Wer selbst einmal in einer Mannschaft irgendeinen Sport betrieben hat, der weiß, dass es etwas Schlimmeres als einen Verräter im Team nicht gibt. „Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas“ heißt ein geflügelter Sinnspruch und das Gleiche gilt für das, was innerhalb einer Mannschaftskabine besprochen wird. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz und wer dagegen verstößt, ist ein Geächteter.

Dabei ist die Spezies der Maulwürfe beim Hamburger Sport Verein beinahe schon traurige Gewohnheit, denn das aus der Kabine, aus Aufsichtsratssitzungen oder vergleichbaren Gremien Interna an die Presse gespielt werden, hat im Hamburg Tradition. Dies macht eine vertrauensvolle Arbeit innerhalb des Vereins nicht schwierig, es macht sie unmöglich. Mit wem möchte man als Mitarbeiter oder Spieler denn sprechen, wenn man nicht sicher sein kann, dass kritische Worte eventuell morgen im Boulevard zu bestaunen sind?

Und – hatte man in Hamburg gehofft, durch das Eliminieren des alten, schwatzhaften Aufsichtsrates, bei dem Teile so dreist waren, direkt aus der Sitzung an die Presse (oder den Mittelsmann) zu simsen, hätte man die Baustelle Talpidae (lt. für Maulwurf) für immer geschlossen, so muss man aktuell zur Kenntnis nehmen, dass der/die Spion/e eben auch in den Reihen der Spieler oder Trainer zu suchen sein werden.

Denn gesucht werden muss, das darf keine Frage sein. Wer vertrauliche Informationen aus Verein und noch schlimmer, Mannschaft, an die Presse spielt, ist ein Verräter und gehört gefeuert.

Was genau aber ist passiert? Zuerst war es die SportBild, die darüber berichten durfte, dass sich Teile der Führungsspieler „irritiert“ gezeigt hätten, nachdem Trainer Slomka Herrn Lasogga zweimal die gleiche Frage gestellt hatte („Konntest du nicht entgegenkommen?“) Unzweifelhaft dürfte sein, dass man als Trainer eine solche Frage stellen darf, verbrecherisch ist jedoch, dass dies nach außen gelangt.

Dann wusste der Kollege Lars Wallrodt von der Welt darüber zu berichten, dass sich sowohl Teile der Mannschaft, aber auch die Vereinsspitze über ein Slomka-Interview echauffiert hatten.

Nach der Niederlage gegen Paderborn hatte Slomka der „Bild“ ein krachendes Interview gegeben, in dem er seine Spieler harsch kritisierte, darunter auch Torwart René Adler. Das Interview, das Slomka gegeben hat, ohne die Presseabteilung des Vereins zu informieren, soll weder in der Mannschaft noch in der Vereinsspitze gut angekommen sein. (Die Welt vom 14.09.2014)

Als vorläufig letzten Höhepunkt der neuerlichen Maulwurfs-Affäre muss die Information gewertet werden, die heute in Form der Mannschaftsaufstellung direkt nach der Teambesprechung an die Mopo geliefert wurde. Dies ist keine Erfindung der Morgenpost, diesen Anruf gab es wirklich.

Wenn also gegen 14.30 Uhr diese Information an die Hamburger Tageszeitung gespielt wird (welche dies natürlich sofort verarbeitet) und ein Hanoveraner dies liest, ist der Tatbestand des Geheinmisverrats erfüllt, ein unglaublicher Vorgang.

Was aber hat ein Maulwurf/Informant/Spion/Verräter davon, wenn er Insider-Informationen an die Presse spielt? Nun, zuerst einmal erkauft man sich als Spieler eine gute Presse. Man wird als Informant natürlich besser bewertet, nicht so schnell kritisiert, man hat seine Ruhe. Andererseits spielt man ein gefährliches Spiel, denn wenn man enttarnt wird, hat man in der Branche nur noch wenig Freunde.

Der HSV ist gut beraten, wenn er den/die Maulwurf/Maulwürfe so schnell als möglich enttarnt und mit aller Härte bestraft, denn für diese Art des Vertrauensbruchs gibt es keine Entschuldigung. Solange der Herr oder die Herren noch am Werk ist/sind, wird nicht nur in der Kabine eine Atmosphäre des gegenseitigen Mißtrauens herrschen und das ist garantiert alles andere als leistungsfördernd.

Ein Wort noch zu Jürgen Hunke’s Auftritt gestern bei SKY90, der Fußball-Debatte. Auch, wenn es einigen vielleicht nicht gefallen wird, Hunke sprach viel Wahres aus. Er verzichtete entgegen der Befürchtungen auf Nachtritte und er sagte etwas ganz Entscheidendes bzgl der Pressesprecher-Tätigkeiten des Herrn Gernandt.

„Wenn sich der alte Aufsichtsrat in dieser Form ins Tagesgeschäft eingemischt hätte und ständig zu Personalien (Slomka) Stellung bezogen hätte, hätten wir pausenlos Prügel bezogen“ (sinngemäß)

Das, was der Aufsichtsratsvorsitzende und verlängerte Arm von Klaus-Michael Kühne in den ersten Wochen seiner Herrschaft abzieht, ist genau das, was der Verein nicht gebrauchen kann und wovor die HSVPLUS-Kritiker gewarnt hatte. Offenbar zu recht.

Aufsichtsrats-Vorsitzender Karl Gernandt am Abend zu BILD: „Wir werden nicht in Hektik verfallen, sondern uns in aller Ruhe hinsetzen, alles analysieren und den enttäuschenden Saison-Start besprechen.“

Aufsichtsrat-Chef Karl Gernandt bestätigte „Sky Sport News HD“, dass Slomka zu „120 Prozent“ gegen München und Gladbach auf der HSV-Bank sitzen werde. Einerseits stärkt Gernandt Slomka den Rücken, andererseits ist klar: Gehen die beiden Spiele schief, ist Slomka nicht mehr zu halten.