HSV – Spielball der Medien oder selbstständiger Verein ?

Exakt so lautete das Thema einer Diskussionsrunde, die im Rahmen einer öffentlichen Sitzung der SC-Abteilungsleitung  letzte Woche in der Raute stattfand. Anwesend waren neben zwei Springer-Journalisten (warum nur Schreiber dieses Verlages geladen waren, erschließt sich mir zwar nicht, aber…) auch 5!!! Aufsichtsräte.

Ich möchte heute auf den Verlauf dieser Versammlung gar nicht weiter eingehen, u.a. deshalb, weil er erneut ein erschütterndes Bild auf die Verhältnisse innerhalb des Vereins im Allgemeinen und im Aufsichtsrat im Speziellen wirft.

Vielmehr möchte ich mich heute dieses Themas annehmen, welches in der SC-Runde zwar großartig angekündigt wurde, dann jedoch in einer Art Werbeveranstaltung für die sogenannten Hamburger „Sportjournalisten“ endete.

Bei aller Liebe, aber wer als Mitglied und Fan über Sprüche wie „Wir berichten ja nur über das, was wir sehen“ oder „Es ist unsere journalistische Pflicht, unsere Leser zu informieren“ noch lachen kann,  dem sei mein uneingeschränkter Neid gewiss.

Diese Sitzung wäre eine gute Gelegenheit gewesen, den anwesenden, selbstgerechten Schreibern einmal zu erklären, was die Mitglieder von der dauerhaften Einflussnahme seitens des Springer-Verlages halten, diese Chance wurde erneut verpaßt. Stattdessen ließ man sich einlullen und auf Nebenkriegsschauplätze führen.

Was aber passiert zur Zeit medial um den Verein. Aktuell finde ich, dass man – wenn man nicht allzu blöd ist – eine Strategie erkennen kann, die noch nicht einmal sonderlich subtil publiziert wird.

Welches ist das bestimmende Thema in und um den Verein und wird es mit Sicherheit noch bis zum 19.01.2014 sein ?

 

Richtig geratem, die Strukturreform. Rieckhoff-Reform, HSV PLUS, Hunke-Konter, HSV mit Tradition, Seele des HSV, HSV – not for sale usw. usw.

Diese Dinge beschäftigen die Mitgliedschaft in diesen Tagen und die augenblickliche Tendenz (u.a. hier einzusehen: www.umfragehsv.trokanda.de) zeigt, dass sich offenbar eine Mehrheit dafür finden läßt,  die Profi-Abteilung auzugliedern und die Macht der Mitglieder zu beschneiden.

Was hätte dies zur Folge ? Kleinere Gremien, Profis an den Schaltstellen, weniger Skandale, weniger Informationen, die nach außen dringen.

Für die schreibende Zunft eine mittlere Katastrophe. Was soll man dann über den HSV schreiben ? Selbst Sabia interessiert irgendwann keinen mehr. Muss man sich dann etwa tatsächlich mit Fußball beschäftigen ? Das wäre ja schrecklich.

Was also tut man, um dieses Horror-Szenario zu verhindern ? Nun, man verbreitet, dass beim HSV alles schön ist. Der Club steht blendend da, der Verein ist auf dem richtigen Weg.

Idee dahinter: Wenn ein Teil der Mitgliedschaft den Eindruck gewinnt, der HSV ist auf dem direkten Weg in Richtung europäische Spitze, besteht für eine drastische Veränderung a la Strukturreform kein Grund. Wozu auch ? Ist doch alles in Butter.

Am 6. Oktober 2013 twitterte Zaunkönig „Jojo“ Liebnau folgende Sätze:

Drittliga-Manager? Chaos-Klub? Gurkentruppe? Fehleinkauf? Maul halten!Danke für diese geile Antwort! Immer dran glauben!

 

Kurz zuvor hatte der HSV die Weltklasse-Mannschaft aus Braunschweig mit 4:0 geschlagen und war überragender Tabellen-12. mit 4 Punkten aus 4 Spielen und 9 Gegentoren. Wahrlich ein Grund, sich auf glorreiche Zeiten zu freuen.

Nun ist „Jojo“ kein Journalist, aber „Jojo“ macht Politik, gewaltig sogar.

Lasst mich ein paar wenige Headlines aus Springer-Artikeln und Blogs der letzten Tage zitieren, dann wird das Bild hoffentlich klarer.

„Der HSV gewinnt beim 3:3 viele Sympathien zurück“

 

Zugegeben, das Spiel gegen Stuttgart war spektakulär und lustig anzugucken. Die Mannschaft zeigte Charakter und kam dreimal zurück. Trotzdem ist der HSV auch nach dem Heimspiel gegen den VFB nach wie vor 15. und kann sich aktuell über 22 Gegentore nach 9 Spielen freuen.

 

„Diese Mannschaft funktioniert – immer besser…“

 

Wurde in der Vergangenheit von genau den Schreibern, die jetzt um die Wette jubeln, ein Tabellenplatz 15 nach dem 9. Spieltag als Apokalypse beschrieben und Herr Seeler kam vor Sorge kaum noch zum schlafen, so hat man jetzt den Eindruck, als berichten die Herren über einen Champions League-Teilnehmer…

 

„Der Umbruch ist in vollem Gange – und er funktioniert“

 

Zur Hölle, welcher Umbruch denn ? Und wenn, der wievielte Umbruch ? Ist die Aufstellung von Jonathan Tah und Hakan Calhanoglu jetzt schon wieder ein erneuter Umbruch ? Weil – Arslan und Beister haben bereits letzte Saison gespielt und Lasogga ist bekanntlich nur ausgeliehen. Warum wird an dieser Stelle ein gelungener „Umbruch“ bejubelt, das ist doch Bullshit.

 

„HSV und van Marwijk – Glückwunsch nach einem Monat“

 

Bert van MarwijK ist seid dem 24. September Trainer des HSV. am 28. September gab es ein glückliches 2:2 in Frankfurt (Jansen schoss den Ausgleich in der 86. min), am 05. Oktober gab es ein 5:0 bei völlig indisponierten Nürnbergern, am 20. Okt. spielte der HSV zuhause 3:3 gegen Stuttgart.

Dazwischen erreichte der HSV am 24. Sept. durch ein mühsames 1:0 gegen Zweitligist Greuther Fürth das Achtelfinale im DFB-Pokal, allerdings war an diesem Tag noch Cardoso der verantwortliche Trainer.

Ich frage mich ernsthaft, wo an dieser Stelle ein Anlass für einen Glückwunsch bestehen soll ?

 

„Taktik-Fuchs van Marwijk hat Freiburg genau studiert“

 

Um Gottes Willen, jetzt ist der Mann schon ein Taktik-Fuchs. Unabhängig davon, dass ca. 90% der Schreiber eine Taktik nicht mal verstehen würden, wenn sie ihnen von Guardiola erklärt werden würde, aber was soll dieses Gejubel ?

Damit man mich nicht falsch verstehen mag – ich möchte nicht für schlechte Stimmung sorgen. Ich sehe durchaus eine positive Entwicklung und eine Verbesserung der Aufteilung und Vorwärtsbewegung. Jedoch sehe ich auch, dass der HSV immer noch 15. in der Tabelle ist und das Team vor einer harten Saison steht. Hier und heute in Jubel-Arien zu verfallen und Herrn van Marwijk als neuen Trainergott auszuloben, halte ich nicht nur für übertrieben, sondern auch für gesteuert und gefährlich.

Im Gegensatz zu vielen Fans bin ich nicht vergesslich und ich erinnere mich, dass es noch gar nicht so lange her ist, als noch ein Rudnevs als Fußkranker geoutet wurde, der nicht mal 3,5 Millionen Zloty wert sei. Die Leihe eines Sportinvaliden Lasogga wurde belächelt usw. usw.

Vor diesem Hintergrund macht mich die aktuelle Euphorie der Hamburger Pulitzer-Preisträger mehr als misstrauisch. Ich habe das Gefühl, dass hier gezielt eine übertrieben positive Stimmung erzeugt werden soll, um die Mitglieder in Sicherheit zu wiegen und eine Reformbewegung zu schwächen.

Aber wahrscheinlich leide ich nur an Verfolgungswahn und es ist wie immer:

„Wir berichten doch nur über das, was wir sehen“.

🙂