Liebe Leser,

um gleich zu Anfang etwas klarzustellen: Nein, ich habe mich gestern nicht über die Niederlage gegen Mainz gefreut, ich freue mich nie über eine Niederlage meines Vereins. Selbstverständlich könnte man argumentieren, dass das Ergebnis des letzten Liga-Spiels vor der richtigsweisenden Mitgliederversammlung am 19.01.2014 der Initiative HSVPLus in die Karten gespielt hat und eventuell doch noch einige wankelmütige Mitglieder animiert hätte, für eine drastische Veränderung innerhalb des Vereins zu stimmen, aber ich denke, wer es bis gestern nicht begriffen hat, der hat es heute auch nicht begriffen.

Insofern bedurfte es dieser fatalen Niederlage im Grunde nicht.

Das „Problem HSV“ hat meiner Auffassung nach nicht einen Grund (Mannschaft) oder nicht zwei Gründe (Mannschaft und Trainer), es hat zahlreiche Gründe, die sich gegenseitig ergänzen und befruchten und den fehlenden Schlüssel für die Lösung dieser Probleme zu finden, übersteigt die Fähigkeiten eines einzelnen Mannes (van Marwijk).

Meiner Auffassung nach stinkt es nicht nur im gesamten Verein, nein, es stinkt im gesamten Umfeld des Vereins und damit meine ich die Medien, die sogenannten „externen vereinsinteressierten Kreise“, die Ehemaligen. Alle.

Der Verein hat selbstverständlich Probleme innerhalb der Mannschaft, aber eben nicht nur dort. Wer denkt, dass die fürchterliche Gesamtkonstellation in und um den Verein das Leistungsvermögen der Spieler nicht beeinflußt, sollte zum Nonnenhockey gehen.

Wie bereits erwähnt, es hakt überall.

Der Aufsichtsrat

Eine Ansammlung von mittlerweile 11 „Räten“, die untereinander derart zerstritten sind, dass sie sich im Monats-Rhythmus mit Klagen drohen. Hier gönnt der Eine dem Anderen das schwarze unter’m Fußnagel nicht, hier wird um mediale Aufmerksamkeit gekämpft. Es gibt diverse Lager, es werden temporäre Allianzen gebildet, die dann auch gern wieder aufgekündigt werden. Es gibt nicht einen Maulwurf, es gibt Diverse.

Das Schlimme ist: Dieser Aufsichtsrat kontrolliert nicht, dieser Aufsichtsrat regiert. Der tatsächlich starke Mann beim HSV ist nicht Carl-Edgar Jarchow, der starke Mann ist Manfred Ertel. Er hat es geschafft, nach Jahren der Anstrengungen, der aktiven Politik (wenn ich das schreiben würde, was ich wirklich meine, bekomme ich mal wieder einen Anruf) sich selbst an die Spitze eines Gremiums zu „befördern“, welches die Geschicke des Vereins in der Hand hält.

Der Aufsichtsrat sucht, findet und ernennt den Vorstand. Wenn man die Besetzung des Rates betrachtet, stellt man sich die Frage, wer zur Hölle hier qualifiziert ist, einen geeigneten Sportchef zu finden ? Herr Klüver ? Herr Eghbal ? (Namen sind willkürlich ausgewählt). Diese Herren plus Dame sind auf ihren Fachgebieten teilweise bestimmt qualifiziert, aber was sportliche Kompetenz betrifft, befinden sie sich in der Kreidezeit.

Und damit beginnt nicht etwa das Dilemma, nein, wir sind mittendrin.

Wer wählt denn diesen „Experten“ ?

Der Supportes Club

Ich bin weit davon entfernt, jeden „Supporter“ über einen Kamm zu scheren, aber die Führung der Fan-Abteilung ist meiner Meinung nach eines der Grundübel dieses Vereins. Hier werden AR-Kandidaten ausgewählt, hier wird entschieden, welche Kandidaten unterstützt und welche sabotiert werden. Am Ende des Tages kann man sagen, dass hier über die Zusammenstellung des Rates entschieden wird/wurde, der den Verein führt. Wer also „führt“ tatsächlich ?

Aber innerhalb dieser recht kleinen Gruppe werden auch andere Fäden gezogen. Hier werden Dinge wie die Fernwahl verhindert, hier wird Politik im tiefsten Sinne betrieben. Nicht selten werden abtrünninge Mitglieder, die die Meinung der SC-Führung nicht teilen und sich eine eigene Meinung bilden, mit gewissen Mitteln versucht, wieder „auf Linie“ zu bringen.

Es wird jetzt Leute geben, die sagen:

„Naja, es sind ja nur Ertel, Klüver, Floberg und Hunke, die direkt dem SC zugeordnet werden können…“

Weit gefehlt, Freunde. Hier sind noch ganz andere Mitglieder aktiv, die „die Sache“ des SC maßgeblich unterstützen.

Wenn man es nicht schafft, diese unsäglichen Strukturen zu durchbrechen, wird

jeder Trainer, jeder Sportchef und jede Mannschaft scheitern !

 

Hinzu kommt, dass der SC ein Mitglied direkt im Vorstand platzieren konnte. Einen „Vorstand für Mitgliederbelange“ gönnt sich wirklich nur der HSV. Wer ein wenig Phantasie mitbringt, kann erraten, wie auf dieser Ebene die Kommunikation verläuft.

Der Vorstand

Ein zum großen Teil von der SC-Führung oder den Hardcore-SC’lern gewählter Aufsichtsrat ernennt einen Vorstand. Was für ein Wunder, dass der Vorstandsvorsitzende selbst von 1998 bis 2001 stellvertretender Abteilungsleiter des SC war.

Jarchow selbst wurde auf den Posten des Vorstandsvorsitzenden gesetzt, um in der Nacht-Hoffmann-Ära für Ruhe im Verein zu sorgen. Der HSV galt als in sich zerrissen und Jarchow sollte die Gräben zuschütten.

Inwieweit ihm der gelungen ist, kann jeder für sich beantworten, aber wenn ich mir den aktuellen Wahlkampf anschaue, habe ich den Eindruck, dass der Verein noch nie dermaßen kurz vor der ultimativen Zerreißprobe stand.

Was erwarte ich von einer Geschäftsführung, von einem Vorstand, von der Leitung eines Unternehmens ?

Zuerst einmal erwarte ich Führung. Eine klare Linie. Die Formulierung von ambitionierten, aber erreichbaren Zielen. Motivation. Eine Idee. Eine Vision davon, wo das Unternehmen in 5 oder in 10 Jahren stehen soll. Die Schaffung einer Identität. Die Entwicklung bzw. die Schaffung einer Marke.

Dann erwarte ich eine gewissen Integrität, eine Verschwiegenheit.

Und ich erwarte, dass man, sollten die ausgegebenen Ziele verfehlt werden, nicht grundsätzlich den Vorgänger dafür verantwortlich macht.

„Wir wollen in den nächsten 3 Jahren unter die ersten 4 gelangen“

 

„Wir peilen die schwarze Null an“

 

„Ich korrigiere das Saisonziel nicht“

 

Keine weiteren Kommentare.

Der Sportchef

Wenn ich mir heute anschaue, dass der HSV für Herrn Kreuzer eine Ablösesumme an den KSC bezahlt hat, könnte ich schreien. Meiner Auffassung nach hat Kreuzer in seinen wenigen Monaten in Hamburg bisher alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte.

Ich möchte mir eigentlich ersparen, jeden einzelnen Punkt erneut aufzulisten, aber allein die täglichen 14 Interviews, mit denen man sich selbst Ruhe vor der Presse-Meute erkauft, machen mich krank. Kreuzer hat wirklich alles getan, um die Mannschaft mental zu destabilisieren. Er spricht den Spielern bei jeder Gelegenheit die Qualität ab, gibt sie teilweise der Lächerlichkeit preis („Bei den Bayern müssen wir mit 13 Spielern und zwei Torhütern antreten“). Nach meiner Auffassung agiert der Mann teilweise vereinsschädigend und ich habe wenig Verständnis dafür, dass über eine Abmahnung seitens des Aufsichtsrats nichts bekannt wurde.

Die Presse

„Ach, hör‘ doch auf. Was kann denn die Presse dafür, dass die Spieler nicht laufen ? Die schreiben doch nur das, was sie sehen….“

 

Nein, eben genau das tun sie nicht. Sie machen Politik. Sie schreiben Trainer von der Bank, sie entlassen Sportchefs, bevor der Aufsichtsrat es tut. Sie manipulieren Meinungen, weil sie sich für die wahre Macht im Lande halten. Und warum tun sie das ? Weil sie es können. Man hat Angst vor der BILD, man möchte es sich nicht mit Herrn Hesse oder Herrn Milani verscherzen. Wer weiß, was die erfinden, wenn man nicht so spurt, wie sie es möchten. Am Arsch geleckt !

Ein Freund (Australier) sagte mal zu mir:

„Der HSV braucht die Medien nicht, die Medien brauchen den HSV..“

 

Und er hat Recht. Ich war einmal dabei, als Ernst-Otto Rieckhoff sich bei den Herrn des Abendblatts mit den Worten bedankte:

„Vielen Dank, dass sie uns immer das Stadion vollschreiben“

 

Irrtum. Das Stadion macht die Mannschaft mit ihrer Leistung voll.

Sollte es der Führung des HSV auf Dauer nicht gelingen, sich von dieser fatalen Allianz mit dem Haus Springer zu lösen, sollte es nicht gelingen, sich dieser Epressungs-Spirale zu entziehen, kann man auf den Vorstandsposten setzen, wen man möchte.

Die „externen vereinsinteressierten Kreise“

Sie sind die Stippenzieher im Hintergrund und sie machen gewaltig Stimmung und Politik. Sie besetzen zwar keine offiziellen Posten, aber sie haben ihre Verbindungen in die Gremien. Sie tauchen öffentlich selten auf und wenn doch, geben sie sich nicht zu erkennen. Eingeweihte wissen, um wen es sich handelt. Sie waren es, die Sportchef Arnesen auf dem Gewissen haben und Gott weiß, welche Personalien sie sonst noch (mit)-entschieden haben.

Dabei sind die Motive für ihr Handeln vielschichtig. Einige agieren aus purer Eitelkeit, andere deshalb, weil ihrer Meinung nach ihre Stimme nicht erhört wird. Wieder andere haben einfach nur Lust an der Intrige.

Dabei vernachlässigen sie eine wichtige Sache bzw. sie ignorieren sie :

Mit ihrem Treiben schaden sie dem Verein weit mehr, als sie ihm nützen.

Nimmt man nur all diese verschiedenen Gruppen zusammen, betrachtet man das Gesamtbild, dann erkennt man, woran es beim HSV krankt. Es ist ein Zusammenspiel aus Eitelkeiten, Intrigen, Unvermögen, Seilschaften, Manipulationen, alten Rechnungen, Ängsten, nicht vorhandenen Fähigkeiten.

Dieser Verein muss komplett „auf links“ gedreht werden, mit dem einfachen Austausch von zwei oder drei Personalien ist es nicht getan. Ebenfalls ist es nicht damit getan, die Gremien ein wenig zu ändern bzw. zu verkleinern.

So lange die Zusammensetzung des Vereins so ist, wie sie ist, geht es weiter bergab.

So lange Mitglieder darüber bestimmen, wie gearbeitet wird, geht es weiter bergab.

So lange Amateure das machen, womit sich Profis schwertun, geht es weiter bergab.

 

Oder anders gesagt:

Bis auf Hermann Rieger, alle raus !