„Es ist ja nicht so, dass der Patient jetzt geheilt ist. Er hat lediglich eine dringend benötigte Not-OP irgendwie überstanden, die Ärzte sind aber nicht sicher, dass er überleben wird…“

Nie wieder möchte ich sowas wie gestern erleben. Nie wieder. Wenn mich auch diese Saison über alle Maßen geschlaucht hat, dieser Sonntag hat mir den Rest gegeben. Und so war mir nach dem Schlußpfiff und der Gewissheit, dass der HSV auch in der nächsten Saison gegen Bayern, Dortmund und Leverkusen und nicht gegen Ingolstadt, Sandhausen und Bielefeld spielen wird, nicht im Mindesten nach feiern zumute. Um 18.55 Uhr saß ich wie paralysiert auf dem Sofa, zusammengesunken, komplett leer. So sehr ich mich auch für die mitgereisten Fans in Fürth freute, so wenig konnte ich jubeln. Viel zu tief sitzt diese Saison, viel zu groß ist mein Zorn auf diejenigen, die diesen Absturz zu verantworten haben.

Denn, machen wir uns doch nichts vor, selten hatte ein Verein (ich sage absichtlich nicht Mannschaft) einen Abstieg so verdient wie der HSV in der Saison 2013/2014. Nicht die Braunschweiger, die sich 34 Spieltage lang mit einer Zweitliga-Mannschaft die Chance auf einen Klassenerhalt bewahrt hatten und auch nicht die Nürnberger, die in der letzten Spielzeit mehr als 20 mal Aluminium getroffen hatten.

Der HSV hat es geschafft, von 102 möglichen Punkten ganze 27 zu holen.

Der HSV hat es geschafft, von 34 Spielen 21 zu verlieren.

Der HSV hat es geschafft, bei einer Mannschaft (Braunschweig), die in der gesamten Spielzeit gerade mal 29 Treffer erzielten, 4 Dinger zu fangen.

Und der HSV war auch in der Relegation nicht die bessere, bestensfalls die glücklichere Mannschaft.

Ganz ehrlich, ich glaube nicht an höhere Kräfte. Ich glaube nicht, dass es irgendwo ein übergeordnetes Wesen gibt, welches alles steuert. An diesem Sonntag aber ist etwas seltsames passiert.

Nachdem ich an den Tagen zuvor zahlreiche „Wo-guckt-du-das-Spiel-Anfragen“ abgewehrt hatte, hatte ich am Sonntag um 17.00 Uhr beschlossen, mich in meinem weißen HSV-Trikot vor den Fernseher zu setzen. Hinten auf dem Teil steht „van Nistelrooy“, verziert mit einem Original-Autogramm des Holländers. In all meinen Jahren als Fan habe ich noch nie im Trikot vor dem Fernseher gesessen, aber dieses Mal schien es angebracht.

Dabei wollte ich das Spiel gar nicht sehen, das hätten meine Nerven nicht mitgemacht. Ich schalte bei solchen Gelegenheiten auf den Videotext irgendeines Senders und leide 90 Minuten vor mich hin.

In der 14. Minute machte Pierre-Michel Lasogga das 1:0 und alles schien gut zuwerden. Das weiße van Nistelrooy-Trikot tat seine Arbeit.

Es muss wohl so um Minute 55 gewesen sein, da ging ich an meinen Kühlschrank, um mir etwas zu trinken zu holen. Ich öffnete die Tür und mir fiel eine Tüte mit Oliven entgegen. Ich versuche sie aufzufangen, bei dem Versuch öffnete sich das Teil und die Flüssigkeit lief über mein weißes Trikot. Naja, egal. Es stand 1:0. Ich beseitigte den Schaden in der Küche, zog das Trikot aus, ein T-shirt an und ging zurück zum Fernseher.

In dem Moment meldete der Videotext von RTL das 1:1 in Fürth. Unfassbar. Was aber tun ? Ich erinnerte mich daran, dass ich irgendwo noch ein blaues Trikot haben musste, eines, auf dem vorn nur „Hamburg“ steht, mit dem Wappen der Stadt drauf. Aber ich hatte keine Ahnung, wo das sein könnte. Ich rannte also in mein Schlafzimmer, wühlte in den Schränken herum und irgendwann fand ich es dann. Ujfalusi steht hinten drauf, er war der Kapitän der damaligen Mannschaft, als der HSV eine zeitlang keinen Tikotsponsor finden konnte.

In meinem blauen Trikot erlebte ich dann die letzten 25 Minuten und es klappte tatsächlich.

Unmittelbar nach Spielende begann es zu regnen und ich musste an Hermann Rieger denken.

Jubel kam in diesem Moment nicht auf, eher eine unglaubliche Leere. Ich bin weder auf den Knien über den Rasen gerutscht, noch habe ich irgendwelche Flaschen geöffnet. Ich war einfach nur total kaputt.

Da der Tag aber so skurril zu enden schien, dachte ich mir, ich könnte mir doch tatsächlich einmal Stammel-TV bei Matz Ab antun, schließlich war ich wie sediert, Macke war als Gast angekündigt und überhaupt.

Was dann dort abging, trieb mir zum wiederholten Mal den Zorn ins Gesicht. Da labert ein Scholz doch tatsächlich davon, dass im Grunde alle Verantwortlichen gehen müßten, sie würden nur noch von den Unterschriften unter ihren Verträgen gehalten.

Ja, verdammte Scheiße, wo wart ihr Labersäcke denn die letzten drei Jahre ?

Wo wart ihr alle, als dieser Vorstand, unterstützt vom Rat der Ahnungslosen den Verein dahin geführt hat, wo er heute steht ? Warum habt ihr in den zahllosen Interviews mit Ertel, Hunke, Jarchow und Co. nicht einmal die richtigen Fragen gestellt, sondern Hofberichterstattung betrieben ? Wie kann es sein, dass ihr jetzt, nach Saison-Ende einen Oliver Kreuzer in Frage stellt, den ihr neulich noch als Gottes Geschenk an den HSV gepriesen habt ?

Jetzt, am Ende der Geschichte, jetzt stellt ihr euch hin und versucht euch als kritische und investigative Journalisten zu positionieren, die es ja schon immer gewußt haben. Es ist so unfassbar lächerlich.

Jetzt plötzlich kommt ihr mit solchen Artikeln ? Wo waren die in den letzten 3 Jahren ?

http://www.mobil.abendblatt.de/sport/fussball/hsv/article128146929/Trotz-Rettung-Der-HSV-Vorstand-ist-gescheitert.html

 

Ihr, werte Schmierlappen, ihr seid ein Hauptbestandteil des Problems. Außer Daniel Jovanov und mir (Britta Kehrhahn nehme ich mal raus) hat niemand die Eier gehabt, die Mißstände direkt anzusprechen. Aber heute stellt ihr euch hin und spielt die Scharfrichter für die Personen, die ihr noch vor 2 Wochen bedingungslos unterstützt habt. Ihr seid eine Schande für euren Berufsstand und für diesen Verein.

Heute nun hat die „Allianz des Schreckens“ zur Sensations-PK geladen. Lustigerweise wurde von den Herrn Hunke, Ferslev und Konsorten sogar hier selektiert und zensiert, denn einige Berichterstatter sind gar nicht geladen worden.

Liebe HSV-Fans, liebe Mitglieder. Gestern waren fast 20.000 Fans in der Nordkurve zum Public viewing. Mindestes die Hälfte MUSS am nächsten Sonntag erneut erscheinen, damit dieser Schrecken endlich ein Ende hat. Passiert das nicht, werden wir uns an Spielzeiten wie die abgelaufene gewöhnen müssen.

Für mich übrigens die Szene des Tages. Nach Abpfiff rannte Lasogga zum Trainer, um mit ihm zu feiern. Auf dem Weg dahin wurde ein Hindernis aus dem Weg geräumt, welches offensichtlich in den Augen des Spielers in diesem Moment dort nichts zu suchen hatte.

Lasogga wird schon seinen Grund gehabt haben, ein Vorstandsmitglied derart wegzureißen.

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