Neuer Aufsichtsrat, neuer Vorstand, neue Mannschaft – alte Verhaltensweisen. Jeder, der nach dem 25.05. voller Verzweiflung gehofft hatte, dass dieser HSV auf dem schnellen Weg in eine andere Zukunft ist, blieb auch gestern Abend wieder einmal mit einem Kopfschütteln zurück.

Gegen 21.41 Uhr vermeldeten SKY und BILD nachezu zeitgleich, dass man sich vom glücklosen Mirko Slomka getrennt hätte und hier beginnt der erste Akt der Peinlichkeiten. Hatte ich gestern noch über den „Spion, der sich liebte“ innerhalb der Mannschaft geschrieben, gibt es offentichtlich seinen Cousin irgendwo innerhalb des Aufsichtsrates oder Vorstandes immer noch. Für alle diejnigen, die seit Mai u.a. bei Facebook immer laut und gern propagieren wollten, dass „nichts mehr nach außen dringt“ und sich die „böse Presse etwas ausdenken müsse“ ein Fußtritt in die Fresse.

Denn eines sollten die Träumer endlich einmal realisieren: Die Presse muss sich überhaupt nichts ausdenken, sie wird nach wie vor beliefert. Und sie wird immer dann beliefert, wenn sich irgendeine Kanaille einen Vorteil erhofft, wenn er redet.

„Wir werden nicht in Panik verfallen, werden nicht handeln – das kann ich zu 120 Prozent sagen“.

Der Mann, der dies ohne Not nach dem verlorenen Spiel in Hannover zum Besten gab und der im weiteren Verlauf dieses Blogs ab sofort nur noch auf den Namen „120%-Kuddel“ hört, ist ein Teil des Problems und hier kommen wir zu Peinlichkeit Nr. 2. Mit seiner gegenüber SKY geäußerten Meinung engte er den Handlungsspielraum von Vorstandsboss Beiersdorfer hochgradig ein, der gestrige Befreiungsschlag Beiersdorfers wirkt nun noch grotesker, er wirkt wie ein Akt des Pimmelfechtens

. „Ich zeige jetzt mal, wer im operativen Geschäft die Entscheidungen fällt, selbst wenn sie zu diesem Zeitpunkt falsch sein mögen“

Und es soll doch jetzt bitte kein HSV+-Hooligan um die Ecke kommen und behaupten, dass die Presse den Trainer auf dem Gewissen hätte. Diesen Trainer hat, zumindest zu diesem Zeitpunkt, der Verein selbst auf dem Gewissen. In dem Moment, an dem Gönner-Simulant Kühne vor der Saison die Keule rausholte, in dem Moment, an dem sein Tribun „120%-Kuddel“ wiederholt nachlegte und zum Schluss von den Räten von Heesen und Nogly assistiert wurde, war Slomkas Schicksal beschlossen. Dass die Presse darüber berichtet, darf niemanden verwundern, weil eben das ihr Job ist.

Peinlichkeit Nr.3: Vorstand und Aufsichtsrat tagen an einem „geheimen“ Ort, hieß es. Am Arsch, geheimer Ort. Man tagte in der Zentrale von Kühne&Nagel in der Hafencity und als HSV-Fan muss man sich fragen: Geht’s eigentlich noch dümmer?

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Teile des Aufsichtsrats und Beiersdorfer am Nachmittag vor der Kühne-Zentrale (Foto: BILD)

Wie deutlich möchte man eigentlich noch demonstrieren, wer beim HSV am Ende des Tages die Entscheidungen fällt, egal, ob sich Beiersdorfer diesmal ein wenig aufgelehnt hat oder ob es so aussehen sollte, als hätte er sich aufgelehnt.

Aber wie geht’s nun weiter? Übergangsretter oder Dauerlösung? Hat man den Überflieger bereits gefunden oder ist man von der eigenen Dynamik überrascht worden?

Die Frage, dass man die Arbeit von Mirko Slomka hinterfragen müsse, stellt sich nicht, 12 Punkte aus saisonübergreifend 16 Spielen ist deutlich zuwenig. Der Zeitpunkt der Demission nach dem dritten!!!! Spieltag ist jedoch dummerhaft ohne Ende. Entweder, man hätte den Trainer in einem Abwasch mit dem alten Sportchef vor Saisonbeginn entsorgen müssen oder man hätte ihm die Chance geben müssen, mit den neuen Spielern eine schlagkräftige Truppe zu formen. So hat man alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte.

Heute steht der HSV wieder einmal so da, wie ihn Fußball-Deutschland kennt. Uneins, nicht vertrauenswürdig, ohne Trainer und ohne Punkte. Welcher Übungsleiter sich diesen Tretmühlenjob in Zukunft auch antun möchte, er tut mir bereits jetzt leid. Denn eines muss er wissen: Im Zweifelsfall hat er nicht nur die Medien als Gegner, er hat den „Feind“ im eigenen Haus. Dies und einige andere Dinge hat uns unser redseliger „120%-Kuddel“ eindrucksvoll demonstriert.

Aber – wer weiß? Vielleicht besitzt „Kuddel“ ja einen Trainerschein und macht den Job gleich selbst. Ganz offensichtlich ist der Mann ja der Meinung, dass er mehr vom Fußball versteht, als ein lizensierter Übungsleiter.