicht wäre es ja auch mal wieder an der Zeit, eine Story im Sinne eines Judas Boldt-Manövers unters erleichterte Volk zu streuen. Frei nach dem Motto „Soll der Aufsichtsrat doch einen Nachfolger suchen, Judas ist in Mailand und Valencia im Gespräch“, wundern sollte es jedenfalls nicht. Was dieser Tag wieder einmal auf eindrucksvolle Art und Weise zeigt: Normal geht im Volkspark nicht, eine realistische Einschätzung ist weder gewollt noch bezahlt. Alles muss, wie immer in diesem Fake Verein, drei Nummern zu hoch gehängt werden, dies ist auch der Grund, warum sich der Rest der Republik an jeder KSV-Niederlage über alle Maßen aufgeilt. Die Hamburger Hofberichterstatter waren, sind und bleiben der übelste Abschaum des Landes.

P.S. Der Umstand, dass sich Mannschaft und Trainer 17 Minuten vor dem Spiel zum Gang zu den Ultras diktieren lassen, ist mit Worten nicht mehr zu beschreiben. Das sind die gleichen Arschpisser, die vor wenigen Tagen noch eine Polizei-Uniform verbrannten und denen kriecht dieser widerliche Drecksverein auch noch in den Hintern. Es ist sowas von ekelhaft.