Da haben wir ihn also, den Fehlstart. Was von den Einen befürchtet und von den Anderen erhofft wurde, ist tatsächlich eingetreten. Nach dem erzitterten Weiterkommen im Pokal gegen den Drittligisten aus Cottbus und dem vernünftigen, aber spielerisch dürftigen Remis beim Aufsteiger aus Köln, verpatzte der HSV seine Heimpremiere gegen den zweiten Aufsteiger aus Paderborn deutlich mit 0:3.

Jeder, der sich nun fragt, wie soetwas passieren kann, werfe ein Blick auf die gestrige Aufstellung, bei der bis auf  Valon Behrami aussschließlich Akteure am Werk waren, mit denen der Hamburger Sport-Verein in der letzten Saison mit 27 Punkten und 75 Gegentoren beinahe und im Grunde völlig zu Recht abgestiegen war.

Adler

Ein Torhüter mit dünnem Nervenkostüm, der die Tortur der letzen Saison offenkundig immer noch mit sich rumschleppt.

Diekmeier, Djourou, Westermann, Jansen.

Eine Viererkette, die bereits in der letzten Saison den Nachweis der Erstliga-Tauglichkeit schuldig blieb.

Badelj, Behrami

Eine hochtalentierte Doppel-6, die aufgrund der Spätverpflichtung und des Trainingsrückstandes von Valon Behrami noch gar nicht funktionieren kann, jedenfalls nicht im Bundesligabetrieb, bei dem es auf Kleinigkeiten ankommt.

Ilicevic, Arslan

Zwei Außenspieler. von denen einer (Arslan) gar keiner ist und bei denen der zweiten (Ilicevic) irgendwann in die Liste der größten Transferflops des Vereins aufgenommen wird.

van der Vaart

Ein Regisseur, der angeschlagen ins Spiel ging und vor der Halbzeit endgültig vom Feld musste.

Lasogga

Eine Sturmspitze mit Trainingsrückstand und ohne Spielpraxis, die darüberhinaus nicht gefüttert wird, aber von wem auch?

Wer jetzt gedacht hatte, dass dieser HSV plötzlich und wie von Zauberhand wettbewerbsfähig geworden wäre, weil er nach einer 8-wöchigen Vorbereitungszeit ungefähr soviel laufen könnte, wie der Gegner, der versteht es einfach nicht. Der HSV hat sich durch die verbesserte Fitness keinen Wettbewerbsvorteil erarbeitet, er hat lediglich auf einem Sektor Waffengleichheit geschaffen. Auf nahezu allen anderen Sektoren jedoch hinkt diese Mannschaft weiterhin hinterher und an dieser Stelle wird sich auch Trainer Mirko Slomka die Frage gefallen lassen müssen, ob er nur ein guter Konditionstrainer oder vielleicht doch ein Mann mit einem Spielkonzept ist.

Beim HSV hatte man gedacht, dass die vermeintliche individuelle Klasse eines jeden Spielers bei Verbesserung seiner physischen Fähigkeiten ausreichen würde, um die ersten beiden Spiele gegen die beiden Aufsteiger positiv zu gestalten. Anschließend und 4 bis 6 Punkte später könnte man dazu übergehen, die neuen Spieler sukzessive einzubauen, aber das hat sich nun erledigt.

Aber mal ehrlich, was haben eigentlich alle erwartet? Die gestrige Aufstellung habe ich bereits erwähnt und wenn man sie intensiver betrachtet, fällt auf, dass diese Mannschaft eigentlich nichts hat, was sie erstklassig machen würde.

Man hat in der Spitze den besten Torschützen der letzten Saison (13 Treffer) mit Pierre-Michel Lasogga, der nahezu die gesamte Vorbereitung wegen Knöchelverletzung ausfiel und im Moment vielleicht bei 50% seiner Leistungsfähigkeit ist.

Man hat den zweitbesten Torschützen, Hakan Calhanolgu (11 Treffer) verkaufen müssen und ihn gestern gegen Ivo Ilicevic (3 Treffer) ersetzt.

Man verlor den drittbesten Torschützen der Vorsaison, Rafael van der Vaart (7 Treffer) bereits vor der Halbzeit durch Verletzung.

Der nächste in der Reihe wäre Maxi Beister (5 Tore), dann kommen bereits Artjoms Rudnes (4) und Heiko Westermann (3).

Dies alles weiß die Mannschaft auch. Sie weiß, wer in der Truppe in der Lage ist, Tore zu erzielen und wer nicht und sie realisiert auch, welcher Spieler auf welchem Leistungsstand ist.  Wenn man dann gegen einen gut organisierten und eingespielten Gegner in Rückstand gerät, fällt bei einem Team, welches das Trauma der Vorsaison noch im Hinterkopf hat, das Konzept wie ein Kartenhaus zusammen. Die Angst geht um, die Verunsicherung wird von Minute zu Minute größer und selbst die Spieler, die im letzten Jahr noch nicht vor Ort waren, werden von der Unsicherheit ihrer Mitspieler angesteckt.

In diesem Moment tut auch die verbesserte Fitness nicht mehr allzuviel zur Sache, weil mit jedem Fehlpass und jeder mißlungenen Aktion die Beine noch schwerer werden.

Slomka sah „Schockierendes“

Nun ja, wenn Mirko Slomka derart schockiert vom Auftritt seiner Mannschaft war, sollte er sich selbst die Frage stellen, warum er nach einem halben Jahr in Hamburg und nach einer kompletten und 8-wöchigen!!! Vorbereitungszeit offenbar nicht in der Lage war, der Mannschaft, die er zur Verfügung hat, ein Konzept zu vermitteln, zu der eben diese Mannschaft in der Lage ist, es umzusetzen.

Schnelles Umschaltspiel, 10 Sekunden von Tor zu Tor, Offensivpressing. Alles gut und schön, aber dafür muss man auch die Spieler haben. Und hat man die Spieler nicht, sollte man zumindest in dieser Zeit in der Lage sein, wenn nicht einzelne Spieler, doch aber eine Mannschaft besser zu machen. Das Slomka das bisher nicht gelungen ist, sieht ein Blinder.

Betrachtet man die IST-Situation einmal knallhart, so könnte man zu dem Schluss kommen, dass sich seit dem Trainerwechsel von van Marwijk zu Slomka im Grunde nichts geändert hat und die „Ausrede“ mit der fehlenden Vorbereitung zieht nicht mehr.

Hinzu kommt – Slomka wirkt bereits jetzt angezählt. Seine Statements erscheinen dünnhäutig und teilweise weinerlich, obwohl er doch eigentlich durch die Zusammenarbeit mit Toennies (Schalke) und Kind (Hannover) durch diverse Stahlbäder gegangen sein müsste. Offenbar ist die „Tretmühle Hamburg“ aber immer noch ein anderer Schnack.

Apropos Schnack. Aktuell hat man den Eindruck, Vorstandsboss Beiersdorfer arbeite sich durch sämtliche Redaktionen der Republik. Abendblatt exklusiv, Bild Exklusiv, Mopo exklusiv, SKY ständig, HSV SChnack kurz, Abendblatt exklusiv, Sportal.de ein wenig, heute im NDR Sportclub. Man könnte denken, dass „Didi“ bis auf das aktuelle Sportstudio und den Big Brother-Container als Stargast in den letzten Wochen alles mitgenommen hätte, was senden kann. Scheinbar versucht man sich seitens des Vorstandes druch dieses Kreuzer-mäßige Verhalten den verlängerten Welpenschutz zu erkaufen, den sich der geschasste Ex-Sportchef über Monate aufgrund seiner Redseeligkeit erkaufen konnte. Aus Presse-Olli wird Presse-Didi. Hätte man jedoch die Causa Kreuzer genauer beobachtet, wäre einem aufgefallen, dass sich am Ende des Tages doch nichts ändert, die sogenannten „Mechanismen des Marktes“, von der Presse selbst formuliert, greifen immer, vielleicht ein wenig später.

Was also bleibt? Im Grunde hat Slomka bereits jetzt nur noch extrem wenig Pfeile im Köcher, die Hyänen wetzen bereits die Messer. Er wird gegen Hannover massiv umbauen müssen. Erstens, weil man (wie in der Überschrift erwähnt) Selbstvertrauen nicht trainieren, sondern erarbeiten und erpunkten muss. Slomka wird sich durch Spieler wie Cleber, Ostrzolek, Müller, Behrami, hoffentlich Holtby Selbstvertrauen in die Mannschaft einwechseln und Ängst (Westermann, Jansen, Ilicevic, Arslan) auswechseln müssen und wird dies massiv tun müssen. Ein oder zwei Veränderungen würde lediglich bewirken, dass sich die neuen Spieler von den Versagensängsten der restlichen 9 anstecken lassen würden, aber das Gegenteil muss der Fall sein. Neue, unverbrauchte Spieler müssen die Alten aufbauen und mitreißen. Passieren hierbei Fehler, werden sei garantiert leichter verziehen, als Fehler von Spielern, die nach der letzten Saison bereits jetzt keinen Kredit mehr bei den Fans haben.

Und: Slomka könnte (und muss) sich durch die Veränderungen in der Mannschaft Zeit erkaufen. Tut er das nicht und verliert der HSV auswärts in Hannover und anschließend gegen die Bayern, kann seine Uhr bereits abgelaufen sein.