Leidenschaft (gesteigert, aber als Begriff abkommend: Inbrunst) ist eine das Gemüt völlig ergreifende Emotion. Sie umfasst Formen der Liebe und des Hasses, wird aber auch für religiösen, moralischen oder politischen Enthusiasmus benutzt und beschreibt die intensive Verfolgung von Zielen von beispielsweise Kunstliebhabern, Sammlern oder von Tierfreunden. Im ursprünglichen Sinn schwingt der Beilaut von etwas Zerstörerischem oder Leiden Schaffendem mit. Im heutigen Alltagssprachgebrauch hat der Begriff diese Konnotation eher selten; ‚Leidenschaft‘ wird oft wertfrei oder positiv konnotiert (siehe auch Liebesbeziehung).

 

Meine Leidenschaft ist weg, sie ist einfach verschwunden. Nein, nicht die Leidenschaft für das Schreiben, das liebe ich nach wie vor und ich werde schreiben, so lange Augen und Finger es hergeben werden. Auch nicht die Leidenschaft für den Fußball, denn obwohl ich auch recht gut Tennis und nicht so gut Golf spiele bzw. gespielt habe, bleibt Fußball mein Sport und ich werde wahrscheinlich jedes halbwegs verfügbare Spiel sehen.

Nein, ich meine die Leidenschaft für den HSV, für meinen Verein. Sie ist einfach nicht mehr da bzw. sie nicht mehr so da, wie ich sie seit ca. 40 Jahren kenne. Fast ein halbes Leben lang war mein Wochenende gründlich versaut, wenn der HSV am Freitagabend oder am Samstag um 15.30 Uhr verloren hatte. Ich war dann alles – sauer, enttäuscht, am Boden, frustriert, verloren, aber ich hatte immer diese Leidenschaft.

Heute betrachte ich ein Spiel des HSV irgendwie gleichgültig. Ich freue mich, wenn der Verein gewinnt, aber ich leide nicht mehr, wenn er verliert. Ich nehme es hin, weil es scheinbar so sein soll. In mir ist nichts mehr, was mir sagt, dass es sich lohnt, für diesen Verein zu leiden und zu kämpfen und ich habe mich oft gefragt, woran das liegen könnte. Was hat mich dahin gebracht, dass mir etwas, was mal einer der Mittelpunkte meines Lebens war, derart egal wird?

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es eine Anhäufung von Dingen war, die am Ende das Fass zum Überlaufen gebracht hat und ich bin ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass mich selbst an dieser Entwicklung keine Schuld trifft.

Wer jetzt denkt, dass es die mehr als 30 Jahre lange Mißerfolgsstrecke war, die mich mehr und mehr von meinem Verein entfernt, der irrt. Ich habe in den 80ern und frühen 90ern selbst für den Verein gespielt und auch da war nicht alles lustig. Es scheint irgendwie eine schweigende Entwicklung gewesen zu sein, die ich nicht bemerkt habe, etwas, wie ein schleichendes Gift, welches sich unbemerkt im Körper ausbreitet und dann plötzlich zuschlägt, ohne, dass man darauf vorbereitet war.

Ich weiß heute, dass mich eigentlich nicht der Verein selbst, sondern die über viele Jahre handelnden Personen am Ende geschafft haben. Es sind auf der einen Seite die Ertels, Hunkes, Klüvers, Flobergs, Jarchows und Hilkes, dir mir den Verein kaputtgemacht haben. Aber es sind eben auch die Rieckhoffs und Beckers gewesen. Es ist diese persönliche Eitelkeit, dieses Gezanke und Machtgeschachere, was mich täglich mehr angekotzt hat. Und es sind die  Bednareks, Biebersteins, Reicherts und Dwengers. Sie alle waren und sind der Meinung, dass sie der Verein wären, aber sie sind es nicht. Sie sind temporäre Übergangshändler, aber sie alle haben dem Verein über Jahre das Blut abgezapft.

Wem von all denen ging es eigentlich am Ende des Tages um den Verein und nicht um seine persönlichen Vorteile? Wer von all den Genannten (und viele mehr) hat eigentlich jemals gesagt „Zugunsten des Vereins bzw. der Interessen des Vereins verzichte ich“? Für sie alle war und ist dieser HSV ein Spielball für ihre persönlichen Eitelkeiten und damit möchte ich nichts mehr zu tun haben.

Während des Wahlkampfs in Verbindung mit der Mitglieder-Initiative HSVPLUS habe ich erleben dürfen, wie sich Mitglieder eines Vereins bis aufs Blut bekämpften. Beide Seiten waren der Meinung, im Recht zu sein und ich habe mich zu einem Teil machen lassen, weil ich von dessen Richtigkeit überzeugt war. Die Überzeugung ist immer noch da, aber die handelnden Personen sind nicht die, die mir versprochen wurden. Auch die Handlungen sind nicht die, die mir zugesagt wurden, dafür sind aber die Schergen der Glaubenskrieger präsent wie selten. Alles und jeder, der an den aktuellen Strukturen des Vereins nur den leisesten Zweifeln äußert, wird brutalst niedergeknüppelt und dabei gebärden sich die HSVPLUS-Hooligans wesentlich schlimmer, als es die Not-for-saler jemals getan haben. Nein, das ist nicht mehr mein Verein.

In den letzten zwei Jahren habe ich mich dem Verein „angeboten“. Ich habe mich, meinen Blog und das, was ich schreibe, dem Verein angeboten, um ihn zu unterstützen. Das Ziel war es, sachlich, fair und fachlich korrekt über den HSV zu berichten, aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass dies nicht gewünscht ist. Zu tief steckt man im Würgegriff des Boulevards und der sogenannten „klassischen“ Medien und was noch viel schlimmer ist: Man ist nicht bereit, dem zu entfliehen.

Die verantwortlichen Personen haben sich in ihrer Komfortzone eingerichtet und sind zu faul und wohl auch zu feige, um einen Kampf zu führen, aus dem der HSV als Sieger hervorgehen würde.

„Unabhängigkeit“ ist das Zauberwort, denn ich habe meine Dienste angeboten, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, ich wollte es für den Verein tun. Vielleicht ist man es beim HSV nicht mehr gewohnt, dass man etwas ohne Gegenleistung bekommt und ab sofort bekommt man es auch nicht mehr, jedenfalls nicht von mir.

Ich habe in den vergangenen 2 1/2 Jahren oft geschwiegen, um den Verein zu schützen, auch vor sich selbst. Ich habe Informationen, dir mir zugetragen wurden, für mich behalten und nicht veröffentlicht.

Diese Zeiten sind jetzt vorbei, denn – wer nicht will, der hat schon. Dies ist beileibe keine Drohung, wie es der eine oder andere Patientenblog-Bewohner wahrscheinlich vermuten würde, es ist eine Ankündigung.

Bei der Analyse meiner eigenen Gedanken ist mir aufgefallen, ab welchem Zeitpunkt die eigentliche Entfremdung vom HSV meinerseites begann bzw. ab wann sie nicht mehr aufzuhalten war. Gequält vom Machkampf zwischen Hunke und Rieckhoff, zwischen Not-for-sale und HSVPLUS „genoss“ ich das letzte Spiel der vorherigen Saison, am 18.05. in Fürth. Um 18.51 Uhr wurde die Partie abgepfiffen, der HSV hatte mit mehr Glück als Verstand die Klasse gehalten und blieb Dino. Und ich? Habe ich gejubelt oder gar gefeiert? Weder noch, ich bin irgendwie zusammengeklappt, ich fühlte mich vollkommen erschöpft. Für Jubel oder Ähnliches hatte ich keine Kraft mehr, ich glaube, ich war mehr über das Ende der Saison erleichtert, als weniger über den Ausgang der Relegation. Wie kann das sein?

Der eigentliche „Niedergang“ meiner emotionalen Bindung setzte jedoch schon früher ein und ich denke, es hängt damit zusammen, dass ich leider mittlerweile sehr viel mehr über den Verein und besonders über die handelnden Personen weiß, als ich jemals wissen wollte.

Wie naiv war ich doch, als ich noch dachte, Journalist oder HSV-Reporter wäre ein ehrbarer Beruf. Ich meinte, dort müssten Jungs sitzen, die sich dem Spiel verschrieben haben, die wirklich Ahnung von dem haben, worüber sie tagtäglich berichten. Ich Idiot. Heute weiß ich, dass dort größtenteils ahnungsbefreite Selbstdarsteller sitzen, die sich zwar nach außen pseudo-kollegial abklatschen, sich aber tatsächlich gegenseitig nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnen. Eine hochgradig verlogene und verkommen Gesellschaft von „Informations-Verkäufern“, denn etwas anderes sind sie nicht. Dort sitzen keine Fußball-Experten, keine Idealisten und keine Liebhaber des Sports, dort sitzen vielmehr Manipulateure und Strippenzieher, die ums Überleben kämpfen. Desillusionierung Teil 1.

Früher dachte ich immer, dass jemand, der irgendein offizielles Amt in meinem Verein innehat, irgendwie ein Experte sein müsse. Derjenige müsste irgendetwas können, was ich auf keinen Fall kann. Klarer Fall von schade, denn ich habe in den letzten Jahren so gut wie alles kennenlernen müssen, was an einem Schreibtisch beim HSV sitzt. Ich habe Vorstände erlebt, die intrigieren und lügen, dass sich die Balken biegen und die der Presse Informationen über vertrauliche Gespräche (auch mit mir) steckten. Ich habe Aufsichtsräte erlebt, die im Gespräch von der Erfindung des Internets hörten und ich habe von AR-Sitzungen gehört, in denen Blogs von mir an die Wand geworfen und diskutiert wurden, weil ich öffentlich-zugängliche Daten „so schön zusammengefasst“ hatte. Ich habe Räte kennengelernt, die mich anriefen (keine Ahnung, woher sie damals meine Nummer hatten) und um ein vertrauliches Gespräche baten und ich kenne erfolgreiche Trainer, die bei Transfermarkt.de gucken, was ein Spieler wohl wert sein könnte.

All die Jahre habe ich sowas für absolut unmöglich gehalten, denn auch, wenn es mir vielleicht schmeicheln sollte, bin ich nur eine kleine Blogwurst aus Hamburg und ich möchte nicht wissen, wie das Spiel z.B. mit dem Springer Verlag im großen Stil gespielt wird.

Vielleicht hätte ich noch genügend Leidenschaft für meinen Verein, wenn ich all diese Dinge nie erfahren hätte. Vielleicht wäre ich heute noch ein glühender Fan, wenn ich mich nie entschlossen hätte, diesen Blog zu gründen. Vielleicht gelingt es dem Hamburger Sportverein irgendwann, meine Liebe zurückzugewinnen, daran glauben tue ich irgendwie nicht.