Es wird übrigens gerade auch gegen Räuber und Mörder ermittelt. Nicht interessant? Klar. Es geht ja nicht ums Geld…

(Dieter Nuhr auf Facebook)

 

Nein, liebe Leser, es wird auch heute nicht um den „Fall Hoeness“ gehen, jedenfalls nicht mehr als eben nötig. Während sich in anderen „Qualitätsblogs“ die Insassen jetzt schon den dritten Tag aufgrund von Experten-Ansichten, Studien der Rechtswissenschaften oder Finanz- und Steuerexpertisen die selbstgerechten Köpfe heißreden, geht es in diesem Blog weiterhin vorrangig um Fußball und den HSV.

Abschließend !

Zu Herrn Hoeneß von mir nur eine letzte Anmerkung:

Uli Honess hat ganz offensichtlich Steuern in Milionenhöhe hinterzogen und dafür muss er sich zur Zeit vor Gericht verantworten. Welches Strafmaß – ob zur Bewährung ausgesetzt oder als Haftstrafe – die Jurisprudenz verhängen wird, ist Sache des Gerichts und das Strafmaß ist zu akzeptieren, so oder so. Alles Weitere überlasse ich gern der BILD bzw. deren Lesern.

Gestern Abend spielte der FC Bayern München im Achtelfinale der Champions League gegen den FC Arsenal London 1:1. Das Spiel stellte nach dem 2:0 der Bayern im Hinspiel in London im Grunde nur eine Pflichtaufgabe dar, die dennoch mit großer Seriösität und Ernsthaftigkeit angegangen wurde und das Weiterkommen somit nie ernsthaft in Gefahr geriet.

Ein jeder wird „mitgenommen“.

Warum aber ist das so ? Warum gehen die Über-Bayern, die ca. 80% ihrer Pflichtspiele auch mit 60-70% Engagment gewinnen würden, jedes Spiel so an, als wäre es das Pokalfinale in Berlin ?

Auf der Bank der Bayern saßen zu Spielbeginn gestern folgende Spieler:

Tom Starke (Marktwert: € 1 Mio), Jerome Boateng (€ 28 Mio), Rafinha (€ 8 Mio), van Buyten (€ 1 Mio), Pizarro (€ 1 Mio), Kroos (€ 40 Mio), Müller (€ 45 Mio).

Die Spieler Contento (€ 2 Mio), Weiser (1 Mio), Shaqiri (€ 20 Mio), Hojbjerg (€ 1,25 Mio), Weihrauch (€ 250.000) und Green (€ 500.000) waren nicht mal im Kader, Badstuber (€ 10 Mio) fehlt weiterhin verletzt nach zwei Kreuzband-Operationen.

Warum aber herrscht in dieser Übermannschaft trotzdem (zumindest nach außen) Ruhe, warum hat man den Eindruck, dass hier 28 Spieler an einem Strang ziehen und gemeinsam für das nächste Ziel kämpfen ?

Die Antwort ist im Grunde relativ simpel. Weil hier jedem Spieler das Gefühl gegeben wird, zum Team dazu zu gehören. Wichtig zu sein. Der Druck ist immens, jeder muss permantent auf höchstem Level trainieren und sich engagieren, um sich zumindest einen Platz auf der Bank zu sichern. Und trotzdem ist man immer ein Teil des Teams. Selbst bei Spielern, die über mehrere Woche nicht zur ersten 16 gehören, hat man nie den Eindruck, sie würden außen vor stehen.

Jeder wird gebraucht, jeder ist ein Teil des Erfolgs.

Dabei bringt der ständige Konkurrenzdruck jeden einzelnen Spieler auch leistungsmäßig nach vorn. Wenn man nicht in jedem Training gegen die Besten vom Fach an die Leistungsgrenze geht, hat man im Kader nichts verloren. Das bedeutet, dass jeder Spieler in jedem Training besser wird, was am Ende die Manschaft besser macht.

Konkurrenz in seiner extremsten Form und trotzdem kein Neid und keine Mißgunst ? Weil solche Gefühle von Seiten der Vereinsführung konsequent bekämpft werden. Man ist eben auch für die Spieler da, die gerade nicht im Fokus stehen. Keiner wird fallengelassen, selbst wenn er Häuser anzündet. Dies stärkt bei aller Rivalität das Zusammengehörigkeitsgefühl, schafft eine Identifikation mit dem Verein.

So macht man’s !

Wie man’s nicht macht, zeigt der Hamburger Sport Verein seit mittlerweile vielen Jahren und den Höhepunkt dieser katastrophlen Situation hat der Verein unter Sportchef Oliver Kreuzer erreicht.

Kreuzer ist nicht allein

Nun wäre es zu billig, allein Kreuzer die Schuld für das vergiftete Klima innerhalb des Vereins zu geben. Ich kann mich erinnern, wie der Verein in der Vergangenheit mit Spielern wie Paolo Guerrero oder Markus Berg umgegangen ist. Aber auch die sportlichen Schicksale eines Rozenhal, eines Gravgaard und vieler anderer Profis sind in lebhafter Erinnerung. Am Ende der Kette stehen Artjoms Rudnevs, Dennis Aogo, aber auch Paul Scharner und sogar Heung Min Son.

Wieviele Spieler wurden von Trainern, Vorständen und Sportchefs im Regen stehengelassen, der Presse zum Frass vorgeworfen. Vielen wurden direkt oder indirekt die sportlichen Fähigkeiten abgesprochen, anstatt sich vor sie zu stellen und sie zu schützen. Auch aufgrund dieser Verhaltensweisen hat die Schmuddelpresse in Hamburg die Macht, die sie täglich auszuüben versucht.

Warum reagiert der Verein nicht, wenn im Falle des 18-jährigen Talents Jonathan Tah vom „Absturz des Juwels“ geschrieben wird ? Die vielfach geäußerte Erklärung hierfür:

„Wenn wir uns um jeden Boulevard-Artikel kümmern würden, würden wir nichts anderes mehr tun“.

 

Denkbar falsch, meine Herren. Genau um solche Dinge muss man sich kümmern, weil eben die nicht erfolgte Handlung, die scheinbare Gleichgültigkeit gegenüber solchen Spalterversuchen bei den Spielern registriert wird und hängenbleibt.

„Der Verein kümmert sich nicht um mich, ich bin dem Verein egal“

 

Von welchem Spieler, dem dieses Gefühl vermittelt wird, möchte man eine 100%ige Identifikation mit dem HSV erwarten ? Und jetzt möge doch bitte niemand mit dem „Geld-Argument“ kommen.

Mit Millionen-Gagen erkauft man kein Wir-Gefühl.

Aber es ist nicht nur die Verteidigung der Akteure nach außen, wesentlich häufiger ist das „interne Handling“ die Wurzel des Übels. Spieler, die sich nie etwas haben zu Schulden kommen lassen, werden als Altlasten bezeichnet. Jungen Spielern, die mit viel Hoffnungen nach Hamburg gekommen waren, wird via Medien mitgeteilt, dass man sie am liebsten verschenken würde. In Zeitungs-Interviews werden Fallbeil-Aussagen getroffen („Die Spieler Rajkovic und Mancienne werden nie wieder für den HSV spielen“) und nur wenige Monate später erhofft man sich von exakt diesen Spielern, dass sie es sind, die den Verein vor dem drohenden Absturz retten.

Wie bitte soll das denn gehen ?

 

Übrigens: Der Letzte, der die Philosophie des Miteinanders beim HSV gelebt hat, war Frank Arnesen. Ihn hat man aus niedersten Beweggründen aus dem Verein gemobbt und heute erntet man die „Lorbeeren“ dafür.

So jedenfalls macht man’s nicht und Oliver Kreuzer ist im Grunde nur das Ende der Nahrungskette bzw. das letzte fehlende Puzzleteil, welches am Ende einer Entwicklung steht, die vor langer Zeit begann und die jetzt kurz vor ihrer Vollendung steht.

Der HSV steht vor großen Aufgaben, wobei an erster Stelle der Klassenerhalt stehe muss. Aber spätestens ab dem 26.05.2014 muss beim HSV eine neue Zeitrechnung beginnen.

Es muss jeder Stein umgedreht werden, alles und jeder muss hinterfragt werden.

War der sogenannte „Umbruch 2012“ ein leichtes Wackeln, so muss die „Revolution 2014“ ein Erdbeben werden.

Es müssen Menschen an die Spitze des Vereins gebracht werden, die nicht nur eine Philosophie und eine Idee, sondern auch ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln wollen und entwickeln müssen.

Die Medienpolitik des Verein muss revolutioniert und völlig neu aufgestellt werden.

Die Spieler des HSV müssen das Gefühl bekommen, dass die hier und heute genau richtig sind, dass man auf sie zählt und an sie glaubt. Man muss sie (so lange sie nichts zu Schulden kommen lassen), gegen alles und jeden schützen. Und wenn sie sich etwas zu Schulden kommen lassen, muss man ihnen Hilfe anbieten.

Ein Wir-Gefühl kann Millionen von Transferkosten aufwiegen, aber man muss irgendwann damit anfangen.