Der „Morgen danach“. Der Pöbel beginnt sich erneut warm zu kreischen.

„Trainer raus“, „Söldner quälen“.

„Jetzt hilft uns nur noch Magath“.
Im Ernst – wer jetzt nach Magath schreit, hat absolut nichts begriffen. Selbst Quälix Magath würde mit seinen trainingsspezifischen Steinzeit-Methoden nicht mehr rausholen können. Nicht aus der Mannschaft, aber eben auch nicht aus dem Verein !!!

Eventuell würde er es schaffen, Volkes Ruf nach „Rache an den Versagern“ für ein paar Tage zu lindern, in dem er die Spieler in Badenhosen durch den Volkspark rennen läßt, bis ihnen Blut aus den Ohren läuft. Punkte würde es nicht einbringen.

Wer jetzt den Trainer auf Anweisung der BILD und des Schund-Abendblatts in Frage stellt, macht reflexartig den von den Medien geschwünschten Fehler. Unabgängig davon, dass eine Entlassung van Marwijks erneut eine Abfindung im Millionenbereich kosten würde, muss doch endlich – nach mehr als 25 Jahren – endlich mal jemand begreifen, dass es eben nicht der Trainer ist. Es sind noch nicht mal die Spieler, verdammte Scheiße nochmal.

Warum performed ein Skjelbred in einem funktionierenden Umfeld in Berlin plötzlich so gut, dass in sich halb Hamburg „nach Hause“ wünscht ?

Warum knipst ein Artjoms Rudnevs, dem die hamburger Schmuddelpresse die technischen Fähigkeiten einer einbeinigen Schildkröte attestierte, in Hannover in zwei Spielen zweimal und spielt technisch-präzise Pässe auf engstem Raum bei höchstem Tempo ?

Warum trifft ein Marcus Berg in Griechenland in 18 Spielen neunmal ?

Warum ist ein Jeffrey Bruma in Eindhoven Stammspieler, in Hamburg war er dazu nicht in der Lage ?

Warum hat man den Eindruck, dass so gut wie jeder verpflichtete Spieler in Hamburg spätestens nach einem Vierteljahr eine Klasse schlechter spielt als vorher ?

Warum scheint es so, dass wirklich JEDER Trainer und nahezu jeder Sportchef nach kürzester Zeit an den äußeren und inneren Umständen zu verzweifeln scheint ?

„Nichts ist so, wie es scheint“. Das sagte ein völlig desillusionierter Armen Veh nach einem Jahr in Hamburg und er hat mehr als Recht.

Fragt man sich, wann der HSV die letzte einigermaßen erfolgreiche Phase hatte, kommt man ganz schnell auf die Zeit, als mit Bernd Hoffmann, Katja Kraus und Dietmar Beiersdorfer exakt drei Personen die Geschicke des Vereins bestimmten.

Der Aufsichtsrat war ruhig bzw. wurde ruhig gestellt, Informationsträger Scheel wurde aus den wichtigsten Gesprächen rausgehalten, die SC-Führung war eben nicht nach 4 min. bestens informiert.

Die Geschichte zeigt: In jedem erfolgreichen Verein entscheidet eine Spitze von 2 bis 4 Leuten. Beim HSV der letzten 3 Jahren entscheiden bis zu 15 Menschen. Über Verpflichtungen, Verkäufe, Vertragsverlängerungen, Entlassungen etc.

11 Aufsichtsräte

Ein vierköpfiger  Vorstand

Ein Trainer

Alle reden mit, alle bringen ihre persönliche Vorstellungen, ihre Eitelkeiten, ihre Abhängigkeiten aus Seilschaften mit ein. Und das Allerschlimmste: Die wenigsten von ihnen haben von der Materie überhaupt einen Plan !!!

Aber bitte – schmeißt van Marwijk raus, der Holländer wird’s überleben. Wahrscheinlich geht’s ihm sogar besser, wenn er diesen Chaos-Club hinter sich hat.

Aber – ich garantiere eins: Man könnte in diesem Verein, in dieser Konstellation, bei dieser medialen Abhängigkeit einen Klopp, einen Guardiola, sogar einen Mourinho verpflichten, sie würden nicht mehr aus der Mannschaft rausholen. Man könnte Christiano Ronaldo holen, Neymar, Ibrahimovic. Sie alle würden nach kürzester Zeit an diesem Verein verzweifeln.

Aber all das sind lustige Worte, passieren wird genau das Gegenteil. Man wird erneut eine Not-OP am offenen Herzen durchführen, die Krankeit selbst aber wird unbehandelt bleiben. Und so werden wir demnächst Trainer X bekommen, dann Ende 2014 Trainer Y und spätestens 2015 Trainer Z.

Diejenigen aber, die den Virus verbreiten, werden dann immer noch auf ihren Sesseln sitzen und sich keiner Schuld bewußt sein. Sei es in Aufsichtsratssitzungen, Vorstandsbüros oder Redaktionsräumen.