Vor einigen Tagen postete ich auf Facebook die Frage, was wohl passiert wäre, wenn der HSV am 18.05.2014 um 18.45 Uhr noch das durchaus mögliche 2:1 in Fürth kassiert hätte und entsprechend am gestrigen Samstag sein erstes Spiel in der 2. Liga in Bochum hätte bestreiten müssen, das erste Zweitligaspiel in seiner gesamten Vereinshistorie.

Diese Frage war nicht etwa provokativ gemeint, auch nicht zurückblickend oder etwa negativ behaftet. Ich habe diese Frage absichtlich gestellt, um zwei Dinge zu erfahren.

Erstens: Wie gehen die HSV-Fans heute, knapp 2 1/2 Monate nach der Beinahe-Katastrophe mit dem Ereignis um? Sind die Erinnerungen an die qualvolle Saison 2013/14 bereits verblasst? Wie empfinden die HSVer diese Gnade des Nichtabstiegs heute, denn etwas anderes ist es damals im Mai nicht gwesen, mit Leistung hatte es jedenfalls nichts zu tun.

Zweitens: Was ist auch der angedachten Demut geworden? Was ist aus den damals vielerorts geäußerten Bekenntnissen geworden, die besagten, dass man sich seiner tatsächlichen Rolle in der Bundesliga nun endgültig bewußt sei. Dass man sich darüber im Klaren sei, dass man eben doch nur ein „normaler“ Verein sei, dem exakt das passieren könnte, was allen anderen eben auch passieren kann. Dass man in Zukunft demütigen und dankbarer mit der Situation umgehen wollte, dass man in Hamburg einen Verein in der ersten Bundesliga hat. Im Gegensatz zu Düsseldorf (7), Essen (9), Dresden (11), Leipzig (12) und Nürnberg (14). Die Zahlen beschreiben die Platzierung der jeweiligen Stadt in der Liste der größten Städte Deutschlands.

In der Bundesliga spielen aktuell die Nummern 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8, 10, 13, 22, 23, 25, 26, 34,39, 46, 55 und 59. Städte wie Duisburg (15), Bochum (16), Bielefeld (18) oder Karlsruhe (21) haben keinen Bundesligisten in ihre Stadt.

Einige Antworten,die mich via Facebook erreicht haben, möchte ich an dieser Stelle kurz in Auszügen übermitteln.

Hätte der Hund nicht geschissen,hätte er einen Hasen gehabt. Mehr sage ich dazu nicht.

Ich finde, man sollte nach vorne schauen und mit dem ewigen „was wäre wenn“ aufhören

HSVplus hätte dann 96% bekommen

Den scheiß interessiert kein wir hatten das gute ende und nicht hätte hätte Fahrradkette.

Ist doch jetzt völlig egal, was „wenn“ gewesen wäre! Will ich auch nicht drüber nachdenken! Es ist so, wie es jetzt ist!!! Und das ist gut so!!! Mich hat die letzten Saison Nerven ohne Ende gekosten, weil mein kleiner Sohn so gezittert hat… Also: hätt der Hund nich scheten, hätt er n Hasen kricht! Egal was hätte, würde, wenn!!!!

 

Aber auch…

Kein wirklicher HSV Fan wird diese Tage, Stunden, Minuten bis zur letzten Sekunde je vergessen. Was da in einem passiert ist, ist nicht mehr aus dem Kopf zu löschen !!!

Ich bin momentan einfach nur dankbar für Beiersdorfer, Peters, Knäbel (so er denn kommt), den neuen AR und die Neuverpflichtungen, die bereits getätigt wurden und für die, die es noch werden.

Man erkennt, dass die Ansichten durchaus geteilt sind. Bei den Einen herrscht so etwas wie Verdrängung vor. „Abhaken, hat es nicht gegeben“. Die Anderen sind sich der Dramaturgie durchaus bewußt und es hat den Anschein, als konnte sich zumindest ein Teil der HSV-Fans die dringend notwendige Demut bewahren.

Warum ich mir diese Frage stelle? Nun – nicht vor allzu langer Zeit mussten sich die HSVer damit auseinandersetzen, dass sie zwei Dinge hatten:

1. Eine nicht wettbewerbstaugliche Mannschaft

2. Mehr als € 100 Mio. Verbindlichkeiten und Handlungsunfähigkeit, was eine Verstärkung der Truppe bedeutet

Lustigerweise haben viele die Gruselauftritte der Mannschaft in der letzten Saison bereits erfolgreich verdrängt und sind der Meinung, wenn man nur ein wenig härter trainieren würde, bringt dies quasi automartisch einen Sprung in der Tabelle um mindestens 5 Plätze. Als würden die anderen Verein das Trainieren plötzlich einstellen und sich nicht weiterentwickeln.

Dann waren sich eigentlich alle darüber einig, dass man – auch was das spielende Personal betrifft – in der nächsten Zukunft kleinere Brötchen backen müsse. Man blickte voller Neid nach Mainz, Freiburg und Augsburg, wo mit einem Bruchteil des Hamburger Etats und mit nahezu unbekannten Spielern ganz andere Leistungen erbracht.

Nun werden in Hamburg solche Namen gespielt. Ostrzolek, Stieber etc. und auf der Stelle geht die Diskussion darüber los, ob diese Spieler nicht eine Nummer zu klein für den „großen HSV“ wären. Selbst ein Nicolai Müller, nebenbei A-Nationalspieler könne es doch nicht sein, oder?

Es wird die Frage gestellt, ob uns ein Felipe Santana, der bisher für Dortmund und Schalke Champions League spielte, tatsächlich helfen könnte. Wahnsinn.

Mal unabhängig von Gehältern und Perspektiven – ich bewundere jeden Spieler mit hoffnungsvollen Zukunftsaussichten, der sich in der heutigen Zeit zum HSV bekennt und von einem gut geführten Club nach Hamburg wechselt.

Und ich bewundere diejenigen, die in der Lage sind, die Realtiäten auszublenden und schneller zu vergessen, als ich „Relegation“ sagen kann.

Schönen Sonntag