Bevor ich mir meiner Betrachtung der Transfer-Aktivitäten des HSV zwischen 2003 und 2009 fortfahre, noch ein paar grundsätzliche Worte zum Thema Transfer. Bei kaum einem anderen Thema gilt der Satz „Hinterher hätte ich es auch gewußt“ so wie beim Thema Transfer-Erfolg oder Transfer-Mißerfolg.

Um jedoch einen Erfolg als solchen kennzeichnen zu können, muss man im Grunde vorher definieren, was mit einem Transfer überhaupt bezweckt werden soll.

Warum bzw. mit welcher Absicht wurde Spieler X eigentlich zu Verein Y transferiert ?

Hierfür gibt es wahrlich mehr als einen möglichen Grund.

Sollte der Spieler vorerst als Backup für einen etablierten Spieler fungieren oder sollte er eine Sofortverstärkung darstellen ?

Sollte der Spieler, für relativ kleines Geld gekommen, als „Wertanlage“ dienen und war von Anfang als potenzieller Weiterverkauf geplant, um bei möglicher Wertsteigerung dem Verein dringend notwendiges Kapital in die Kassen zu spülen ?

Welche grundsätzliche Rolle soll der Spieler im Mannschaftsgefüge spielen ? Wird seitens des Vereins langfristig mit Spieler geplant oder gilt er von Anfang an als Spekulationsmasse ?

Bei der genaueren Analyse eines Transfers soll und darf die Rolle der Berater nicht ignoriert werden. So ist es überliefert, dass Verein X einen Spieler A nur dann bekommt, wenn er ebenfalls Spieler B unter Vertrag nimmt, wobei beide Spieler den selben Berater haben. Es gibt Berater, die einen besonderen Draht zu bestimmten Vereinen haben und es gibt Berater, die den verantwortlichen Sportdirektor eines anderen Vereins absolut nicht leiden können. Auch hier spielen persönliche Befindlichkeiten eine Rolle, ein Verein selbst kann im Grunde nur eines tun: Verlässlich bleiben.

Hat man das alles irgendwie beleuchtet, kommt man relativ schnell zu einem weiteren Punkt und dieser ist unter Garantie so diskutabel wie kaum ein Anderer:

Ab wann gilt ein Transfer als erfolgreich und wer bewertet dies aus welcher Position heraus ?

Grundsätzlich kann ein jeder Fan oder Feierabend-Trainer erkennen, dass der Transfer eines 21-Jährigen Stürmers, der für € 500.000 aus der zweiten Liga kam und in seiner ersten Bundesliga-Saison 25 Treffer markiert, einigermaßen erfolgreich gewesen sein muss.

Problem ist nur: Diese Transfers sind ausgesprochen selten, denn in den meisten Fällen gilt eben doch: Geld schießt Tore und Qualität hat ihren Preis. Um an die sogenannten Schnäppchen zu kommen, bedarf es vieler Dinge.

Ein perfektes Scouting

Eine intensive Beschäftigung mit dem Spieler selbst (Charakter, Ansichten, Lebensweise etc.)

Die Erkenntnis, ob der Spieler – unabhängig von seinen sportlichen Qualitäten – überhaupt zu Mannschaft und Verein passt.

Die unabdingbare Gabe, den Spieler für die „Idee des Vereins“ begeistern zu können.

Für einen Sport-Unternehmer, und dies sind Lizenzspieler nun einmal, gilt zuerst einmal, dass er mit seinem Beruf Geld verdienen möchte. Darüberhinaus haben Spieler allerdings auch noch weitere Ziele. Titel, Pokale, Berufungen in die Nationalmannschaft etc.

Kann ich als Verein einem Spieler auch dieser Hinsicht eine Persepktive bieten ?

Aber nochmal – ab wann gilt ein Transfer als erfolgreich und wer bewertet dies ?

Meiner Auffassung nach sind die einschlägigen Medien der denkbar schlechteste Partner, den man bei der Bewertung eines Transfers hinzuziehen sollte. Zu tendenziös, zu sehr meinungs-getrieben, zu wankelmütig.

Die Tendenz hin zu „Neuer Spieler hat in den ersten 5 Bundesligaspielen nur zweimal in der Startelf gestanden bedeutet Transferflop“ ist mir einfach zu oberflächlich, zu eindimensional und zu wenig professionell.

Auch bei dieser Betrachtung müssen meiner Meinung nach zahlreiche Parameter einfließen, um eine halbwegs ehrliche Bewertung eines Transfers garantieren zu können.

Alter des Spielers

Aus welcher Liga/aus welchem Land kommt der Spieler

Welche Nationalität hat der Spieler/spricht er Deutsch oder zumindest Englisch ?

Fitness-Status vor der Saison bzw. aktueller Fitness-Zustand (war der Spieler vielleicht während der Saison-Vorbereitung verletzt und ist deshalb nur bedingt einsatzfähig ?)

In welchem System hat der Spieler vorher gespielt ?

Spielt der Spieler auf der gleichen Position wie bisher ?

Allgemeiner Zustand der Mannschaft  !!! Beispiel: Hat der Verein gerade einen Umbruch vollzogen und viele neue, junge Spieler verpflichtet ? Gerade dann muss die Leistung des neuen Akteurs anders bewertet werden, ebenso die Transfer-Qualität.

Hat die Mannschaft eventuell einen anderen Trainer als den, der sich für die Verpflichtung des Spielers starkgemacht hat ?

Wie man unschwer erkennen kann, hängt an der Bewertung eines Transfers weitaus mehr als „Viele Tore = gut, wenig Tore = mies“. Was aber bei der Optimierung der Tranferbilanz eines Vereins unabdingbar ist, ist das Zusammenspiel zwischen Vorstandschef, Sportchef und Trainer. Alleingänge kosten in der Regel Geld, werden nicht von der Allgemeinheit getragen, werden schneller kritisiert.

Am Ende leiden dann der Verein (finanziell) und besonders der betroffene Spieler (mental)