Nein, der HSV ist nicht verflucht, jedenfalls nicht von einer höheren Macht. Das Tor des Monats von Lucas Piazon gestern in der 90. min gehört zu den Dingen, die im Fußball passieren. Passieren sie dem Gegner, ist es eben Pech. Oder eigenes Unvermögen.  Denn sein wir doch mal ehrlich – der HSV war „besser“, aber was bedeutet „besser“? Ist „besser“, wenn man 65% Ballbesitz hat? Wenn man mehr intensive Läufe oder mehr Sprints als der Gegner verzeichnen kann? Ist das „besser“? Oder ist „besser“, wenn sich der Gegner im fremden Stadion hinten reinstellt und es dem Heimverein trotz dauerhaften Anrennen nicht gelingt, die Lücken zu finden? Ist das „besser“?

Tatsache ist, das HSV ist gestern läuferisch wieder einmal da angekommen, wo er angefangen hat (112,7 km). Das mag mit dem Spielverlauf zusammenhängen, aber es sind eben doch mehr als 10 km Laufstrecke weniger als im letzten Spiel, also ein Kilometer pro Feldspieler weniger. Das hat nichts mit Pech zu tun, das ist eine Tatsache.

„Hast du Scheiße am Fuß, hast du Scheiße am Fuß“

Wie in Stein gemeißelt stehen die Worte von Deutschlands Fußball-Philosoph Nr 1, Andres Brehme, da und sie werden immer dann bemüht, wenn sich ein Verein in einer Situation befindet, wo sich neben der eigenen Unfähigkeit auch noch das geradezu unvermeitliche Pech hinzugesellt.

Und trotzdem – dieser Verein ist nicht verflucht oder vielleicht doch? Dann aber hat sich der HSV selbst verflucht und er arbeitet an diesem Fluch jetzt schon so viele Jahre, dass sich das Resultat zwangsläufig irgendwann einstellen muss. Wer in der (jüngeren) Vergangenheit eine derartige Masse an Inkomeptenz in der Führungsetage verpflichtet, hat eben genau das verdient, was gerade passiert. Wer meint, sich einen Oliver Kreuzer als Sportchef leisten zu können, gehört eigentlich abgestiegen.

By the way, was der freundliche Presse-Olli gestern bei SKY90 ablieferte, schlug meiner Auffassung nach dem Fass den Boden aus. Patrick Wasserziehr konnte sein Glück kaum fassen, denn was sich während seiner Tätigkeit in Hamburg zeigte, manifestierte sich gestern live im TV erneut. Wirf dem Mann ein Stichwort hin und er labert sich (und den HSV) um Kopf und Kragen.

Wenn ich richtig informiert bin, hat der HSV diesem personifizierten Eigenfehler gestattet, Firmenwagen, Tankkarte, Handy behalten zu dürfen, es ist die Rede davon, dass der Verein das volle Gehalt bis Vertragsende zu zahlen hat. Normalerweise gehen solche Vereinbarungen mit einer Verschwiegenheits-Klausel einher und gegen diese hätte Kreuzer gestern massiv verstoßen.

http://www.transfermarkt.de/kreuzer-konnte-nichts-sagen-weil-wir-kuhne-deal-brauchten/view/news/174145

Wie ich aber meinen HSV und seine „Firmen-Kommunikation“ kenne, wird man erneut nicht reagieren, um bloß nicht noch mehr Staub aufzuwirbeln. Immer schön ducken, bloß nichts sagen. Auch dies ist ein Grund für die aktuelle Situation, die verzweifelte Passivität eines chronischen Verlierers.

Apropos Kommunikation. Am gestrigen Abend twitterte ich folgendes:

Es macht mich richtig fertig, dieses endlose Warten auf das nächste -Interview
Was ironisch gemeint war, ist leider bitterer Ernst. Denn die Frage ist nicht, ob Kühne ein Interview geben wird, sondern wann. Und eines haben die herrlichen „Kühne-Interviews“ gemein, sie gleichen im Grunde jedesmal einer Abrechnung. Mal ist es Kreuzer, dann ist es Slomka, vorher war es der alte Vorstand (das allerdings zurecht und trotzdem falsch).
Bleibt also die Frage: Wer ist KlauMi’s nächstes Opfer? Nimmt er sich vielleicht den Vorstandsvorsitzenden der Fußball AG vor? Kritisiert er dessen Entscheidung pro Zinnbauer und contra Magath? Performed vielleicht Bernard Peters im Sinne des greisen Milliardärs nicht schnell genug? Ist vielleicht Peter Knäbel, obwohl aus der Schweiz kommend, doch nicht der richtige „Direktor Profi-Fußball“? Niemand weiß nichts genaues und genau da liegt das Problem. Das nächste Interview wird kommen und dafür muss nicht ein Journalist bei Herrn Kühne anrufen. Kühne meldet sich selbst, wenn er (mal wieder) der Meinung ist, er müsse kritisch anmerken, was mit seinem Geld passiert.
Dabei ignoriert KlauMi, dass er dem Verein mit seinen Äußerungen nachhaltig Schaden zufügt, aber das scheint ihm egal zu sein, denn schließlich bezahlt er. Dass in Zukunft auch ein anderer strategischer Partner bezahlen könnte, wird mit jedem Kühne-Interview unwahscheinlicher und wäre man böse, könnte man dahinter eine Strategie vermuten. Keine anderen Götter neben mir?
Welches Unternehmen möchte schon im zweiten Glied stehen (und jeder andere Partner würde sich automatisch hinter Kühne einreihen müssen) und dafür Millionen bezahlen? Ich kann mir aktuell keinen vorstellen.
All dies, all die falschen Personal-Entscheidungen, die (nach wie vor) katastrophale Vereins-Kommunikation, dieses passive Abwarten, die permanente Einmischung von Außen – all das hat zu der sportlichen Situation geführt, wie wir sie jetzt sehen.
Aber vielleicht hat der HSV in der letzten Saison einfach nur sein Glück aufgebraucht und es passiert jetzt das, was eigentlich im Mai des Jahres hätte passieren müssen…