Neuer Trainer, neues Glück? Oder vielleicht sogar: Neuer Trainer, neue Spieler? Mitnichten. Soviel, wie viele glaubten (und erhofften) ändert Josef „Joe“ Zinnbauer dann doch nicht und er hat natürlich recht. Es bringt dem HSV in der aktuellen Situation (Tabellenplatz 18, noch kein Tor erzielt) überhaupt nichts, jetzt und zu diesem Zeitpunkt wahllos neue Spieler in die Startelf zu werfen, die Auftritte der Spieler Cigerzi und Götz beweisen wieder einmal, dass es eben doch einen Riesenunterschied macht, ob man in der 4. oder in der Bundesliga zu Werke geht.

Das Einzige, was dabei rauskommen würde, wenn Zinnbauer jetzt die halbe U23 in die Startelf befördern würde – er würde die jungen Spieler restlos verbrennen. Denn eines sollte jedem noch so radikalen „Heimtrainer“ bewusst sein: Es besteht ein himmelweiter Unterschied, ob man einen 18-Jährigen beim Stande von 3:1 in der 85 min. debütieren lässt oder ob der gleiche 18-Jährige die Wende in einer verfahrenen Situation einleiten soll.

So gesehen macht „Magic Joe“ genau das, was er machen muss, weil ihm im Grunde nichts anderes übrigbleibt, er setzt auf die bewährten Stammkräfte (Arslan, Westermann), anstatt auch auf diesen Postionen zu experimentieren. Denn – Zinnbauer sind die Hände gebunden, was man besonders im Offensivbereich erkennen kann.

Die Offensivreihe mit Stieber (links), Lasogga (mitte), Müller (rechts) und Holtby (hinter der Spitze) ist garantiert nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern sie ist dem Umstand geschuldet, dass die Alternativen fehlen. Natürlich könnte man einen Rudnevs für einen Lasogga bringen, aber was sollte dann passieren? Rudnevs ist ein schneller Konterstürmer, der immer dann stark war, wenn mit zwei nominellen Spitzen agiert wurde (Rudnevs, Son). Allein auf sich gestellt, ohne verwertbare Zuspiele, wird Artjoms Rudnevs im Zentrum ebenso verhungern, wie es zur Zeit ein Pierre-Michel Lasogga tut, der einen Großteil der Vorbereitung aufgrund einer Verletzung nicht mit machen konnte und sich die nötige Matchpraxis jetzt über Pflichtspiele holen muss. Eine Herausnahme von Lasogga wäre ebenso falsch, wie eine Herausnahme von Matthias Ostrzolek.

Aber eines kennt man in Hamburg zur Genüge – die Gewinner sind immer die Spieler, die gerade nicht gespielt haben. Wochenlang wird verlangt, dass man Jansen auf die Bank verbannen sollte, dann verletzt sich der Spieler und sobald er wieder halbwegs gerade gehen kann, kreischt die Gemeinde nach Jansen. Natürlich nur, um ihn nach dem nächsten (nicht gewonnenen) Spiel niedermachen zu können. Der Kreislauf des Lebens.

Die Frage, warum der HSV in den ersten Spielen nach vorn ausgesprochen harmlos agiert, ist eigentlich leicht zu erklären und sie beginnt relativ weit hinten.

Valon Behrami ist ein Bundesliga-Neuling und wie er selbst nach dem ersten Spiel erkannt hat, wird in der Bundesliga deutlich schneller gespielt, schneller gedacht und schneller umgeschaltet als in Italien. Punkt 1.

Tolgay Arslan ist und bleibt die Wundertüte des HSV. Eigentlich zu so gut wie allem fähig, ist er leider nicht in der Lage, die PS regelmäßig auf die Strasse zu bringen. Ein gutes Spiel wird zumeist von drei unterdurchschnittlichen abgelöst, wobei besonders seine Fehlerquote im Spiel nach vorn auffällt. Hier beginnt das Dilemma und es setzt sich nach vorn fort. Punkt 2.

Ich bin relativ sicher, dass Lewis Holtby nicht für die 10er-Position und als Backup für van der Vaart eingeplant war, sondern als spielbestimmender 6er neben Behrami. Durch van der Vaarts Verletzung ist er nun eine bzw. 1 ½ Positionen nach vorn gerutscht und hier fühlt er sich deutlich unwohler.Punkt 3.

Müller auf rechts hat im Grunde die gleichen Probleme, wie sie auch Lasogga in der Mitte hat. Er war längere Zeit verletzt und muss erst durch Spiele an seine Leistung herangeführt werden. Schade nur, dass der HSV diese Zeit eigentlich nicht hat. Punkt 4.

Zoltan Stieber auf Links wurde, auch aufgrund seiner körperlichen Defizite als Backup geholt und muss jetzt aufgrund der Verletzungen von Beister und Ilicevic in jedem Spiel ran, das kann nicht gehen, besonders in der Rückwärtsbewegung nicht, wenn der neue Ostrzolek, der noch genügend mit sich selbst zu tun hat, ständig allein steht. Punkt 5.

Man erkennt: Dieser HSV ist aktuell ein Flickenteppich und es braucht Zeit, bis daraus ein homogenes Team wird. So ganz allein ist der HSV mit diesem Problem allerdings nicht. Betrachtet man die Leistungen des z.Zt. wohl besten 9ers der Welt, Robert Lewandowski, so erkennt man, dass selbst ein absoluter Weltklassemann nicht einfach 1:1 in eine andere Mannschaft umgetopft werden und die gleichen Leistungen wie in Dortmund abrufen kann. Das Ganze dauert und es dauert eben auch bei den Ostrzoleks, Müllers, Behramis und Holtbys dieser Welt.

Geduld und langer Atem ist angesagt und garantiert keine ständige Veränderung der Startelf.