Leverkusen – Mainz 0:1

Braunschweig – Gladbach 1:1

HSV – Dortmund 3:0

Schalke – Mainz 0:0

Frankfurt – Bremen 0:0

Diese Ergebnisse nur der letzten zwei Spieltage zeigen deutlich, dass die Prognose eines Spiel-Ergebniss „unterhalb“ von Bayern München in der Bundesliga nur schwer möglich, wenn nicht sogar ausgesprochen schwer ist. Betrachte ich die Resultate in meiner Tipprunde, so werde ich Woche für Woche bestätigt – Im Grunde kann jeder jeden überall schlagen.

Statistiken „lügen“..

Auch das Heranziehen von Spielstatistiken ist offensichtlich nicht der Weisheit letzter Schluss. So sprachen im letzten Heimspiel des HSV wiklich alle statistischen Werte gegen den HSV, das Spiel wurde mit 3:0 gewonnen. Im gestrigen Spiel gegen Werder Bremen hätte der HSV anhand der Statistik das Match eigentlich gewinnen müssen, das Ergebnis ist bekannt.

Was aber macht in einem Bundesliga-Spiel den Unterschied zwischen Sieg oder Niederlage aus ? Was entscheidet am Ende tatsächlich darüber, ob man in der Woche nach dem Spieltag von der Presse gefeiert oder gefeuert wird ?

Ausschließlich Profis

Zuerst einmal sollte man bei aller „Fachkundigkeit“ davon ausehen, dass wirklich jeder Bundesliga-Profi Fußball spielen kann. Jeder von ihnen hat sich gegen Millionen von Mitbewerbern in einem darwinistischen Auswahlverfahren seit frühester Kindheit durchgesetzt. Jeder von ihnen ist durch jahrelanges, intensivstes körperliches Training in der Lage, 90 min. Vollgas zu geben und jeder hat eine ausgiebige taktische Schulung anhand von Praxis-Übungen und Video-Schulungen hinter sich.

Jeder Bundesliga-Trainer hat jahrelange Praxis und eine Ausbildung hinter sich, die volles Engagment erfordert. Die Übungsleiter sind in Trainingslehre, taktischer Schulung, Sport-Psychologie und den Grundzügen der Sport-Medizin ausgebildet und jeder von ihnen hat Tausende von Spielen auf jeder Ebene beobachtet. Sie kennen jedes bekanntes Spielsystem und sind in der Lage, die Vor- und Nachteile einer Taktik zu erfassen und Alternativen zu erarbeiten.

Was macht den Unterschied aus ?

Was also ist es ? Was macht den Unterschied aus ? Warum gewinnt eine Mannschaft an einem Wochenende 3:0 gegen eine Weltklasse-Mannschaft aus Dortmund und verliert in der nahezu identischen Besetzung eine Woche später gegen einen potenziellen Abstiegskandidaten aus Bremen ?

Nun – Angesichts der zuvor beschriebenen Fakten ist es eben nicht damit getan, von „lauffaulen Söldnern“, „Scheiß-Millionären“ oder „unfähigen Übungsleitern“ zu sprechen. Jeder Fußball-Fan sollte sich darüber im Klaren sein, dass jeder Profi jedes Spiel gewinnen will, sonst wäre er überhaupt nicht so weit gekommen. Tatsächlich ist es so (neben einigen technischen Fertigkeiten), dass der Kopf den Hauptunterschied zwischen einem Bundesliga-Spieler und einem Regionalliga-Spieler ausmacht. Der Profi muss komplett auf seinen Job fokussiert sein, ihm nahezu alles unterordnen. Macht er das nicht, wird dies relativ schnell anhand seines Leistungsvermögens deutlich und er findet sich schneller in der U23 wieder, als der „Abstieg“ sagen kann.

Tatsächlich sind es die kleinen Unterschiede, die Nuancen, die häufig über Sieg oder Niederlagen entscheiden. Es sind innere (Kopf, Mentalität, Momentum) und äußere (Publikum, Schiedsrichter, Wetter, Presse etc.) Einflüsse, die ihren Teil beitragen.

Nach dem Sieg gegen Borussia Dortmund, bei dem eine bisher völlig verunsicherte Hamburger Mannschaft gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner gewonnen hatte, war alle Welt davon ausgegangen, dass ein Sieg gegen Bremer im Abwärtsstrudel nur eine Formsache wäre. Warum war sie es dann nicht ?

Gegen Dortmund nichts zu verlieren.

Nun – betrachten wir das Spiel gegen den BVB. Allein die „mentalen“ Umstände spielten an dieser Stelle eine große Rolle.

Der neue Trainer, der einen guten, vertrauensvollen Einstand hatte

Die Emotionen rund um den Tod von Hermann Rieger

Der scheinbar übermächtige Gegner

Die emotionale Unterstützung in der Stadt etc.

Neben diesen „mentalen“ Umständen kamen im Laufe des Spiels „sportliche“ Umstände hinzu.

Man kommt gut ins Spiel

Die ersten Zweikämpfe werden gewonnen

Der Gegner vergibt gute Einschuss-Möglichkeiten

Die ersten Risiko-Pässe kommen an

Auslegbare Schiedsrichter-Entscheidungen fallen zu den eigenen Gunsten aus

Die vorgegeben Taktik des Trainers scheint zu fruchten

Man erzielt ein strategisch extrem wichtiges Tor kurz vor der Halbzeit etc.

 

All diese Fakoren haben ihren Anteil am Verlauf eines Spiels und je „fragiler“ die Struktur einer Mannschaft oder eines Vereins ist, umso größer sind ihre Einflüsse auf Erfolg oder Mißerfolg. Eine gewachsene Mannschaft, die über Jahre hinweg systematisch zusammengstellt wurde und seit Jahren unter dem selben Cheftrainer arbeitet, ist naturgemäß in sich stabiler und weniger diesen äußeren Einflüssen ausgesetzt. Allein aufgrund der Tatsache, dass diese Mannschaft viel besser weiß, wie sie selbst auf diese Einflüsse reagieren wird, kann sie besser mit Unwegbarkeiten umgehen.

Nicht so in Hamburg

In Hamburg  hat man weder das Eine noch das Andere. Man besitzt keine gewachsene Mannschaft mit einer funktionierenden Hierarchie, die seit Jahren vom gleichen Cheftrainer betreut wird. Man hat keinen funktionierenden Verein, sondern diverse Initiativen, die sich gegenseitig bekämpfen und um die Macht ringen. Man hat nicht im Ansatz Ruhe im Club und schon gar nicht im Umfeld. Hinzu kommt der unsägliche Einfluss der zersetzenden Presse, die sich aus der desaströsen Situation des Vereins einen Spaß macht.

Bremen ist von seiner Medienlandschaft etwas umgänglicher, etwas humaner und ruhiger. Es gibt weniger Boulevardmedien als in Hamburg, die aus diesem Derby möglichst viel ausschlachten wollen. In Bremen fokussiert sich mehr auf die sportliche Ebene, wenngleich die Wichtigkeit des Spiels ähnlich hoch angesehen wird

(Patrick Owomoyela im goal-Interview)

Gegen Dortmund ja, gegen Bremen nein

„Trotzdem – man muss doch gegen diese Bremer gewinnen „.

Warum muss man das ? Weil es die Fans so wollen ? Weil es die Anhänger quasi verlangen ?

Der HSV ging mit ein wenig Selbstbewußtsein ins Spiel im Weserstadion. Es spielte (bis auf Diekmeier für Westermann) die gleiche Elf, die die Dortmunder geschlagen hatte. Mirko Slomka wählte eine nahezu identische Taktik.

Warum verliert man dann gegen ein schwächeres Team ?

Das Spiel beginnt und man bemerkt als Spieler, dass die Bremer vielleicht doch nicht so verunsichert sich, wie man erhofft hatte. Die ersten Zweikämpfe werden verloren. Man bemerkt, dass der Mitspieler heute nicht so gut drauf ist wie am letzten Wochenende und registriert, dass man ihm wohl mehr wird helfen müssen. Der Schiedsrichter fällt die ersten Entscheidungen und sie sind aus der Sicht des HSV-Spielers falsch. Relativ schnell bemerkt man, dass die Taktik des Trainers diesmal nicht so greifen wird, wie man es erhofft hatte, aber jetzt ist es zu spät. Der HSV-Profi verliert einen Zweikampf und sieht, dass er und seine Mitspieler „zu weit von den Gegnern“ entfernt stehen.

Dann bekommt man mit dem 0:1 ein Gegentor, welches man vielleicht einmal in seiner Karriere bekommt. Der Gegner dagegegen bekommt noch mehr Oberwasser, weil er merkt, dass heute „was geht“. Verzweifelt stemmt man sich gegen das Momentum, obwohl man von Minute zu Minute deutlicher registriert, dass es heute sehr schwer werden wird. Dann trifft Calhanoglu kurz vor der Halbzeitpause die Latte, gegen Dortund wäre das Ding drin gewesen. Die Laune kippt weiter.

In der Halbzeitpause ändert der Trainer seine taktische Vorgabe, er wechselt Rincon aus und van der Vaart ein, neue Hoffnung keimt auf.

Aber relativ schnell bemerken die Mitspieler, dass auch ihr Kapitän dieses Spiel nur schwer wird drehen können. Kurz darauf passiert dann die tragische Verletzung von Boban Rajkovic, die Mannschaft steht unter Schock.

„Die Verletzung von Boban ist natürlich das größte Pech. Er ist ein fabelhafter Profi und ein guter Mensch, wir drücken ihm alle die Daumen, dass er schnell wieder zurückkommt..“

 

(Rene Adler auf HSV.de)

Die Mannschaft wehrt sich, sie beißt, aber es will nicht klappen. Am Ende verliert man ein solches Spiel mit 0:1 und weiß unmittelbar nach dem Abpfiff, dass in der darauffolgenden Woche das Sperrfeuer der Hamburger Schmuddelpresse über einem einbrechen wird.

Kontinuität minimiert äußere Einflüsse

Fazit: Der Erfolg oder Mißerfolg eines Spiels ist von diversen Einflüssen abhängig und entgegen der landläufigen Meinung ist es nicht irgendeine Söldner-Mentaltität, das Gehalt oder die fehlenden Fitness der Spieler. Auch ist es nicht das taktische Unverständnis des Trainers.

Es gibt nur eine Möglichkeit, die Einflussnahme von Außen zu minimieren. Der Verein und die Mannschaft muss stark gegen die Manipulationen gemacht werden. Wenn man weiß, dass man gemeinsam entgegenwirken kann, prallt vieles ab und bekommt nicht diese Bedeutung. Eine Mannschaft wie der HSV ist wie ein Organismus mit einem geschwächten Imunsystem, der kleinste Virus kann sie umgehauen. Helfen kann nur eine nachhaltige, systematische und sinnvolle Therapie. Andernfalls wird der „Patient HSV“ auch während der nächsten Erkältungs-Saison wieder krank.