Was macht man als Verantwortlicher mit einer Mannschaft, die in der vorherigen Saison mit 27 Punkte aus 34 Spielen im Grunde hätte absteigen müssen und die dem Abstieg nur mit extrem viel Glück und wenig Geschick entronnen ist?

Richtig – man verändert sie. Man muss sie verändern, damit einem das Schicksal nicht ein zweites Mal helfen muss. Wie aber verändert man eine Mannschaft, wenn man kein Geld, sondern Schulden/Verbindlichkeiten ohne Ende hat und wenn tatsächlich nicht ein Verein daherzukommen scheint, bei dem eine Begehrlichkeit existiert, den einen oder anderen Spieler mit einem Vertrag bis 2015 erwerben zu wollen?

Vor diesem Dilemma steht der Hamburger Sport Verein und damit Vorstandsboss Dietmar Beiersdorfer in diesem Jahr. Was soll er tun?

Von den Banken gibt es bei über € 100 Mio Verbindlichkeiten kein Geld zu erträglichen Konditionen mehr.

Kein Verein will einen unserer Spieler und wenn einer will, dann will der Spieler ob seines herrlichen HSV-Vertrages nicht, denn dafür haben die Herren Jarchow und Kreuzer gesorgt. Der HSV ist der Selbstbedienungsladen der Bundesliga, wer will nochmal, wer hat nocht nicht?

Wer in den heutigen Zeiten für einen HSV-Spieler Geld bietet, muss doch wohl mit dem Klammerbeutel gepudert sein. Wenn man einen Sala, einen Nörgaard, einen Aogo sozusagen für nass bekommt, wenn man einen Marcus Berg nach Griechenland holen kann und dafür noch Geld bekommt, wenn man beobachten kann, dass ein Paul Scharner € 500.000 dafür bekommt, dass er seine Karriere beendet – ja warum sollte man dann für einen Per Ciljan Skjelbred mehr als € 750.000 bezahlen wollen, wenn man Michael Preetz heißt?

Die Erfahrung hat doch gezeigt, dass es früher oder später klappt.

Gegen genau dieses Phänomen muss Beiersdorfer ansteuern, er muss den Verhandlungspartnern demonstrieren, dass man sich beim HSV eben nicht mehr für kleines Geld bzw. umsonst bedienen kann. Problem nur: Was gelernt ist, kann nicht innerhalb einer Transferperiode ausradiert werden.

Der Umkehrschluss ist im Übrigen genauso dramatisch. Bisher war der HSV auch gern bereit, für Spieler mit kurzen Restverträgen Mondpreise zu bezahlen, auch das spricht sich in der Branche rum. Warum zogen sich die Verhandlungen um Matthias Ostrzolek wohl so lange hin? Herr Reuter dachte, dass geht immer so weiter und warum sollte er der Erste sein, der diese Regel bricht?

Wie ist also der Stand der Dinge ? Unterdurchschnittliche Mannschaft, kein Geld, keine Angebote, zickige Verhandlungspartner.

Nächstes Problem: Wie überzeuge ich eigentlich einen Spieler mit Perspektive, heute zum HSV zu wechseln? Mag auch der eine oder andere Lustigkeits-Fan immer noch denken, dass es für einen Lizenzspieler eine Ehre sein müsste, für den „großen HSV“ spielen zu dürfen, so sieht die Realität anders aus. Spieler wollen zwei Dinge:

Geld und Perspektive!

Unabhängig vom Geld, welche Perspektive kann Beiersdorfer einem vom HSV umworbenen Spieler denn bieten? Bei der Beantwortung dieser Frage hat mir eine Aussage des Spielers Behrami geholfen, der sinngemäß erklärte: „Beiersdorfer hat mir gesagt, dass es die ersten 1 – 1 1/2 Jahre nicht lustig werden könnte, aber das etwas aufgebaut werden soll“.

Für mich ist dies Hinweis genug, dass wir in der Saison 2014/15 vor einer Übergangs-Saison stehen, die irgendwie, am besten relativ ruhig, überstanden werden soll. Nach dieser Saison laufen beim HSV 11, zum Teil hochdotierte Verträge aus. van der vaart (31) Jansen (28), Westermann (30), Arslan (23), Skjelbred (27), Badelj (25), Rudnevs (26), Drobny (34),  Rajkovic (25), Nafiu (20), Ilicevic (27).

In einem Kader, der aktuell mehr als € 40 Mio pro Saison an Gehalt kostet, vereinigen diese  elf Spieler irgendwas zwischen € 15 Mio und € 20 Mio auf sich, also nahezu die Hälfte.

Unabhängig von noch möglichen Verkäufen vor dieser Saison, halte ich zum jetzigen Zeitpunkt Vertragsverlängerungen für van der Vaart, Jansen, Westermann, Drobny, Skjelbred, Nafiu und  Ilicevic für absolut ausgeschlossen. Im Fall von Milan Badelj, Tolgay Arslan und Artjoms Rudnevs wird man wohl noch nachdenken und die nächste Saison abwarten, bei Boban Rajkovic muss man sehen, wie er sich nach seinem Kreuzbandriss macht.

Dies bedeutet, man (Beiersdorfer) bereits jetzt Gespräche für die Saison 2015/16 führen wird. Man wird beobachten, welche Verträge bei welchen Spielern dann auslaufen, man wird bereits Absprachen treffen. Der eigentlich Umbruch wird vor der Saison 2015/16 passieren, auch deshalb, weil man hofft, bis dahin den einen oder anderen strategischen Partner an Bord zu haben, was die finanzielle Flexibilität verbessern wird.

Ein Valon Behrami wurde bereits in dieser Saison verpflichtet, weil man ihn haben konnte und weil man ihn im nächsten Jahr nicht mehr hätte bekommen können. Er soll einer der erfahrenen Spieler werden, die die Ü30 Spieler, die den HSV nach dieser Saison verlassen werden, ersetzen soll.

Nicolai Müller und Matthias Ostrzolek wurden bereits jetzt geholt, weil sie zu vernünftigen Konditionen zu bekommen waren und in den nächsten Jahren das Gerüst der Mannschaft bilden sollen.

Jungs wie Gideon Jung, Matti Steinmann, Alexander Brunst, Jonathan Tah, Kerem Demirbay sind die Zukunft des Vereins.

Das Gleiche gilt übrigens meiner Meinung nach auch für Trainer Slomka und Slomka weiß das. Er trainert „auf Bewährung“, wobei diese Bewährung im Grunde nicht ganz fair ist. Kein Mensch weiß, was in den Köpfen der elf Spieler vor sich geht, deren Verträge nach dieser Saison auslaufen. Einige werden versuchen, sich für neue Vereine zu empfehlen, andere werden vielleicht resignieren.

Ich hoffe und erwarte eine für HSV-Verhältnisse ruhige Saison 2014/15 mit einem Tabellenplatz zwischen 9 und 14.

P.S Die Tipprunde lebt weiter. Wer mittippen möchte, sollte sich rechtzeitig registrieren.

http://www.kicktipp.de/hsvarena/?tid=6741270