Liebe Leser,

irgendwann weiß ich nicht mehr mehr, was ich jämmerlicher, peinlicher und vereinsschädigender finde. Diese lächerliche Posse um den „Rat der Ratlosen“, das Verhalten der durchschnittlich informierten Medien oder das kindlich-naive Gebettel eines reichen alten Mannes, der in seinem Versuch, eine in seinem Sinne richtigen Lösung zu beschleunigen, leider (erneut) alles falsch macht und seinen Kritikern wieder einmal Munition liefert.

„Lieber Herr Magath, Geben Sie sich einen Ruck! Werden Sie Sportdirektor und Trainer beim HSV – dann wird alles gut!“

 

Dies ist ein Teil einer Mail, die Milliardär Klaus-Michael Kühne nicht nur an Wolfgang „Felix“ Magath schickte, sondern zeitgleich auch an das Hamburger Abendblatt. Was sich Kühne dabei gedacht hat wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben, es darf jedoch durchaus vermutet werden, dass Kühne den Druck auf scheinbar unentschlossene Räte dadurch erhöhen wollte, indem er seine Bitte öffentlich machte. Dass er mit diesem Verhalten seinen Kritikern, die ihm vorwerfen, sich aktiv ins Tagesgeschäft des Vereins einmischen zu wollen, neue Argumente lieferte, nahm der Wahl-Schweizer offenbar billigend in Kauf.

In diesem Fall jedoch scheint Kühne scheinbar die Rechung ohne den Wirt gemacht zu haben, denn es gibt Räte, die sich eben nicht von einem reichen Mann erpressen lassen wollen und die nun erst recht auf bockig umgeschaltet haben. War die Verpflichtung Magaths bereits am Sonntag im Grunde beschlossene Sache, so kam es nach der Kühne Mail zumindest bei einem „Magath-Rat“ zu einem Umdenken in der Sache.

Aber nach guter Aufsichtsrats-Manier werden flugs die Gesetze der Demokratie verworfen und man setzt sich so lange zusammen, bis verdammt nochmal die Mehrheiten gefunden werden, die man haben möchte.

In einem normalen Gremium hätte es eine ausführliche Diskussion gegeben, an deren Ende man zur Abstimmung gekommen wäre. Das Ergebnis der Abstimmung wäre verkündet und damit wäre das Thema beendet worden. Nicht so im „Rat der Ratlosen, denn hier wird so lange hin- und hergestimmt, bis die richtigen Räte ihren Willen bekommen. Wie krank ist das eigentlich ?

So hatte sich Herrn Kühne das nicht vorgestellt, er irrte in seinem Glauben, durch medial-erzeugten Druck Magath inthronisieren zu können. Aber unabhängig davon irrte Kühne noch an einem anderen Punkt, denn mitnichten wird „Alles gut“, sollte erst Magath mit seiner Entourage den Verein geentert haben.

Jeder, der meint, dass sich der HSV von dem Moment an, an dem Magath die Herrschaft übernimmt, zu einem verläßlichen Punktesammler entwickelt, versteht nicht viel vom Fußball. Nun ist Felix bekannt dafür, mit Hilfe mittelaterlicher Foltermethoden ein Team auf ein physisch-gutes Level zu führen, seine Möglichkeiten, einer psychisch am Boden liegenden Mannschaft neues Selbstvertrauen zu geben sind mehr als begrenzt. Magath ist ein Schleifer, der seine Spieler im Training quält, aber die Zeit für Kardio-Training ist am 20. Spieltag vorbei.

Wenn man an dieser Stelle etwas hätte verändern/verbessern wollen, hätte man Magath vor dem Wintertrainingslager holen müssen, jetzt ist es zu spät.

Aber nicht nur aus diesem Grund ist eine Verpflichtung Magaths nicht nur aus sportlicher Sicht unsinnig, sondern auch aus perspektivischer.

Was passiert denn, wenn es Magath tatsächlich gelingen sollte, den Abstieg zu vermeiden ? Dann hat man nach der Saison einen Diktator an der Spitze des Vereins, aber man ist nach wie vor pleite. Felix würde sich von den Traditionalisten abfeiern lassen und mit ziemlicher Sicherheit wäre eine 75, 1%ige Mehrheit für HSVPLUS Geschichte.

Resultat: Keine Ausgliederung, gleichen Leute im Aufsichtsrat, kein Geld, keine Perspektiven. Der Niedergang des HSV würde ungehindert weiterlaufen.

Anderes Szenario. Magath steigt mit dem HSV ab. Auch dann hätte der HSV den Diktator, dann jedoch in der 2. Liga. Die finanzielle Situation wäre noch dramatischer, ob HSVPLUS käme wäre ebenso unklar. Abgeblich überlegt sich Magath, ob er bereit wäre, den Verein in die 2. Liga zu begleiten.

Also – der HSV hat die Alternative zwischen Pest und Cholera und mit ziemlicher Sicherheit wird es der Verein sein, der am Ende als Verlierer dastehen wird.

Irgendwie erinnert mich die „Personalie Magath“ an die Szene mit Rafael van der Vaart, bevor er nach Hamburg zurückkehrte. Auch ihn wollte Kühne unbedingt, sah ihn als Retter der Enterbten. Arnesen wollte mit Christian Eriksen von Ajax Amsterdam die perspektivische Lösung,  Eriksen spielt heute bei Tottenham, ist 21 Jahre alt und hat einen Marktwert von € 18 Mio.

van der Vaart war eine kurzfristige Linderung der Schmerzen, hat sich aber letztendlich als ein Spieler herausgestellt, der die Entwicklung des HSV eher behindert, weil er aufgrund seines fehlenden Tempos dem Hochgeschwindigkeits-Fußball in der Bundesliga nicht mehr gewachsen ist.

Ergo: Nicht immer kommt etwas Gutes dabei raus, wenn ein Milliardär seinen Willen bekommt.