„Wir sind noch nicht soweit!“

Ehrlich, ich kann es nicht mehr hören.

Vor einigen Tagemn hatte ich, nachdem ich mich ca. 2 Monate lang um ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden des HSV, Dietmar Beiersdorfer, bemüht hatte, die Gelegenheit zu einer einstündigen Unterhaltung mit  Peter Knäbel, „Direktor Profi-Fußball“. Ich habe mich auf dieses Gespräch sehr gefreut, besonders deshalb, weil der große Vorsitzende selbst mittlerweile durch so gut wie jede Redaktion und jeden Sender dieses Planeten gehetzt wurde, ich glaube, im Sportstudio war er noch nicht. Der Erkenntnisgewinn aus einem Gespräch mit Beiersdorfer, den ich im Übrigen überaus sympathisch und kompetent finde, wäre also gen Null tendiert, insofern fand ich Knäbel zu diesem Zeitpunkt sogar besser.

Ich habe mich also vorbereitet. Ich habe recherchiert, weil ich mich in Gesprächen grundsätzlich nicht nur für das Thema als solches, sondern auch für die Person interessiere, mit der ich rede. Dann habe ich mir Fragen überlegt und ich möchte grundsätzlich Fragen stellen, die der Boulevard eben nicht stellt respektive stellen kann.

Ich wollte Fragen stellen, wie: „Wie hat sich das Berufsbild des Sportchefs ihrer Meinung nach in den letzten 30 Jahren verändert?“ oder „Wie gehen sie damit um, wenn Informationen aus der Kabine an die Medien geraten?“  Eben Fragen, von denen ich denke, dass die Antworten nicht nur mich sondern auch die Mitglieder und Fans interessieren könnten.

Nun kam es also zu diesem Termin, ich war pünktlich (bin ich grundsätzlich immer) und ich war vorbereitet. Auf dem Weg zu Herrn Knäbels Büro wurde mir dann mitgeteilt, dass ich mir darüber im Klaren sein sollte, dass ich das anstehende Gespräch keinesfalls als Interview würde deklarieren können und „exklusiv“ schon mal gar nicht. Auf die Frage, warum denn dies, wurde mir gesagt: „Wir sind noch nicht soweit“. Ach so. Auf den letzten 20 Metern habe ich mir dann die Frage gestellt, was ich denn eigentlich hier sollte, wenn ich gleich ein Gespräch führen könnte, über das ich aber nicht reden darf.

Nun denn, ich führte das Gespräch mit Herrn Knäbel trotzdem (natürlich nicht unter vier Augen, denn man weiß ja nie) und es war ein überaus nettes, offenes, sehr interessantes Gespräch, in dem der „Direktor Profi-Fußball“ offen und ehrlich Auskunft gab. Peter Knäbel ist ein intelligenter und überaus integrer Mann, keinesfalls ein Lautsprecher wie sein Vorgänger. Er weiß, wovon er redet und er kann seine Ideen vom Fußball auch exzellent verbal übermitteln.

Okay, da saß ich nun, nach diesem Gespräch. Ich habe ca. 49 Minuten Unterhaltung auf Band bzw. auf dem iPhone, aber ich darf es niemandem sagen (Beweis liegt vor). Ich hätte jetzt die Ohren hängen lassen können, die Aufzeichnung meinem Nachbarn vorspielen und mich in mein Schicksal fügen können, aber das bin nicht ich und deshalb schrieb ich am nächsten Tag eine Mail an Peter Knäbel, in der ich mich sowohl für das nette Gespräch bedankte, in der ich allerdings auch meine Irritation darüber zum Ausdruck brachte, dass ich ihm am Vortag eine Stunde seiner Zeit gestohlen hatte, dies aber nicht schreiben dürfe.

Im Laufe dieses Tages wurde mir dann von Seiten des Vereins (nicht vorn Herrn Knäbel!!!) übemittelt, dass man an der Fortführung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit mir nicht länger interessiert sei.

Nachdem sich meine Lachtränen getrocknet hatten, fragte ich mich dann doch, von welcher „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ an dieser Stelle die Rede sein sollte. Meinte der Entscheidungsträger etwa den Teil der „vertrauensvollen Zusammenarbeit“, als man mir eine Stadion-Akkreditierung zusagte, um die Zusage dann zurückzuziehen, nachdem einige Herren vom Abendblatt massiv interveniert hatten, nachdem sie davon Wind bekommen hatten? War das der Teil der „vertrauensvollen Zusammenarbeit“, der hier gemeint war?

Oder wurde vielmehr der Teil der „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ gemeint, als ich mich im Besitz zahlreicher Dokumente befand, die die Strategiepapiere was sowohl die Nachwuchsarbeit wie auch die taktische Zukunft von Bernhard Peters enhielten und ich diese Dokumente aus einem Blog entfernte, nachdem mich der Verein darum bat?

Ich habe diese Papiere nach wie vor und ich behalte mir das Recht vor, sie bei Bedarf erneut zu veröffentlichen. Genug ist genug und ich lasse mich immer nur einmal verarschen!

Während ich aber, naiv wie ich bin, darüber grübelte, warum denn der Verein „noch nicht soweit sei“ und warum man mich daran hinderte, ein Interview zu veröffentlichen, dass sowohl den HSV, wie auch Herrn Knäbel in bestem Licht abgebildet hätte, sah ich dies:

AbendblattAch so, jetzt wird ein Schuh draus. Der Verein ist noch nicht soweit, weil es nicht sein kann, dass ein kleiner Blogger ein Interview veröffentlicht, bevor es der Boulevard getan hat. Dabei geht es nicht darum, wer besser arbeitet, wer besser recherchiert, wer besser schreibt, wer die richtigen Leser erreicht, wer die interessanteren Fragen stellt usw. Es geht darum, wer die älteren Rechte hat und es geht darum, in wessen Klammergriff man sich befindet.

Was wäre passiert, wenn ich mein Interview „exklusiv“ vor dem Abendblatt-Geschreibsel veröffentlicht hätte.  Richtig, es hätte eine Reihe von unfreundlichen Anrufen gegeben, die größtensteils den Inhalt gehabt hätten:

„Was soll das denn jetzt? Seid ihr durchgeknallt? Das wird Konsequenzen haben!“

Exakt solche Anrufe möchte man sich beim HSV gern ersparen, dann bleibt man doch lieber in der direkten Abhängigkeit zu BILD, Abendblatt, mopo und Co.

Okay, aber dann soll man sich in Zukunft auch nicht mehr beschweren, wenn man von exakt den gleichen Herren wieder und wieder vorgeführt wird. Wenn diese Typen auch den nächsten Trainer, den nächsten Aufsichtsrat, den nächsten Sportchef aus seinem Amt schreiben, damit muss man dann halt leben.

Ich möchte an dieser Stelle ganz deutlich zum Ausdruck bringen, dass ich keinesfalls verbittert oder neidisch bin, ich bin schlicht erschüttert.

Ich habe in der Vergangenheit diverse Male darauf verzichtet, unschöne Informationen über den HSV zu veröffentlichen (alter Aufsichtsrat (Magath-Verhandlungen), Informationen über Geldbewegungen und eben die Peters-Papiere etc.), um dem Verein nicht zu schaden. Andererseits habe ich dem Verein auch nie einen Deal angeboten, wenn ich Informationen für mich behalten habe, ebenso habe ich nie versucht, den HSV zu erpressen.

Im Gegenteil, ich habe dem Verein angeboten, mich als Instrument dafür zu benutzen, den alten Medien zu verdeutlichen, wer in der Imtech-Arena die Hosen anhat, aber scheinbar ist das nicht gewollt. Tatsache ist nämlich, dass die „Medienstadt Hamburg“ für einen Verein wie den HSV nicht nur Nachteile hat, im Gegenteil. Aufgrund der medialen Vielfalt wäre man durchaus in der Lage, die „richtigen“ Medien für sich zu nutzen, um der Umklammerung durch die „falschen“ Medien zu entgehen, aber dazu bräuchte man eine Kommunikations-Strategie und die hat man nicht.

Im Zuge von HSVPLUS konnte man erkennen, was möglich ist, wann man sich im Besitz einer solchen Kommunikations-Strategie befindet, aber die Macher dieser Strategie wollte man beim HSV nicht mehr sehen, nachdem sich die Herren um Karl Gernandt mit Unterstützung von Herrn Hilke eingenistet hatten. Insofern ist dieses lächerliche „Wir sind noch nicht soweit“ an Lächerlichkeit nicht zu toppen, weil man in dieser kommunikativen Besetzung nie soweit sein wird. Man wird immer das alte Spiel mit den alten Gefährten spielen und die Fans werden sich immer wundern, warum sich nichts ändert.

Ich für meinen Teil habe jedenfalls eine Entscheidung getrofffen, ich werde mich dem nicht beugen. Ich werde in Zukunft die Geschichten, die mir vorliegen, die ich beweisen und belegen kann, veröffentlichen und ich werde auch auf „Wunsch des Vereins“ nichts mehr löschen, ob es dem Verein nun schadet oder nicht. Denn eines sollte jeder, der irgendwas von „Unruhe in den Verein bringen“ faselt, endlich begreifen: Die Unruhe schafft der Verein selbst und zwar schafft er sie dadurch, dass er sich selbst nicht zu ändern bereit ist. Die angeblich so hetzerischen Medien berichten nur das, was sie vom Verein bekommen. Vielleicht halten sie an der einen oder anderen Stelle man die Klappe, aber dafür fordern sie bei nächster Gelegenheit eine Gegenleistung.

Jemand, der eben keine Gegenleistung fordert, wird aber ganz offensichtlich vom Verein nicht ernstgenommen. Okay. So aber muss man festellen, dass sich der Würgegriff des Boulevards, in dem sich der HSV zum großen Bedauern der Fans befindet, ein selbstgewähltes Schicksal ist und seit 4 Tagen hält sich mein Bedauern darüber in überschaulichen Grenzen.

Mal gucken, was als Nächstes passiert. Ich jedenfalls werde nie wieder wegen einer Akkreditierung anfragen, weil ich keine Lust habe, neben Typen zu sitzen, die seit Jahren nichts mehr veröffentlicht haben (und die gibt es dort reichlich). Ich möchte auch nicht neben dem Sohn, dem Neffen oder der ostdeutschen Oma eines Journalisten sitzen, denn die werden jeden Spieltag vom Verein zugelassen. Als Blogger mit mehreren Zig-Tausend Lesern pro Woche hat man dort nichts verloren und das finde ich jetzt gut.

Aktuell liegen mir Informationen darüber vor, wie Verlängerungen von Sponsoren-Verträgen tatsächlich zustande kommen. Mal gucken, ob ich das nicht demnächst mal schreibe 😉

Der Verein selbst jedenfalls kann sich jeden weiteren Anruf bei mir sparen, denn Angst, dass ich vom HSV nichts mehr bekomme, habe ich schon lange nicht mehr. Bekommen habe ich noch nie etwas.

 P.S. Wer von euch schon mal beim Training war, kennt die örtlichen Gegebenheiten. Es gibt die Parkplätze, die Trainingsplätze etc. Der Weg vom den Trainingsplätzen zum nächsten Parkplatz ist bestensfalls 100 m lang, dort parken alle. Fans, Kiebitze, Journalisten.

Nur einer parkt dort nicht, der Chef-Reporter der BILD. Dieser fährt nämlich mit seinem Auto bis direkt an die Trainingsplätze heran und spart sich den Weg, den sich z.B. gestern die Herren Beiersdorfer, Knäbel und Peters machten.

Warum? Weil er es kann!