Nein, ich kenne Herrn Kühne nicht persönlich und nein, ich habe noch nie mit Herrn Kühne geredet. Das hat zwei ganz plausible Gründe. Erstens redet ein Klaus-Michael Kühne nicht mit ranzigen Zwergen wie mir und zweitens redet ein Klaus-Michael Kühne nur aus zwei weiteren Gründen: Weil er es will und weil er es kann!

Männer wie Klaus-Michael Kühne leben ihre Unberechenbarkeit und sie lieben ihre Unberechenbarkeit, sie verleiht ihnen diese machtvolle Aura. Sie können mit einem Blick dafür sorgen, dass hochbezahlte Angestellte vor Angst im Boden versinken wollen und mit einem Wort dafür sorgen, dass mühsam aufgebaute Karrieren binnen sekundenfrist zerstäubt werden. Sie wissen das und sie leben das.

Wer tatsächlich glaubt, dass ein Mann wie Klaus-Michael Kühne auf einen Interview-Wunsch reagiert, der glaubt auch weiterhin, dass Zitronenfalter Zitronen falten. Kühne bittet auch nicht um ein Interview, Kühne lässt bitten. Sollte es einer der wenigen Auserwählten wagen, einen Audienz-Termin mit einem Mann wie Klaus-Michael Kühne zu verweigern oder zu ignorieren, so kann dieser Unglückliche getrost davon ausgehen, dass er Herrn Kühne in diesem Leben nicht mehr vor ein Mikrophon bekommt. Männer wie Kühne vergessen nicht und sollten sie es doch tun, haben sie unter Garantie jemanden, den sie dafür bezahlen, dass er nicht vergisst.

Männer wie Klaus-Michael-Kühne sind von frühester Kindheit umringt von Heuchlern, Speichelleckern und Hofschranzen, die verzweifelt hoffen, dass ein Stück vom riesengroßen Kuchen auch für sie abfällt. Wer hat noch nicht davon geträumt, dass ein vermenschlichter Milliardär in sein Leben tritt und einen von allen Sorgen befreit, in dem er einem großzügig einen winzigen Teil seines unfassbaren Vermögens überläßt, was für den Gönner lediglich ein müdes Grinsen bedeuten würde?

Er merkt das doch nicht mal und ich wäre aller Sorgen ledig

Das Problem ist nur: Von solchen Denkern gib es Millionen und Männer wie Klaus-Michael Kühne wissen das. Fast alle von ihnen sind in einem surrealen Umfeld aufgewachsen und fast allen wurde von frühester Kindheit an beigebracht, dass sie etwas Besonderes, etwas Besseres sind. Einige haben die Firmen, vielleicht sogar die Imperien, die ihnen vom Vater anvertraut wurden, verprasst oder verspielt. Diejenigen jedoch, die gelernt hatten, haben das ihnen Anvertraute vergrößert und der Familie Ehre gemacht.

Klaus-Michael Kühne gehört garantiert zur „Trainingsgruppe1“, denn er hat ein Imperium geschaffen. Er beschäftigt (oder hat beschäftigt) Zigtausende von Mitarbeiter und es ist überliefert, dass er seine leitende Angestellten dazu angehalten hat (nett formuliert, tatsächlich ist es eine dienstliche Anweisung, die einem Befehl gleicht), auf Dienstreisen Firmenpost zu befördern, um Portokosten zu sparen. Was auf den ersten Blick eventuell spleenig klingen mag, ist aber vielmehr das Geheimnis des Erfolges.

Männer wie Klaus-Michael Kühne sind so reich und mächtig geworden, wie sie sind, weil sie eben nicht spleening und verschroben sind, sondern weil sie kein Geld und keine Zeit verschwenden. Kühne will in Hamburg kein Hotel bauen, weil er es irgendwie witzig findet, in Hamburg ein Hotel zu bauen. Kühne will mit dem Hotel Geld verdienen, Punkt.

Kühne will auch nicht sinnlos Geld in einen Fußball-Verein investieren, damit dieser Verein irgendwann einmal, wenn er selbst möglicherweise längst ein Opfer der Würmer geworden ist, um das Halbfinale der Europa League mitspielen kann.

Klaus-Michael Kühne ist ein Mensch, der sich alles leisten kann, was er möchte und noch mehr. Für Männer wie ihn gelten größtenteils nicht einmal Gesetze in einem Ausmaß, wie sie für Lischen und Thomas Müller gelten. Er hat nichts zu befürchten, außer dem, was wir alle befürchten müssen, aber darüberhinaus gehen Sorgen, Ängste und Nöte, die andere Menschen tagtäglich empfinden, Menschen wie Kühne sonstwo vorbei.

Was also treibt einen Mann mit seiner Machtfülle an, der 77 Jahre alt ist und keine Erben besitzt? Welche Ziele kann ein Mann haben, der 97% seines Lebens hinter sich hat und alles gehabt und erreicht hat, was man haben und erreichen kann?

Es muss etwas sein, was man nicht kaufen kann. Es muss etwas sein, was man sich auf anderem Weg erwerben muss und wo Geld vorrangig keine Rolle zu spielen scheint. Dabei ist ein Engagement beim HSV vielleicht nett, aber es dient mehr als Mittel zum Zweck.

Die Hansestadt Hamburg nennt zur Zeit exakt 35 Menschen „Ehrenbürger der Stadt Hamburg“.  Zu ihnen gehören Männer wie Fürst Otto von Bismarck, Johannes Brahms, Paul von Hindenburg, Max Brauer und Helmut Schmidt. Zu ihnen gehören aber auch Frauen wie Ida Ehre, Marion Gräfin Dönhoff und Loki Schmidt. Und zu ihnen gehört ein Mann wie Uwe Seeler, der kein Bürgermeister, kein Bundeskanzler, kein Komponist oder Dichter war. Seeler war nie etwas anderes als ein Fußballer und hat es über den HSV geschafft, zur Ehrenbürger-Würde der Stadt Hamburg zu gelangen.

Mit einem Engagement beim HSV verschafft sich Kühne im Grunde nur zwei Dinge:

Ärger und finanziellen Verlust.  

Wie wenig man auf die Dankbarkeit von Fußball-Fans zählen kann, dürfte Kühne in den letzten Tagen aufgefallen sein. Ihm, der den Verein mit Zig-Millionen unterstützt und wenig bis nichts dafür bekommen hat, schlägt eine Welle des Unverständnisses entgegen. Für ihn absolut unverständlich, denn in seinem eigenen Mirko-Kosmos hat er nichts falsch gemacht. Kühne hat nur das gemacht, was er sein ganzes Leben gemacht hat, er hat das gesagt, was er denkt. Und dass der das kann, weiß er, weil er keinerlei Konsequenzen zu befüchten hat.

Auf die Meinungen anderer Menschen legt ein Mann wie Klaus-Michael Kühne ungefähr soviel Wert wie ich auf Fußpilz. Man kann ihn nicht unter Druck setzen oder erpressen, denn wenn einer unter Druck setzt, dann ist es jemand wie Kühne. Mit anderen Worten: Niemand kann ihm was und er weißt das.

Solche Menschen sind in Filmen vielleicht unterhaltsam, im realen Leben sind sie aber vor allem erstmal eines, nämlich nicht steuerbar. Nicht steuerbar von einem Verein, von einem Aufsichtsrat und auch nicht steuerbar von einem Karl Gernandt, einem Mann, dem Kühne übermorgen seine Zuneigung entziehen könnte, was Gernandt natürlich weiß. Und dann wäre es eventuell erstmal vorbei mit dem Monstergehalt, dem AUDI A8 in Langversion und Chaffeur und den anderen Annehmlichkeiten.

Klaus-Michael Kühne wird auch weiterhin machen, was er allein für richtig hält und er wird auch in Zukunft zu absoluten Unzeiten Interviews geben, wenn er meint, irgendetwas sagen zu müssen. Ob das dann Herr Gernandt, Herr Beiersdorfer und Donald Duck für zielführend halten, ist Herrn Kühne so unwichtig wie nichts Zweites.

Die auserwählten Medien, die zum Zwecke eines Gesprächs eine Audienz erhalten, werden dies mit großer Freude annehmen, eben weil garantiert ist, dass Kühne – als Privatperson natürlich – immer für mindestens 3 Kracher gut ist. Als Journalist kann und darf man sich das nicht entgehen lassen und jemand, der etwas anderes glaubt, sollte seine Kinder nach der Existenz des Weihnachtsmanns befragen.

Der HSV hat ein Problem und dieses Problem hatte der HSV bereits weit vor dem 25.05.2014. Der HSV hat sich in eine absolut Abhängigkeit eines Mannes begeben, der von keiner Person auf der Welt, außer vielleicht von Frau Kühne, gesteuert werden kann. Kühne hat bereits mehrere Millionen im HSV, Kühne hatte angeboten, für die Lizenz zu bürgen. Wenn Kühne morgen den Stecker zieht, steht sowohl der alte wie auch der neue HSV vor einem Riesenproblem. Kühne weiß das.

Klaus-Michael Kühne wird auch nie ein sogenannter strategischer Partner werden, denn egal, wie man es nennt und unter welchem Namen Kühne Anteile am HSV erwerben wird (Kühne&Nagel, Klaus-Michael Kühne Stiftung), wo Kühne draufsteht, ist Klaus Michael drin. Und wie KlauMi gestrickt ist, haben wir gerade gelernt.

Um mittel- und langfristig Ruhe in den Karton zu bekommen, bleibt dem HSV eigentlich nur eine Chance:

Man holt sich einen tatsächlichen strategischen Partner ins Boot (adidas, Telekom oder ähnliches), bedankt sich bei Kühne und zahlt Klaus-Michael aus. Nur – wer sollte das beschließen ? Ein Aufsichtsrat, der von einem Mann angeführt wird, der direkt am Kühne-Tropf hängt? Der seine eigene Existenz mit einem solchen Beschluss gefährden würde?

So richtig, wie die Strukturreform war, weil sie alternativlos war. So richtig und ehrenvoll die Absichten der Initiatoren von HSVPLUS waren, weil sie im Interesse des HSV und nicht im eigenen Interesse gehandelt haben. So falsch kommt mir jeden Tag mehr die Personal-Entscheidung vor, die den Adlatus eines Cäsaren an die Schaltzentrale des Vereins befördert hat.

P.S. Man könnte die Frage stellen, warum ich meinte, so viel über Menschen wie Klaus-Michael Kühne zu wissen. Ich habe fast 8 Jahre für einen Mann gearbeitet, der aus dem gleichen Regal kommt, der mit Sicherheit ebenso reich und ebenso mächtig ist, wie Kühne. Ich habe diesen Mann selbst erlebt und ich habe Hunderte von Stories über diesen Mann im Unternehmen gehört. Und sind auch nicht alle Milliardäre gleich, aber ähnlich sind ihre Verhaltensweise, ihre Ansichten über Macht und Druck, ihre Forderungen an Mitarbeiter, die sind mit einem Stirnrunzeln vernichten könnten.