Liebe Leser,

gestern Abend machte Manfred Ertel nun also erneut Werbung für das Konzept „HSV-Reform“. Drapiert vor einem Rudel trikottragender Jubelperser, die jede noch so haarsträubende Äußerung des Spiegel-Manns mit Beifall honorierten, erzählte der in doppelter Eigenschaft erschienende Ertel, wie der HSV seiner Meinung nach in Zukunft funktionieren soll.

Selbstverständlich war Ertel dort in der Sendung als Aufsichtsratsvorsitzender aufgetaucht (meiner unmaßgeblichen Meinung nach verbietet sich ein solcher Auftritt als AR-Vorsitzender), aber Cleverle Ertel hatte ja noch eine andere Identität im Gepäck. So ganz nebenbei ist er ja auch noch einfaches HSV-Mitglied und als solches wäre es seine Pflicht, sich für seine Überzeugung stark zu machen.

Okay, ich bin ebenfalls einfaches HSV-Mitglied und ich empfinde es als meine Pflicht, einen solchen Auftritt als unterirrdisch zu bezeichnen.

Was bitte ist das für eine Moral, wenn der Aufsichtsrat als Kontrollgremium dem Vorstand (und seinen Mitgliedern) untersagt, sich öffentlich zu den Reformbewegungen zu äußern, der Vorsitzende dieses Verbotsgremiums jedoch mehr Wahlkampf betreibt als Per Steinbrück im September ?

Scheinbar gilt auch hier (ebenso, wie in den Ansichten hinsichtlich der Zukunft des Vereins):

Ich mache mir meine eigenen Regeln und der Verein ist der HSV, wie ICH ihn will.

 

Während als Stichwortgeber ein sichtlich überforderter Amateur-Journalist Uli Pingel Herrn Ertel eine Steilvorlage nach der Nächsten gab, nutze dieser die seltene Gelegenheit, ohne Widerstand seine zum größten Teil sinnentleerten Thesen an den simplen Fan zu bringen.

Nein, nein, der HSV hat kein Schuldenproblem.

 

Ich schätze, dass ist dann wohl Definitionssache, oder ? Wahrscheinlich sagt Herr Toennies in Gelsenkirchen auch, dass Schalke 04 kein Schuldenproblem hat.

 

Coole Show. Herr Ertel glaubt. Herr Ertel glaubt dies und Herr Ertel glaubt das. Nur wissen tut er scheinbar nichts.

„Wir haben kreative Köpfe im Vorstand, die in der Lage sind, reichlich Gelder zu generieren“

 

Boah, Wahnsinn. Glaubt Manni das also ? Wo waren denn die kreativen Vorstandsköpfe die letzten 3 Jahre, als lediglich bestehende Hoffmann-Verträge verlängert wurden ? Ach so, die haben ihre kreative Auszeit genommen. Verstehe.

 

„Wir brauchen den Verkauf von Anteilen nicht, wir wollen nicht unser Tafelsilber veräußern“

 

Entschuldigung, aber von welchem Tafelsilber spricht der Mann ? Ist dieses geheimnisvolle Edelmetall ungefähr das Gleiche wie die ominöse „Seele des HSV“, die auch noch niemand gesehen hat ? Spannend.

 

„Wir brauchen nur ein bißchen Glück bei den Transfers“

 

Hurra !!! Es ist soweit. Wir bauen die Geschicke eines € 130 Mio-Unternehmens auf der Hoffnung auf Glück auf.

..und wenn wir ein wenig Glück haben, dann regnet es Smarties zu Weihnachten – glaube ich.

„Warum sollte es uns nicht gelingen, einen Sponsor zu finden, der uns die Namensrechte an der Arena abkauft?“

 

Ja verdammt nochmal, weil es mit der identischen Besetzung und der identischen Struktur bisher auch nicht geklappt hat. Woher nimmt der Mann bloß den GLAUBEN, dass sich dies ändern könnte ? Weil die Mannschaft so hochklassig spielt ? Weil der HSV mit seinen schwatzhaften Gremiumsmitgliedern ein so verlässlicher Partner ist ?

Am Ende dieses Interviews muss man konstatieren: Wer Liebnau’s Geschafel gesehen hat und sich den Abend nicht verderben wollte, konnte sich den Spaß sparen. Es wird von Seiten der „HSV-Reform“ nur und ausschließlich mit haltlosen Behauptungen und Vermutungen gearbeitet. Man „glaubt“ bei jeder sich bietenden Gelegenheit, man „weiß“ aber wenig. Für meine Begriffe zu wenig, um diesen Verein reformieren und in Zukunft führen zu können. Ferner wird auf die Ängste derer gebaut, die sich inhaltlich mit den Realtitäten nicht beschäftigen wollen oder können.

Ihr müsst dagegenstimmen, sonst wird alles ganz ganz schlimm. Sonst zerstören sie „unseren“ HSV und essen die Raute

 

Schlimm, liebe Leser, wird es, wenn man wie bisher weiterwurschtelt. Wenn man den Verein Amateuren überläßt, die sich zwar eine Raute irgendwo einbilden, denen aber schlicht und ergreifend die Fähigkeiten fehlen, ein solches Unternehmen erfolgreich zu führen.

Immer wieder schön finde ich nebenbei auch, wie Aufsichtsratsvorsitzender Ertel auf die Pflichten des Vorstandes hinweist, sich selbst und sein Gremium aber aus allem ausklammert. Sollte es also mal wieder nicht klappen, sind Ertel und Konsorten fein raus. Sie haben ja nichts verbockt, das war ja der unfähige Vorstand.

Und wenn’s der nicht war, war’s halt Bernd Hoffmann. Ist am Ende auch egal.