Dennoch – was nach nur einer Trainingswoche und einem gewonnenen Spiel gegen Dortmund in Hamburg abläuft, das ist nicht nur vollkommen überzogen, es ist geradezu lächerlich und in seiner Ausprägung schädlich.

Sicherlich ist zu erkennen, dass Mirko Slomka in der zurückliegenden Woche vieles richtig gemacht haben muss. Das beginnt bei der eigenen Darstellung. Die erste Pressekonferenz im Trainings-Shirt vermittelt allen Anwesenden und Beteiligten eine neue Verbundenheit, eine spontane Identifikation mit seinem neuen Arbeitgeber.

Auch der Umstand, dass er es vorzieht, nicht lange in einem Hotel zu wohnen, sondern sich quasi über Nacht eine Wohnung in Harvestehude zu suchen, kommt besonders bei den Pressevertretern gut an, die zuvor Bert van Marwijk für seine Übernachtungsgewohnheiten kritisierten.

Auch seine taktischen Umstellung trugen relativ schnell Früchte, die Veränderung auf zwei auf jeweils einer Linie stehenden Viererketten und zwei Spitzen klappte gegen den BVB.

Die neu formierte Innenverteidigung mit Rajkovic und Djourou hielt dicht und sicherte den Sieg.

Dennoch !!! Auch dieses Spiel hätte anders ausgehen können und dann würde heute in Hamburg bzw. bei der Mopo niemand von „Magic Mirko“ sprechen/schreiben. Hätte der zuvor unsichere Rene Adler keinen Sahnetag gehabt, wäre der HSV nicht als Sieger vom Platz gegangen, davon bin ich überzeugt.

Dies ist (neben vielen anderen) eines der Hauptprobleme in dieser Stadt und bei diesem Verein. Es gibt nur den rettungslosen Abstieg oder Champions League. Es existieren nur Schwarz oder Weiß, dazwischen ist nichts. Ich bin zu 100% sicher, dass es Fans gibt, die jetzt schon wieder den Punkteabstand zwischen Platz 16 und Platz 6 errechnen.

Und – so wie Mirko Slomka nach nur einem Spiel gehyped wird, so wird exzessiv gegen seinen Vorgänger Bert van Marwijk nachgetreten. Er hätte zuwenig trainiert, er hätte im Hotel gewohnt und er wäre am trainingsfreien Tag nach Holland gefahren. Schaun wir mal, wie lange es nach zwei Niederlagen am Stück dauert, bis der erste investigative Journalist auf den Trichter kommt, dass Mirko Slomka am trainingsfreien Montag zu seiner Familie nach Hannover fährt.

Der Gipfel der Tret-Arie ist jedoch die krankhafte Kritik an van Marwijk, was seine Abfindungszahlungen betrifft. Der Holländer hatte in Hamburg einen Vertrag bis zum 30.06.2016 und sollte pro Jahr geschätzte € 2,4 Mio verdienen. Selbstverständlich wird im Falle einer vorzeitigen Kündigung die Zahlung eines zumindest großen Anteils der Summe aus der Restlaufzeit fällig. Jetzt allerdings den Trainer dafür verantwortlich zu machen, sorry, dass ist an Krankheit kaum noch zu toppen. Wenn man jemanden für den Vertrag mit einem Vize-Weltmeister verantwortlich machen möchte, dann doch wohl bitte den Sportchef und den Aufsichtsrat, der diesen Vertrag abgenickt hat.

Bert van Marwijk hat nicht von sich aus gekündigt, er wurde entlassen. Verlangt jetzt ernsthaft jemand von einem Trainer, der in Hamburg aufgrund seiner Schweigsamkeit von der Presse pausenlos getreten wurde, dass diese auf das ihm zustehende Geld verzichtet ? Absolut lächerlich, verlogen und scheinheilig !

Aber wie auch immer – ich würde mir in Hamburg ein wenig mehr Vernunft, Demut und Zurückhaltung wünschen, aber so laufen die Dinge in der Stadt des Understatements nicht, zumindest dann nicht, wenn es um den HSV geht. Mirko Slomka ist Profi, er hat auf Schalke trainiert. Er wird für sich wissen, wie er die Lobeshymnen einzuordnen hat. Und er wird wissen, dass sich in Hamburg der Wind ganz schnell drehen kann.