Halb Hamburg, ach im Grunde 7/8 von Hamburg und ganz besonders die Sensationspresse, die sich von solchen Spekulationen ernährt, schreit seit Monaten nach Thomas Tuchel. Der Mainzer Wundertrainer, der sich aus welchen Gründen auch immer trotz bestehenden Vertrages eine einjährige Auszeit selbst verordnet hat, gilt nicht nur in der Hansestadt als der Mann, der alles zum Besseren wenden wird.

Aber warum eigentlich? Was macht diesen Mann eigentlich zum Heiland, dass ihn im Grunde weltweit fast jeder Verein als Übungsleiter verpflichten möchte? Kann man sich lediglich aufgrund eines Rulebraker-youtube-Videos zum Retter der Erde aufschwingen?

Denn – machen wir uns nichts vor. Thomas Tuchel ist 41 Jahre alt und hat im Profibereich bisher ausschließlich bei Mainz 05 gearbeitet, einem beschaulichen Städtchen ohne großen Pressedruck, obwohl natürlich das öffentlich-rechtliche Fernsehen vor Ort lauert.

Bevor Tuchel in Mainz unmittelbar vor Beginn der Saison 2009/10 zum Cheftrainer und Nachfolger von Jörn Andersen wurde, gewann er mit der U19 der Mainzer die deutsche Meisterschaft, damals war Tuchel 35 Jahre alt und der breiten Masse nahezu unbekannt.

Seither spielen die Mainzer unter Tuchel beständig in der Bundesliga, überzeugen mit einem klaren spielerischen Konzept ohne große Stars und erreichen Tabellenplätze, von denen der HSV in den letzten Jahren nur träumen konnte.

2009/10 – 9.

2010/11 – 5.

2011/12 – 13.

2012/13 – 13.

2013/14 – 7.

In dieser Zeit brachte Mainz 05 einige Akteure heraus, die zuvor nahezu unbekannt waren, die in Mainz jedoch den Durchbruch (auch dank Tuchel) schafften.

Bance (5 Mio), Hoogland (ablösefrei), Schürrle (8,5 Mio), Fuchs (3,8 Mio), Polanski (3 Mio), Allagui (1,6 Mio), Szalai (8 Mio), Kirchhoff (ablösefrei), Müller (4,5 Mio), Choupo-Moting (ablösefrei).

Allerdings sollte man auch bedenken, dass selbst in Mainz nicht mehr in Glasperlen bezahlt wird, der aktuelle Kader hat einen Marktwert von € 67,45 Mio (zum Vergleich – der HSV € 85,85 Mio). Der HSV befindet sich damit auf Rangplatz 9 der Bundesliga, die Mainzer auf Platz 12, ginge man ausschließlich nach dem Wert der Mannschaft.

Trotzdem – schaut man auf die tatsächlichen, messbaren Erfolge des Trainers Thomas Tuchel, so erklärt einem Transfermarkt.de: Keine Daten vorhanden.

http://www.transfermarkt.de/thomas-tuchel/erfolge/trainer/7471

Was also ist es, was Tuchel so einzigartig machen soll, was ihn von der Masse der Trainer unterscheidet? Ich nehme einmal an, dass 90% derer, die Herrn Tuchel in den Heldenstatus erheben möchten, nicht ein einziges Training unter ihm genießen durften, dafür aber seine zahlreichen HB-Männchen-Auftritte während und nach den Spielen, wenn etwas passiert, was ihm nicht in den Kram passt.

Kann es vielleicht sein, dass Tuchel vom Klopp-Effekt partizipiert? Ein nahezu unbekannter Spieler, ein eher durchschnittlicher Fußballer, steigt in den Olymp der Trainergilde auf. Dabei zeichnet er sich nicht nur durch erfolgreiche Arbeit, erkennbare Systeme und neue Ansätze in der Philosophie des Fussballs aus, sondern auch dadurch, dass er auf Befindlichkeiten von Presse-Vertretern keinerlei Rücksicht nimmt.  Hofft nicht doch jeder Fan und jeder Vereins-Verantwortliche mit Tuchel einen Klopp 2.0 zu verpflichten?

Aber, welche Garantien hätte man beispielsweise in Hamburg, wenn man mit Mirko Slomka den gefühlt 254. Trainer in den letzten 15 Jahren abfinden, Mainz eine Ablöse in den Hand und Tuchel eine schlecht zusammengestellte Truppe zur Verfügung stellen würde, mit der er keine Saisonvorbereitung absolviert hätte?

Richtig, man hätte keine. Natürlich könnte es klappen, aber nahezu ebenso groß ist die Chance, dass es nicht klappt. Und was dann? Verbrennt auch ein Thomas Tuchel in den medialen Fegefeuern Norddeutschlands, was bleibt dann noch? Wäre Tuchel nicht tatsächlich die aller – aller – allerletzte Patrone im Trainermagazin des HSV? Hofft außer Dieter Matz noch jemand darauf, dass man im Jahr 2015 mittels Gen-Manipulation einen Ernst Happel klonen kann?

Ich bin ganz ehrlich, ich mag Thomas Tuchel nicht. Ich kann seine arrogante Art nicht leiden, ich kann es schlecht vertragen, wenn er sich aufführt, als wäre er allein im Besitz des allumfassenden Wissens. Aber irgendwie ist ein Jürgen Klopp auch so, aber Klopp mag ich auch nicht. Ich mag bodenständige, bescheidene, nach innen wirkende Menschen, aber vielleicht braucht der HSV gerade diesen Typ Kotzteufel, der den Pfeifen von der Presse bei Bedarf einen vor den Koffer scheißt und dem es absolut Latte ist, was über ihn geschrieben wird.

Ach ja, Hollerbach mochte ich übrigens auch nicht, als er noch für St. Pauli und Kaiserslautern spielte. Als er aber im Trikot des HSV den Gegnern die Schienbeine polierte, fand ich ihn klasse. Ebenso scheiße fand ich Huub Stevens, als er Trainer auf Schalke, bei Hertha und in Köln war. Als Trainer des HSV fand ich ihn dann geil, weil er die Presseheinis immer so schön abgestraft hat (heute finde ich Stevens übrigens wieder scheiße)

Man sieht, alles eine Frage der Perspektive. Sobald Thomas Tuchel Trainer in Hamburg werden würde, wäre er „mein Mann“. Dann könnte er an der Seitenlinie das Rumpelstilzchen geben, in den Pressekonferenzen Stuß reden usw.

Aber, wie gesagt: Eine Garantie wird es nicht geben.

#Nachtsplitter

Laut Dietmar Beiersdorfer wird Lewis Holtby heute zum Medizincheck in Hamburg erwartet 

Sämtliche Informationen über diesen Deal hatte goal.com (Hassan Talib Haji, goal-Experte bei Schalke 04 und Daniel Jovanov, goal-Experte beim HSV) als Erster und exklusiv. Alle anderen Medien (inkl. Abendblatt) haben wieder einmal nichts anderes getan als abzuschreiben, eine heute leider gängige Methode, um Exklusivität zu simulieren.

http://www.goal.com/de/news/968/transfernews/2014/09/01/5074384/hsv-holtby-kommt-zum-medi-check?ICID=TP_HN_1

Milan Badelj ist in Florenz zum Medizincheck und wird danach für geschätze € 4 Mio nach Italien wechseln Ein Verlust, den ich persönlich sehr bedauere.

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/sportclub/Beiersdorfer-Nicht-verunsichern-lassen,sportclub6110.html

Jonathan Tah geht für ein Jahr (Leihe ohne Kaufoption) nach Düsseldorf

Derweil wartet Fußball-Deutschland immer noch auf die sagenhafte Aufklärung in Sachen de Vrij. Immer blöd, wenn man Scheiße baut und nicht dazu stehen will.

Und dann war da noch…

….der Mann mit dem astreinen Charakter:

Per Skjelbred hat im „Berliner Kurier“ gegen seine alten Kollegen verbal nachgetreten: „Der HSV hat 0:3 gegen Paderborn verloren. Mehr braucht man nicht zu sagen.“