HSV – Spielball der Medien oder selbstständiger Verein ?
Exakt so lautete das Thema einer Diskussionsrunde, die im Rahmen einer öffentlichen Sitzung der SC-Abteilungsleitung letzte Woche in der Raute stattfand. Anwesend waren neben zwei Springer-Journalisten (warum nur Schreiber dieses Verlages geladen waren, erschließt sich mir zwar nicht, aber…) auch 5!!! Aufsichtsräte.
Ich möchte heute auf den Verlauf dieser Versammlung gar nicht weiter eingehen, u.a. deshalb, weil er erneut ein erschütterndes Bild auf die Verhältnisse innerhalb des Vereins im Allgemeinen und im Aufsichtsrat im Speziellen wirft.
Vielmehr möchte ich mich heute dieses Themas annehmen, welches in der SC-Runde zwar großartig angekündigt wurde, dann jedoch in einer Art Werbeveranstaltung für die sogenannten Hamburger “Sportjournalisten” endete.
Bei aller Liebe, aber wer als Mitglied und Fan über Sprüche wie “Wir berichten ja nur über das, was wir sehen” oder “Es ist unsere journalistische Pflicht, unsere Leser zu informieren” noch lachen kann, dem sei mein uneingeschränkter Neid gewiss.
Diese Sitzung wäre eine gute Gelegenheit gewesen, den anwesenden, selbstgerechten Schreibern einmal zu erklären, was die Mitglieder von der dauerhaften Einflussnahme seitens des Springer-Verlages halten, diese Chance wurde erneut verpaßt. Stattdessen ließ man sich einlullen und auf Nebenkriegsschauplätze führen.
Was aber passiert zur Zeit medial um den Verein. Aktuell finde ich, dass man – wenn man nicht allzu blöd ist – eine Strategie erkennen kann, die noch nicht einmal sonderlich subtil publiziert wird.
Welches ist das bestimmende Thema in und um den Verein und wird es mit Sicherheit noch bis zum 19.01.2014 sein ?
Richtig geratem, die Strukturreform. Rieckhoff-Reform, HSV PLUS, Hunke-Konter, HSV mit Tradition, Seele des HSV, HSV – not for sale usw. usw.
Diese Dinge beschäftigen die Mitgliedschaft in diesen Tagen und die augenblickliche Tendenz (u.a. hier einzusehen: www.umfragehsv.trokanda.de) zeigt, dass sich offenbar eine Mehrheit dafür finden läßt, die Profi-Abteilung auzugliedern und die Macht der Mitglieder zu beschneiden.
Was hätte dies zur Folge ? Kleinere Gremien, Profis an den Schaltstellen, weniger Skandale, weniger Informationen, die nach außen dringen.
Für die schreibende Zunft eine mittlere Katastrophe. Was soll man dann über den HSV schreiben ? Selbst Sabia interessiert irgendwann keinen mehr. Muss man sich dann etwa tatsächlich mit Fußball beschäftigen ? Das wäre ja schrecklich.
Was also tut man, um dieses Horror-Szenario zu verhindern ? Nun, man verbreitet, dass beim HSV alles schön ist. Der Club steht blendend da, der Verein ist auf dem richtigen Weg.
Idee dahinter: Wenn ein Teil der Mitgliedschaft den Eindruck gewinnt, der HSV ist auf dem direkten Weg in Richtung europäische Spitze, besteht für eine drastische Veränderung a la Strukturreform kein Grund. Wozu auch ? Ist doch alles in Butter.
Am 6. Oktober 2013 twitterte Zaunkönig “Jojo” Liebnau folgende Sätze:
Drittliga-Manager? Chaos-Klub? Gurkentruppe? Fehleinkauf? Maul halten!Danke für diese geile Antwort! Immer dran glauben!
Kurz zuvor hatte der HSV die Weltklasse-Mannschaft aus Braunschweig mit 4:0 geschlagen und war überragender Tabellen-12. mit 4 Punkten aus 4 Spielen und 9 Gegentoren. Wahrlich ein Grund, sich auf glorreiche Zeiten zu freuen.
Nun ist “Jojo” kein Journalist, aber “Jojo” macht Politik, gewaltig sogar.
Lasst mich ein paar wenige Headlines aus Springer-Artikeln und Blogs der letzten Tage zitieren, dann wird das Bild hoffentlich klarer.
“Der HSV gewinnt beim 3:3 viele Sympathien zurück”
Zugegeben, das Spiel gegen Stuttgart war spektakulär und lustig anzugucken. Die Mannschaft zeigte Charakter und kam dreimal zurück. Trotzdem ist der HSV auch nach dem Heimspiel gegen den VFB nach wie vor 15. und kann sich aktuell über 22 Gegentore nach 9 Spielen freuen.
“Diese Mannschaft funktioniert – immer besser…”
Wurde in der Vergangenheit von genau den Schreibern, die jetzt um die Wette jubeln, ein Tabellenplatz 15 nach dem 9. Spieltag als Apokalypse beschrieben und Herr Seeler kam vor Sorge kaum noch zum schlafen, so hat man jetzt den Eindruck, als berichten die Herren über einen Champions League-Teilnehmer…
“Der Umbruch ist in vollem Gange – und er funktioniert”
Zur Hölle, welcher Umbruch denn ? Und wenn, der wievielte Umbruch ? Ist die Aufstellung von Jonathan Tah und Hakan Calhanoglu jetzt schon wieder ein erneuter Umbruch ? Weil – Arslan und Beister haben bereits letzte Saison gespielt und Lasogga ist bekanntlich nur ausgeliehen. Warum wird an dieser Stelle ein gelungener “Umbruch” bejubelt, das ist doch Bullshit.
“HSV und van Marwijk – Glückwunsch nach einem Monat”
Bert van MarwijK ist seid dem 24. September Trainer des HSV. am 28. September gab es ein glückliches 2:2 in Frankfurt (Jansen schoss den Ausgleich in der 86. min), am 05. Oktober gab es ein 5:0 bei völlig indisponierten Nürnbergern, am 20. Okt. spielte der HSV zuhause 3:3 gegen Stuttgart.
Dazwischen erreichte der HSV am 24. Sept. durch ein mühsames 1:0 gegen Zweitligist Greuther Fürth das Achtelfinale im DFB-Pokal, allerdings war an diesem Tag noch Cardoso der verantwortliche Trainer.
Ich frage mich ernsthaft, wo an dieser Stelle ein Anlass für einen Glückwunsch bestehen soll ?
“Taktik-Fuchs van Marwijk hat Freiburg genau studiert”
Um Gottes Willen, jetzt ist der Mann schon ein Taktik-Fuchs. Unabhängig davon, dass ca. 90% der Schreiber eine Taktik nicht mal verstehen würden, wenn sie ihnen von Guardiola erklärt werden würde, aber was soll dieses Gejubel ?
Damit man mich nicht falsch verstehen mag – ich möchte nicht für schlechte Stimmung sorgen. Ich sehe durchaus eine positive Entwicklung und eine Verbesserung der Aufteilung und Vorwärtsbewegung. Jedoch sehe ich auch, dass der HSV immer noch 15. in der Tabelle ist und das Team vor einer harten Saison steht. Hier und heute in Jubel-Arien zu verfallen und Herrn van Marwijk als neuen Trainergott auszuloben, halte ich nicht nur für übertrieben, sondern auch für gesteuert und gefährlich.
Im Gegensatz zu vielen Fans bin ich nicht vergesslich und ich erinnere mich, dass es noch gar nicht so lange her ist, als noch ein Rudnevs als Fußkranker geoutet wurde, der nicht mal 3,5 Millionen Zloty wert sei. Die Leihe eines Sportinvaliden Lasogga wurde belächelt usw. usw.
Vor diesem Hintergrund macht mich die aktuelle Euphorie der Hamburger Pulitzer-Preisträger mehr als misstrauisch. Ich habe das Gefühl, dass hier gezielt eine übertrieben positive Stimmung erzeugt werden soll, um die Mitglieder in Sicherheit zu wiegen und eine Reformbewegung zu schwächen.
Aber wahrscheinlich leide ich nur an Verfolgungswahn und es ist wie immer:
“Wir berichten doch nur über das, was wir sehen”.
🙂
ein sehr guter Blogbeitrag, Gravesen
Ich sehe es ähnlich, der Fußball, den wir jetzt spielen, ist zwar viel ansehnlicher geworden, aber gerade das Ergebnis 3:3 lässt micht die Erinnerung an Schalke wach werden, wo Jojo auch in Jubelarien verfallen ist. Aber damals hat er ja schon in dem HA-Artikel (http://www.mobil.abendblatt.de/sport/fussball/hsv/article119111462/Alles-wie-immer-nur-schlimmer.html) Folgendes geschrieben:
“Wie schnell die Meinungen doch schwingen und wie sehr wir uns von 90 Minuten Fußball beeindrucken lassen! Verlieren wir, dann muss alles auf den Kopf gestellt werden, nichts und niemand im Verein macht gute Arbeit, und am besten schmeißen wir alle raus. Gewinnen wir, werden wir mindestens deutscher Meister.”
Er scheint sich dran zu halten, kaum gewinnen wir gegen !Braunschweig!, werden wir wieder “mindestens Deutscher Meister”
Du sprichst mir aus der Seele.
Ganz starker Blog, Gravesen!
(Y)
Mir liegen deine Blogs immer weniger. Es ist ein einziges Gezeter mit immer neuen Wiederholungen. Du bist doch auch Journalist, oder? Komme doch mal wieder mit echten Informationen, Fakten und Hintergründen, die du ja durchaus kritisch, marktschreierisch aufbereiten kannst.
Und dieses ewige – nicht nur bei dir – Rufen nach richtig guten Leuten, aus der freien Wirtschaft usw. usf. Echte Macher eben, die unabhängig sind, die Erfahrung haben usw. Oder alte Profis, die Ahnung von Fußball haben. Hieronymus? Von Heesen? Hrubesch? Alles alte Idole, aber wie die jetzt den Verein – in leitender Funktion – nach vorne bringen sollen?
Es kann – für dich – mittelfristig kein Erfolgsrezept sein, auf alles und jeden einzudreschen. Ich wünsche wieder gute Blogbeiträge von dir. Mach es doch einfach besser als die von dir dauernd an den Pranger gestellten Leute.
Beste Grüße, DP
Zum Thema HSV-Realo-Veranstaltung mit Ernst-Otto Rieckhoff und Thomas von Heesen zitiere ich Daniel Jovanov:
“Riekchoff präsentierte den aktualisierten Entwurf seines Konzeptes mit den Änderungen bzgl. des Beirates, während Thomas von Heesen ein emotionales Plädoyer hielt. Die Anwesenden waren begeistert, mich hat es nicht unbedingt vom Hocker gehauen. Dennoch kommt TvH authentisch rüber, zumal er den “Pott”, nach dem sich der eine oder andere sehnt, schon in Händen hielt.
Schade fand ich, dass es immer wieder Sticheleien gegen die “Konkurrenz” gab, aber das gehört offenbar zum Wahlkampf hinzu.
Wer sich seines Sieges allerdings so sicher ist, braucht Hunke und Liebnau eigentlich nicht zu fürchten.
Insgesamt wirkt HSV PLUS sehr ausgereift, EOR spricht sogar von einer Marke.
Die wirklich interessanten Fragen fehlten mir allerdings.
Zum Beispiel: Wer finanziert den Aufwand eigentlich ?
Zitat Ende
Hast Du eine Quelle/Link? Bei goal.com werde ich mit der Suche HSV irgendwie nicht fündig.
Abgesehen davon, @ David, sehe ich hier sehr große Unterschiede zu den Blog- und Zeitungsbeiträgen anderswo.
Ich könnte dir eine sms weiterleiten, wenn du drauf bestehst 😉
😉
Ist die Frage nach der Finanzierung des Aufwands wirklich eine oder gar die entscheidende? Da der HSV ein Verein der Pfeffersäcke ist, gehe ich naiv wie ich bin einfach mal davon aus, dass sich ein solcher zur Unterstützung von Plus gefunden hat.
Entgegen deiner Auffassung halte ich die Aussage, man berichte doch nur über das, was man sehe, für im Wesentlichen korrekt. Dazu allerdings zwei Anmerkungen:
1. Allerdings gibt es Ausnahmen von der Regel. Wiederholt wurde nachweisbar schlampig oder gar nicht recherchiert. Dazu nur zwei Beispiele: Herrn Sammer, der damals bekanntlich in Hamburg gewesen sein soll, den hat dort keiner gesehen, denn er war, wie wir längst wissen, zu dem Zeitpunkt nicht in der Stadt. Fakt.
Nachweisbar erschienen des Öfteren Berichte über das Training der Mannschaft, die beim Leser den Eindruck erwecken sollten und mussten, dass der Verfasser des jeweiligen Berichts das Training selbst vor Ort verfolgt hatte. Tatsache ist, dass man, ohne dies kenntlich zu machen, über etwas geschrieben hat, was man tatsächlich gar nicht gesehen hatte. (Man hatte sich stattdessen von „kompetenten“ Kiebitzen telefonisch informieren lassen).
2. Das Problem mit dem Gesehenen, über das die üblichen Verdächtigen angeblich berichten, liegt m.E. tiefer. Wahrnehmung ist stets subjektiv und von verschiedenen Dingen, z.B. Konzentration (Aufmerksamkeit), Motivation und der Bedeutung, die etwas für das Individuum hat, abhängig. Wenn jemand etwas nicht wirklich interessiert, oder er etwas anderes gerade interessanter findet, dann steht z.B. der Berichterstatter beim Training mit dem Rücken zum Geschehen und unterhält sich lieber mit Kiebitzen oder Kollegen… aus den Bruchstücken seiner Wahrnehmung lässt sich schließlich auch ein Artikel schreiben, ohne dass die obige Aussage grundsätzlich falsch oder gelogen wäre.
3. Neulich fragte Klopp rhetorisch die anwesenden Journalisten, ob jemand von ihnen wüsste, warum er so viel Geld für seinen Job bekäme. Er lieferte dann sogleich grinsend sinngemäß die Begründung: Dies läge daran, dass er, im Gegensatz zum Großteil der anwesenden Berichterstatter, wirklich Ahnung vom Fußball hätte. Diesem Gedanken folgend: jede Äußerung (ergo auch Artikel und Reportagen) ist auch eine Selbstauskunft. Wer fachlich kaum einen blassen Schimmer hat, der neigt dazu, Niederlagen der Mannschaft regelmäßig mit angeblicher mangelhafter Einstellung der Spieler oder defizitärem Teamgeist „zu erklären“. Man sieht eben,was man zu sehen glaubt, oder was in die eigene beschränkte Gedankenwelt hineinpasst.
Kleiner Tipp: Man achte mal auf die Anzahl fundierter fachlicher Fragen der Journalisten in den Pks an Spieler oder Trainer. Man wird feststellen, dass es zwar regelmäßig „menschelt“ („wie fühlst Du dich?“, „was erwartest Du?“, „wie geht die Mannschaft/der Spieler X damit um – hebt der evtl. ab?“, „Wie siehst Du die Entwicklung?“), allein wirklich fachliche Fragen kann man getrost mit der Lupe suchen! Dieser Tage durfte der staunende Leser daher erfahren, dass BvM nicht gerne verliert. Konsequenterweise war diese sensationelle Neuigkeit der Mopo tatsächlich einen Artikel wert. Ich persönlich hatte bisher doch in meiner Unwissenheit und Naivität erwartet, dass jeden Trainer Niederlagen völlig gleichgültig lassen.
Was deine Annahme angeht, die Hamburger Journaille hätte ein explizites Interesse daran, eine Strukturreform zu verhindern, da letztlich dadurch dann Stoff für unzählige negative Berichte frei Haus geliefert würde, so glaube ich nicht, dass dies zutrifft.
1. Sollte man nicht alle Journalisten in einen Topf werfen. Jeder von denen wird seine persönliche Meinung pro oder contra Strukturreform/Ausgliederung haben. Dass die sich alle(!) quasi verabredet haben, damit die Reform scheitert, halte ich für abwegig.
2. Es ist keineswegs nur die Hamburger Journaille, die tendenziös, mit falschen Tatsachenbehauptungen und/oder allgemein negativ über den Verein berichtet. So etwas liest/hört man leider auch regelmäßig in überregionalen Medien. Die stecken doch nicht alle unter einer Decke! Diese Art der Berichterstattung liegt am Kosten- und Zeitdruck, an mangelhafter eigener Recherche, an schon fehlerhaften Agenturmeldungen, die sie dann alle abschreiben und an der schon erwähnten fachlichen Inkompetenz.
Und man muss auch sehen, dass der Verein selbst (oder seine Repräsentanten) mit beängstigender Regelmäßigkeit entsprechenden Stoff zuhauf liefert. Man sollte hier nicht stellvertretend den Überbringer schlechter Nachrichten ans Kreuz schlagen.
3. Einzelne, spezielle Protagonisten von Springer/Funke fahren ganz sicher keine Kampagne. Die wären damit, das weißt Du doch, intellektuell heillos überfordert.
4. Der Boulevard nimmt im Wesentlichen Stimmungen seiner Leserschaft auf. Springer/Funke mag das gegenwärtige Chaos in die Karten spielen, aber sie würden eben auch ganz schnell in euphorische Jubelarien umschwenken (man denke nur an das EL-Gefasel nach jedem Sieg). Ob good or bad news – wichtig ist vor allem, dass es sich verkauft!
Dass man jemanden wie Jojo eine Plattform zur Verfügung stellt, ist kein Beweis des Gegenteils. Es mag uns nicht schmecken, aber getreu den Vorgaben dieses Capos blökt bei jedem Heimspiel eine beträchtliche Herde. Und auch das, bzw. gerade die!, sind potenzielle Käufer.
5. Die Samthandschuhe, mit denen man derzeit noch Jarchow, Ertel, Scheel, Hunke und den jeweils aktuellen Trainer anfasst, die wird man dann ausziehen, auch das wissen wir doch aus langjähriger Erfahrung, wenn die jeweilige Person beim HSV kein Amt mehr bekleidet und daher auch nicht mehr gebraucht wird, bzw. die Leser schlicht nicht mehr interessiert. Ich persönlich freue mich jetzt schon z.B. auf „die ganze schockierende Wahrheit über Jarchows Amtszeit“ oder „die Fehler des BvM“. Auch diese Berichte, da leg ich mich mal fest,werden kommen. Sicher, ganz sicher!
Um auf die Frage in der Überschrift des Blogs zu antworten:
Dem HSV, bzw. dessen derzeit Verantwortlichen, gelingt es seit Jahr und Tag nicht, im Zweifelsfall die Deutungshoheit zu erlangen. Es darf bezweifelt werden, ob dies heutzutage überhaupt noch möglich ist. Mit SKYNewsHD ist inzwischen sogar ein eigener Fernsehkanal am Start, dessen Konzept darin besteht, rund um die Uhr tatsächliche und vermeintliche „News“ unters Volk zu bringen. Das bedeutet: Die müssen liefern und zwar permanent. Leider habe ich den Eindruck, dass der Mediendirektor des HSV zwar ein begnadeter Twitterer ist (und damit eine ähnliche Schiene wie der erwähnte Sender bedient), jedoch Kernaufgaben seines Jobs vernachlässigt. Wolf tritt für den neutralen Beobachter ansonsten, das scheint auch schon BvM negativ aufgefallen zu sein, nur durch die immer gleichen Eingangsfragen bei den Pks in Erscheinung. Ein klares Statement in Krisenzeiten im Interesse des Vereins habe ich aus dessen Munde bisher noch nie gehört. Ob dies am Narzissmus von Jarchow, Ertel und Co liegt, der sie dann vor die Presse treibt, oder an der beruflichen Überlebenstrategie Wolfs (könnte lauten: sollen die sich mal schön selbst um Kopf und Kragen reden), vermag ich nicht zu beurteilen. Aber auch hier gilt: Es ist nicht die dem HSV bösewollende Hamburger Journaille – die Probleme des Vereins in der öffentlichen Darstellung sind im Wesentlichen hausgemacht.
Bevor jemand nachfragt: Doch ich kann zählen! Zwei Anmerkungen sollten es ursprünglich mal werden. Wurde mal wieder etwas länger. Sorry.
Lieber Trapper,
ich sehe manche Dinge dann doch ein wenig anders 😉
Wenn Journalisten so etwas behaupten, ist das einfach falsch. Man berichtet eben nicht nur über das, was man sieht, sondern eben auch darüber, was man (etwa von Spielern, Trainern, anderen Involvierten) in Gesprächen zu hören bekommt, was man anderswo liest usw. Und wie Du ja später weiter ausführst: Viele Beobachtungen sind durchaus von dem geprägt, was man sehen will, was man mit seinen Erfahrungen usw in Einklang bringen kann. Und, das kommt noch hinzu: Du “verfälschst” eine Beobachtung auch durch Weglassen bestimmter Dinge, etwa, weil sie Dir nicht wesentlich erscheinen. Dieses Gewichten von Informationen, Beobachtungen, Wahrnehmungen ist grundlegend für die Aufgabe eines Journalisten, der ja eben nicht nur aufschreiben soll, was er sieht/hört, sondern er soll das Geschehen einordnen (oder zumindest dem Leser dabei helfen, dies zu tun). Insofern ist der Vorwurf korrekt: Sie schreiben entgegen ihrer eigenen Behauptung nicht nur darüber, was sie sehen.
Dass sich die Kollegen der Hamburger Medien absprechen, wenn auch vielleicht nicht konkret, HSVplus kaputt zu schreiben, so doch zumindest wie man mit dem HSV verfährt, ist doch inzwischen gesicherte Erkenntnis, das wurde schon vor Jahren anderswo thematisiert. Und schau Dir an, wie man fragt: Das Interview mit H. war ganz sicher nicht so angelegt, wirklich Substanz rauszuholen – das Ergebnis ist enttäuschend, für die Initiative und für den Leser.
Themen, die sich verkaufen lassen, sind ein Grundpfeiler der Berichterstattung. Ein anderer sind die Kontakte, die man dafür braucht: Wenn Du etwas schreiben willst, was sich verkaufen lässt, brauchst Du entsprechende Informationen/Informanten. Was ist, wenn es die nicht mehr gibt? Ich rede hier vorwiegend von Vorstand und AR. Was ist, wenn man sich beim HSV überlegt, es so zu halten, wie etwa in England: Da spricht eben nur der Trainer mit der Presse, sonst niemand. Dass Du 11 Aufsichtsräte anrufst und es vielleicht 4 oder sogar 6 gibt, die Dir Rede und Antwort stehen, könnte doch evtl. der Vergangenheit angehören – was dann?!
Ich will Dir nicht widersprechen, wenn Du sagst, dass viele Kommunikationsprobleme des HSV hausgemacht sind. Wer daran welchen Anteil hat, kann ich so wenig wie Du von außen beurteilen. Aber: Wenn dieser HSV an den entscheidenden Stellen nicht mit so macht- und eitelkeitsgetriebenen Leuten besetzt wäre, gäbe es viele dieser medialen Katastrophen nicht. Da es aber so ist, haben die Leute von den einschlägigen Medien leichtes Spiel. Und hier schließt sich der Kreis: An dieser Mediengeilheit der Leute verdient die Presse. Ich beiße als Reporter doch nicht in die Hand, die mich füttert. Das mache ich nur dann, wenn ich merke, dass diese Hand mich sehr bald nicht mehr füttern kann (Stichwort Nachtreten).
Ein unbedachter Klick und schon ist die fast fertige Replik über den Jordan…
Zunächst hast Du natürlich mit deinen Ausführungen im ersten Absatz Recht. Wer wollte das auch bestreiten?! Ich meinen jedoch, dass dieses „wir schreiben doch nur das, was wir sehen“ in einem umfassenderen Sinne gemeint war. Es läuft auf die Behauptung hinaus, dass man angeblich eben lediglich berichtet und letzlich die schlechten Nachrichten nicht selbst produziert. Und das ist wenigstens z.T. unbestreitbar richtig.
Absprachen gab/gibt es wohl. Allerdings halte ich mal fest, dass das mindestens in dem einen Fall nicht wirklich funktioniert hat, da einer der üblichen Verdächtigen damals aus der Reihe tanzte. Das schließt allerdings weitere Versuche dieser Art nicht aus, ich weiß. Mir ging es um den gern geäußerten Generalverdacht, dass Springer/Funke (und MoPo) Kampagnen fahren. Natürlich ist mir bewusst, dass dies in der Vergangenheit mindestens bei der BLÖD sehr wohl gemacht wurde. Die Regel scheint mir dies aber nicht zu sein. Warum auch? Warum sollten die Hamburger Medien dem HSV schaden wollen? Das ist für mich nicht wirklich schlüssig belegt. Betrachten wir es doch einmal von der anderen Seite: Ginge es dem HSV glänzend, dann würde das die Arbeit der Journaille keineswegs erschweren. HSV als Serienmeister mit CL-Teilnahmegarantie und Geld wie Heu. Das hieße dann mindestens Stars im europäischen Maßstab in der Mannschaft. Da könnten sie dann ebenfalls „wunderbare“ Berichte erfassen. DER kommt zum HSV – who is next?! Dann die anschließenden Homestories, Artikel über den neiderfüllten Rest der Liga, Ausblicke auf Mega-Knaller gegen Real, Barca, Juve, ManU etc. Du siehst sicher, worauf ich hinaus will.
Mein Punkt ist: Denen ist das aus professioneller Sicht m.E. herzlich egal. Mega-schlecht oder giga-gut ist Wurst. Beides emotionalisiert, beides weckt Interesse und verkauft. Nur graue