Wenn man es nicht hätte miterleben können, man würde es nicht glauben. Nach einem dem eigenen Verein und den eigenen Anhängern gegenüber respektlosen Auftritt und dem endgültigen Verpassen des Aufstiegs im 6. Anlauf, wurden die Profifußball-Simulanten des KSV nicht etwa mit einem gellenden Pfeifkonzert und allem Drum und Dran in die Kabinen verabschiedet, sondern die mitgereisten Fernzug-Scheißer stimmen sogar noch ein fröhlich Liedchen an. Es ist dieser Widersinn, dieses antizyklische Verhalten der sogenannten Ultras, welches eigentlich noch sprachloser macht als die blutleeren Auftritte der Zweitliga-Großverdiener aus dem Volkspark, die sich wieder einmal in der Annahme bestätigt sahen, dass ihnen am Ende im Grunde alles verziehen wird, solange sie sich mit dem Rautentrikot nicht den Hintern abwischen. Doch was genau passiert dort eigentlich? Haben diese Vollpfosten aus der Kurve mit professionellem Leistungssport abgeschlossen und bezahlen Fahrtkosten und Eintrittsgelder nur noch deshalb, weil sie sehen wollen, wie Daffeh die gegnerischen Stadien mit seinem Flanken-Slapstick in Gefahr bringt? Oder sind ihnen Tabellenplatz und Punkteausbeute inzwischen komplett Latte und es geht nur noch darum, wie viele Pyro-Stangen man an den Ordnern vorbeischmuggeln kann? Ich glaube, wer das glaubt, springt zu kurz. 

 

„Ich glaube, wir sagen das seit drei Jahren – dass die Fans schier unglaublich sind“, zeigte sich Sebastian Schonlau bei aller Enttäuschung fast gerührt. „Diese Reaktion ist alles andere als normal. Die ist alles andere als selbstverständlich.“ „Diese Leidenschaft der Jungs und Mädels für den Verein zu sehen, das ist unglaublich in meinen Augen“, schwärmte Schonlau. „Da stehst du schon als Spieler da unten und fragst dich, ob du diesen Moment überhaupt verdient hast.“ (Mopo)

 

Dieses Verhalten, so skuril und unbegreiflich es jemandem sein mag, der seinen Verein in der ersten Liga sehen möchte, ist erklärbar. Vielleicht nicht mit normalen Maßstäben und schon gar nicht mit gesundem Menschenverstand, aber es ist erklärbar. Denn diesen „Mädels und Jungs“ geht es 0,0 um den Verein, um die Mannschaft, um Punkte, Erfolge, Aufstiege, Pokale und Triumphe, es geht ihnen nur und ausschließlich um sich selbst. Mitnichten feiern sie die Versager auf dem Acker, unter Garantie freuen sie sich nicht über blutleeren Fußball, aber sie wollen sich und den anderen Ultras zeigen, dass sie etwas Besonderes sind, sind sie auch nach dem Dafürhalten von halbwegs neutralen Beobachtern nur besonders bescheuert. Nein, sie geilen sich daran auf, wenn Mannschaft und Verantwortliche nach der nächsten Niederlage in die Mikrophone husten: „An unseren Fans hat es nicht gelegen, die sind einmalig“ (s.o.), womit sie eigentlich einmalig behindert meinen. Sie möchten um jeden Preis demonstrieren, dass sie die vielbesungenen „besten Fans der Welt“ aus der schönsten Stadt der Welt sind, dabei lassen sie unglücklicherweise außer Acht, dass sie mit ihrem Verhalten exakt den Erfolg proaktiv verhindern, der ihnen selbst am Arsch vorbeigeht. 

Mal angenommen, ich bin Schüler. Ob ich lerne oder nicht, ist egal. Ob ich mich auf eine Klausur vorbereite oder nicht, ist egal. Ob ich eine 1 schreibe oder eine 6, ist egal. Am Ende des Schuljahres werde ich so oder so versetzt, außerdem gibts zur Belohnung noch ein Auto von Papa und einen Schein von Opa. Warum in Gottes Namen sollte ich mich also anstrengen? Warum sollte ich Zeit und Mühe investieren, um besser zu werden, wenn doch auch weniger als nichts locker reicht und ich Playstation zocken kann, anstatt Bücher zu lesen. 

Niemand verlangt von professionellen Sportlern, dass sie Angst vor den eigenen Anhängern haben müssen, aber wenn Leistung bei maximaler Bezahlung überhaupt nicht mehr zählt, wenn man spielen kann, als würde man in der Kreisliga B gegen schmerbäuchige Büroangestellte bolzen und keinerlei Konsequenzen zu befürchten hat, dann wird es weder Entwicklung, noch Leistungsbereitschaft und schon gar kein schlechtes Gewissen geben. Am Ende ist es so, dass die verblendeten Selbstoptimierer aus der Kurve genau das verhindern, wofür der Rest des Stadions Eintrittsgeld auf Champions League-Niveau bezahlt, aber die sind ihnen bekanntlich noch egaler als der eigene Verein.

 

 

 

 

Noch Fragen? Diese Vollspacken bezahlen zwischen € 50 und € 100, um sich mit „Freunden zu unterhalten“ und sich volllaufen zu lassen und fühlen sich auch noch geil dabei. Und Judas Boldt erklärt, dass es allein ihm zu verdanken ist, dass die tropfende Volksparkruine voll ist 😀 😀 😀