Am 17.02.2014 wurde Mirko Slomka als Nachfolger des glücklosen Bert van Marwijk als neuer Cheftrainer des HSV vorgestellt. van Marwijk hatte zu seinem eigenen Unglück nicht nur den Fehler gemacht, zuwenig Punkte einzufahren, van Marwijk hatte auch andere „Fehler“ begangen und diese „Fehler“ wollte Mirko Slomka (wohl auch auf Anraten der Presse-Abteilung) nicht begehen.

Stand der Holländer dazu, sich in Hamburg keine Wohnung nehmen und auch weiterhin im Hotel leben zu wollen, so verkündete Slomka gleich zu Anfang seiner Amtszeit, dass er sich umgehend eine eigene Behausung in der Hansestadt suchen würde.

Slomka tauchte fortan im roten Übungsleibchen auf den Pressekonferenzen auf, Slomka benutzte bei den PK’s vor den Spielen die Floskeln, die sowohl Pressevertreter wie auch Fans hören wollen. Slomka gibt im Gegensatz zu van Marwijk Exklusiv-Interviews bei BILD und Abendblatt und Slomka verdiente sich Lorbeeren als der Psychologe und Pädagoge, der er nun mal ist. Im Gegensatz zum knurrigen und medial-unwilligen van Marwijk spielt Mirko Slomka den positive Strahlemann, der in allem nur das Positive sieht.

An oberster Stelle jedoch sollte man eine Maßnahme Slomka’s erwähnen, die neben eingener Wohnung und dem Tragen der Raute die wohl publikums-wirksamste überhaupt in Hamburg ist: Er lässt wesentlich mehr trainieren. Die Söldner und Jung-Millionäre müssen jetzt mindestens zweimal, teilweise sogar dreimal pro Woche doppelt ran, wobei die Vormittagsschichten  größtenteils Übungseinheiten ähneln, wie man sie aus der Saisonvorbereitung kennt.

Den Fans gefällt das natürlich und die Presse jubelt. Hatten sie nicht noch kurz vor der Demission des „faulsten Trainers der Bundesliga“ geätzt, dass ein Trainingstag der HSV-Profis im Schnitt 62 Minuten dauern würde ?

Aber damit ist es ja seit Mitte Februar vorbei, ab sofort wird in Hamburg endlich gearbeitet, wie es sich für einen echten Bundesliga-Verein gehört.

Die Frage ist nur: Stimmt das überhaupt ? Oder vielleicht besser: Was hat sich durch das erhöhte Trainingsvolumen eigentlich verändert bzw. verbessert ?

Normalerweise sollte man doch denken, dass ein Übungsleiter die Dauer und Intensität des Trainings deshalb maßgeblich erhöht (was mitten in der Saison höchst ungewöhnlich ist), weil er der Auffassung ist, die Mannschaft sei nicht fit genug, um seinen Ansprüchen gerecht zu werden. Aber hat sich durch das Schinden der Profis eigentlich tatsächlich etwas verändert ? Um dies abschließend beurteilen zu können, müßte man sehr tief in die Datenauswertung einsteigen. Man müßte Vergleiche von Laktatwerten kennen etc. Dies alles weiß ich natürlich nicht, aber man kann als kleine Krücke einen Wert heranziehen, der im Allgemeinen als Indikator für einen gewissen Fitness-Level zu gelten scheint:

Die gelaufene Strecke pro Spiel.

Bert van Marwijk übernahm den HSV am 25.09.2013 von Thorsten Fink. Ich habe einmal die ersten Spiele unter van Marwijk betrachtet:

Anhand dieser Daten wird deutlich, dass der Holländer offenkundig eine fitte Mannschaft von Thorsten Fink übernehmen konnte.

7. Spieltag – Frankfurt: 120,6 km, Ergebnis (2:2)

8. Spieltag – Nürnberg: 118,1 km, Ergebnis (5:0)

9. Spieltag – Stuttgart: 116,2 km, Ergebnis (3:3)

10. Spieltag – Freiburg: 115,4 km, Ergebnis (3:0)

11. Spieltag – Gladbach: 120,1 km, Ergebnis (0:3)

12. Spieltag – Leverkusen: 117,4 km, Ergebnis (3:5)

Nach der Hinrunde folgte das unsäglichste Trainingslager aller Zeiten und ich behaupte heute, dass dieses Marketinglager mit Flügen nach Indonesien und Abu Dhabi der Hauptgrund dafür sein wird, warum es den HSV in dieser Saison erwischen wird. Verkündete man vorher noch, dass man nicht nur optimale Trainingsbedingungen vorfinden, sondern auch noch einen Gewinn in Höhe von € 1 Mio erwirtschaften würde, so war hinterher von einem finanziellen Verlust und einer körperlich geschwächten Mannschaft die Rede.

Bert van Marwijk sagte, auf den Sinn und Zweck dieser Vorbereitungs-Qual angesprochen:

„Ein professioneller Sportler auf diesem körperlichen Level benötigt für jede geflogene Stunde einen Tag zur Regeneration“

Jetzt darf ein jeder selbst den Rechenschieber bemühen.

Ein ehemaliger Top-Funktionär des HSV bestätigte mir vor wenigen Tagen meine Vermutung:

„Ein Jol oder ein Stevens hätten dem Vorstand erklärt, dass sie diese PR-Reise allein machen könnten, aber ohne ihn und die Mannschaft“

Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch Bert van Marwijk ähnliche Bedenken geäußert hat, jedoch bedarf es zur Durchsetzung bzw. Verhinderung eines solchen Schwachsinns eines starken Sportchefs. Und wer diesen Posten beim HSV besetzt, sollte jedem bekannt sein.

Der HSV bestreitet also das Wunderlager in Indonesien und Abu Dhabi und wie sah der körperliche Zustand der Mannschaft im Anschluss aus ?

19. Spieltag – Hoffenheim 114,4 km, Ergebnis  km (0:3)

20. Spieltag – Hertha 109,9 km, Ergebnis (0:3)

21. Spieltag – Braunschweig 110,3 km, Ergebnis (2:4)

Eine klinisch-tote und vom Wintertraingslager zerriebene Truppe war körperlich nicht in der Lage, in der Bundesliga mitzuhalten und so musste van Marwijk nach einer Niederlagen-Serie gehen. Wohl auch, weil er sich nicht erfolgreich gegen einen schlecht geplanten Marketing-Schwachsinn zur Wehr gesetzt hatte.

Als nächstes folgte Mirko Slomka und dieser zog, wie bereits beschrieben, die Zügel an. Hatte diese Verschärfung und die Erhöhung des Trainingsvolumens aber den gewünschten Erfolg ? Und wenn ja, zu welchem Preis ?

Die bisherigen Spiele unter Mirko Slomka im Überblick:

22. Spieltag – Dortmund: 114,6 km, Ergebnis (3:0)

23. Spieltag – Bremen: 116,2 km, Ergebnis (0:1)

24. Spieltag – Frankfurt: 111,9 km, Ergebnis (1:1)

25. Spieltag – Nürnberg: 115,6 km, Ergebnis (2:1)

26. Spieltag – Stuttgart: 112,4 km, Ergebnis (0:1)

27. Spieltag – Freiburg: 112,8 km, Ergebnis (1:1)

28. Spieltag – Gladbach: 114,9 km, Ergebnis (1:3)

29. Spieltag – Leverkusen: 120,8 km, Ergebnis (2:1)

30. Spieltag – Hannover: 111, 6 km, Ergebnis (1:2)

Betrachtet man die reine Laufleistung in jedem Spiel, so wird deutlich, dass man von einer signifkanten Verbesserung bzw. Steigerung der generellen Fitness nicht sprechen kann. Hinzu kommt, dass man bei der Betrachtung der Einzelspiele erkennen muss, dass der HSV in nahezu 90% der Spiele weniger läuft als der Gegner.

Laufen die Spieler des HSV 115 km, läuft der Gegner 117 km. Laufen die Gegner 114 km, laufen die Spieler des HSV 112 km.

Was also hat die Intensivierung des Trainings unter Mirko Slomka tatsächlich gebracht ?

Slomka steht aktuell bei einem Punkteschnitt von 1,22 pro Spiel. Bert van Marwijk hatte bis zur Winterpause und dem Katastrophenlager einen Schnitt von 1,1 Punkten pro Spiel.

Man erkennt, dass die Ausbeute Slomka’s mit dem härteren Training leicht besser aussieht, aber – zu welchem Preis ?

In weniger als 2 Monaten, also in der Zeit, in der Mirko Slomka Cheftrainer des HSV ist, muss der Verein 10 !!! größtenteils schwere Verletzungen registieren, wobei dramatisch ist, dass kaum eine der Verletzungen aus Zweikampf-Situationen entstanden ist. Keine Brüche, keine Prellungen. Es handelt sich grundsätzlich um Bänder – und Muskelverletzungen und der Verdacht, das sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Trainings-Umfang zu diesem Zeitpunkt der Saison und unglaublicher Verletzungsmisere aufdrängt, liegt außerordentlich nahe.

Westermann: 13.04. – Adduktoren

Rajkovic: 01.03. – Kreuzbandriss

Jansen: 05.03. – Außenbandriss

Badelj: 05.04. – Muskelfaserriss

Jiracek: 02.03. – Oberschenkelzerrung

Calhanoglu: 02.03. – Oberschenkelzerrung

Ilicevic: 20.02. – Oberschenkelzerrng, 02.03. – Innenbandzerrung

Lasogga: 04.03. – Muskelverhärtung, 30.03. – Muskelfaserriss

Trainert Mirko Slomka den HSV kaputt ? Trainiert er so hart, weil es notwendig ist oder trainiert er so hart, weil es der öffentliche Druck erfordert ?

Die Erfolge des verschärften Trainings sind wie beschrieben rein punkte-mäßig gesehen überschaubar, das Verletztenlager wird jedoch immer größer. Dies hat zur Folge, dass der HSV in jedem Spiel mit einer veränderten Mannschaft und entsprechend auch mit einer angepassten taktischen Ordnung agieren muss.

Erneut wird deutlich – der HSV wurde systematisch kaputtgespart, jedenfalls, wenn man die Mannschaft betrachtet. Ein Spieler wie Dennis Aogo, mit einer festgeschriebenen Ablösesumme von € 3,5 Mio wird für € 1,9 Mio nach Gelsenkirchen verscherbelt. Der einzige Grunde hierfür: Schalke bezahlte sofort und der HSV braucht jeden Cent.

Das Gleiche gilt für die Leihe des einzigen Alternativ-Stürmers Artjoms Rudnevs. Auch er wurde einzig und allein aus finanziellen Gründen abgeschoben. Und auch das Chaos-Winterlager wurde aus ökonomischen Gründen so geplant und durchgeführt, alles auf Kosten der Mannschaft.

Das am Ende wegen dieses mies geplanten Trainingslagers nicht nur ein Trainer mit einer Millionen-Abfindung gehen musste, sondern eventuell auch ein Abstieg aus der Bundesliga, welcher zig-Millionen kosten würde, billigend in Kauf genommen wurde, ist so unfassbar und zeugt von einem nicht mehr zu ertragenden Amateur-Verhalten, dass es größtenteils nur noch sprachlos macht.

Am Mittwoch findet in Hamburg eine Informations-Veranstaltung des HSV-Vorstandes statt.

Fragen sind erlaubt !!!!

 

 

 

 

 

 

 

 

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