Liebe Leute,

auch, wenn Daniel Jovanov vor einigen Tagen in seinem beachtenswerden Gastblog

bereits ausführlich Stellung zu der Problematik bezogen hat, möchte ich heute erneut darauf eingehen.

Ab wann ist ein Artikel, eine Kolumne, ein Kommentar oder eben auch ein Blog eigentlich gut und ab wann ist er schlecht? Kann ein normaler User bzw. Leser eigentlich exakt beurteilen, ob das Gelesene stilistisch okay ist oder nicht (möchte ich ernsthaft bezweifeln, wenn ich sehe, wie sich vielerorts die Kommentare der Leser gestalten) oder ob einigermaßen sauber gearbeitet wurde?

Nein, das kann er nicht. Er kann lesen (bzw im TV gucken und im Radio hören) und dann kann er damit umgehen. Ob, in seiner eigenen Betrachtung, der Blog oder Artikel gut oder schlecht war, hängt am Ende nur von einer einzigen Sache ab: Ob ihm der Inhalt gefallen hat! Und genau hier beginnt das Problem. Warum ist ein Blog eigentlich schlecht, nur, weil mir nicht gefallen hat, wie der Autor einen Sachverhalt beurteilt? Und warum ist er gigantisch, wenn mir der Autor aus der Seele spricht und exakt das in Worte kleidet, was ich in meinem stillen Kämmerlein schon immer gedacht habe?

Macht es sich der Leser nicht eindeutig zu einfach, wenn er so urteilt? Weigert er sich nicht vielmehr, mit den eigenen Gedankengängen kritisch umzugehen und sich selbst zu überprüfen? Doch, das tut er und ich weiß auch, warum er das tut – es ist unbequem.

Wir haben uns alle zu vielen Themen ein Urteil gebildet und dieses Urteil steht. Wenn dann ein Medium das Thema aufgreift und anders beurteilt als man selbst, dann starten spontan zwei Prozesse:

1. Was für ein Scheiß-Artikel

2. Der Autor hat keine Ahnung.

Besonders bei Punkt 2 beginnt bei mir immer wieder das große Kopfschütteln, denn auch an dieser Stelle begeht der User einen entscheidenden Fehler: Er vergißt schlicht, woher er die Informationen bekommen hat, auf deren Grundlage er sich sein jetzt in Stein gemeißeltes Urteil gebildet hat. Richtig, von den genau den Quellen, die er jetzt zu verteufeln bereit ist. Mit anderen Worten: Die Katze beißt sich in den Schwanz.

Rxxxxxxxxxxx  sagt:

Positive Stimmung beim HSV und dann ein so kritischer (negativer) Blog…

da sehen wir mal wieder wo eines der Probleme liegt. Echt schade.

 

Bxxxxx  sagt:

Leider wieder ein typischer “Pegelow-Blog” mit den obligatorischen Seitenhieben auf Kühne und Gernand.
Das ist ja nicht mehr auszuhalten.

 

Sxxx sagt:

Man musste nur bis zur Anfeindung gegen Karl Gernandt lesen um sicher zu wissen, dass Lars das geschrieben hat.

 

Ich habe bewußt diese drei „Beiträge“ aus „Schmocks Einöde“ herangezogen, um zu verdeutlichen, was ich meine. Wie mit Sicherheit bekannt ist, bin ich gänzlich unverdächtig, wenn es darum geht, den Qualitätsblog zu loben, obwohl es auch hier gewaltige Qualitätsunterschiede gibt. So lese ich die Blogs von Lars Pegelow teilweise ganz gern, sie sind zwar größtenteils buchhalterisch und etwas blutleer, dafür bleibt er aber größtenteils bei der Sache, was man von den beiden anderen Autoren nicht behaupten kann.

Nun also diese Reaktionen seiner Leser, die deshalb so passierten, weil Pegelow vollkommen zu recht auf die nicht unkomplizierte Situation mit „Gernandt – Aufsichtsrat“ und „Gernandt – Kühne-Mitarbeiter“ hinwies. Diesen Konflikt gibt es, der ist da und keiner kann ihn ernsthaft leugen. Aber – du darfst es nicht schreiben, weil es Glaubenskrieger gibt, die sowas nicht lesen wollen.

Das hat nichts mit richtig oder falsch zu tun, sondern einfach damit, ob ich den Nerv der Leser getroffen habe oder eben nicht. Problem ist nur: Ein Journalist darf seinen Beruf nicht ausüben, um den Lesern zu gefallen und leider ist es in unserem Land häufig so, dass dem Leser die Wahrheit nicht gefällt. Deshalb ist der Artikel oder der Blog nicht gut oder schlecht, sondern er ist wahr.

Was aber passiert nun, wenn der Autor etwas geschrieben hat, was einem Teil der Leserschaft nicht ins Weltbild passt? Er wird angefeindet, beleidigt, ihm wird die Expertise abgesprochen, er hat keine Ahnung.

Keiner der Brüllfrösche denkt aber ernsthaft darüber nach, was passieren würde, wenn beispielsweise Funke Media morgen entscheidet, den Qualitätsblog zu schließen. Was machen dann besonders die Dauerbewohner mit ihrer Zeit? Wenn dann noch Daniel Jovanov beschließt, nicht mehr für goal.com zu arbeiten und ich meinen Blog dichtmache, was macht ihr dann? Wieder BILD und Mopo lesen und Leserbriefe verfassen?

Ein weiterer Punkt, an dem ich teils verzweifle und über den ich teilweise schallend lachen muss, ist, wenn die Leser meinen, sie wüßten mehr als der Autor. Besonders ausgeprägt ist diese Verhaltensweisen bei verstrahlten Stalkern aus Quickborn, radfahrenden Rentner und selbsternannten Ex-Stars, die in grauer Vorzeit die Landesliga Hessen unsicher gemacht haben. Wie unfassbar arrogant ist das bitte?

Die Journalisten wissen garantiert nicht alles und die Blogger auch nicht, aber sie wissen garantiert mehr als die Leser aus Barsbüttel, Berne und Bergamo.

Noch etwas. Oft und gern wird vom Schreiber verlangt, doch mal rechtzeitig auf Mißstände hinzuweisen und beizeiten „Ross und Reiter“ zu nennen. Tut man dies, setzt lustigerweise bei einem Teil der Leserschaft ein implantierter Reflex ein, der sich dann in Sätzen wie

„Bring doch keine Unruhe in den Verein…“

„Lass den Neuen doch erstmal Zeit…“

„Jetzt geht die Hetze schon wieder los…“

ausdrückt.

Ja, was denn nun? Soll man jetzt rechtzeitig hinweisen oder soll man lieber über das, was man weiß, schweigen? Schweigt man, bekommt man später zu hören

„Ach jetzt plötzlich…“

„Wo wart ihr denn, als Trainer X die ganzen Zeit…“

„Habt ihr die ganze Zeit geschlafen?…“

Sorry, aber das ist doch lächerlich. Entweder das Eine oder das Andere. Ich habe mich dafür entschieden, die Dinge rechtzeitig beim Namen zu nennen und nicht erst bis zum Tag der Demission zu warten. Dann nehme ich gern Sprüche wie „Unruhe bringen“ oder „Bist du noch HSVer?“ in Kauf.

By the way – ich werde in den nächsten Tagen einen Blog über ein Vorstandsmitglied veröffentlichen, der auch vielen nicht gefallen wird, besonders dem Vorstand selbst. Egal, damit kann ich leben. Dann verzichte ich aber auch darauf, dem Herrn nach Ablauf seines Vertrages Dreck hinterher zu werfen.

Sorry, aber das musste mal raus.