0: 0 (Bayern), 0:1 (Gladbach), 1:2 (Frankfurt), 1:0 (Dortmund), 1:1 (Hoffenheim), 0:3 (Berlin) – Punkteschnitt: 0,83. Herzlichen Glückwunsch.

5 Punkte (von 18 möglichen) Torverhältnis 3:7, Tabellenplatz 16.

Das ist weder Verschwörung, noch ist das Miesmacherei oder Schwarzmalerei – das ist (leider) nichts andere als die Realität!

0:0 gegen Bayern im Sparmodus

0:1 in Gladbach, wobei das Ergebnis schmeichelhaft ausfiel

1:2 zuhause gegen unkonstante Frankfurter

1:0 gegen Dortmunder, die zur Zeit wohl jeder Bundesligist schlägt

1:1 gegen Hoffenheim, wobei das Spiel schon zur Halbzeit hätte entschieden sein müssen, für Hoffenheim

0:3 gegen durchschnittliche Berliner, ein fußballerischer Offenbahrungseid

„Es steht endlich eine Mannschaft auf dem Platz“. „Man kann endlich ein System erkennen“. „Die Spieler haben endlich begriffen“. „Joe Zinnbauer hat eine neue Begeisterung in die Truppe gebracht“.

Gestern lief die Mannschaft des HSV 115,6 km, das ist nichts anderes als Bundesligadurchschnitt!

Zum Vergleich: Hoffenheim – 121,4, Paderborn – 119,7, Augsburg – 119,7, Freiburg – 119,5, Stuttgart – 121,0…

Noch nicht genug Vergleiche? Bitte.

3:0 (Dortmund), 0:1 (Bremen), 1:1 (Frankfurt), 2:1 (Nürnberg), 0:1 (Stuttgart), 1:1 (Freiburg). Punkteschnitt: 1,33

8 Punkte (von 18 möglichen), Torverhältnis: 7:5, Tabellenplatz 16

Dies war übrigens die sensationelle Ausbeute aus den ersten 6 Spielen unter Mirko Slomka.

„Slomka erreicht die Mannschaft“. „Endlich wird im Training richtig gearbeitet“. „Slomka verpasst der Mannschaft endlich ein System“.

Immer noch nicht genug?

2:2 (Frankfurt), 5:0 (Nürnberg), 3:3 (Stuttgart), 3:0 (Freiburg), 0:2 (Gladbach), 3:5 (Leverkusen). Punkteschnitt 1,33

8 Punkte (von 18 möglichen), Torverhältnis: 16:12, Tabellenplatz: 11

Dies war die Bilanz von Meistertrainer Bert van Marwijk nach dessen ersten 6 Spielen als Trainer beim HSV.

„van Marwijk bringt Erfahrung mit“. „Der Holländer findet die richtigen Worte“. „Endlich gibt jeder im Training wieder Gas“.

Der HSV hat es über die Jahre mit allem versucht.

Man holten einen Trainer, der im Ausland erfolgreich war (Meisterschaft und Champions League-Teilnahme) – Thorsten Fink. Gescheitert!

Man holte einen international erfahrenen Trainer mit Bundesliga-Erfahrung, der in seiner Vita sogar eine Vize-Weltmeisterschaft vorzuweisen hatte – Bert van Marwijk. Gescheitert!

Man holte einen deutschen Konzepttrainer, der auf Schalke und in Hannover bewiesen hatte, dass er einer Mannschaft eine Handschrift  verpassen konnte – Mirko Slomka . Gescheitert!

Nun holt man einen vollkommen unbekannten Mann aus der 4. Liga, hofft auf einen Tuchel/Streich/Weinzierl/Gisdol-Effekt, nennt das Ganze „Magic Joe“ und was passiert?

Spätestens nach 6 Spielen unter Joe Zinnbauer ist die Magie verflogen, das altbekannte HSV-Virus lebt. Dabei sollte doch auch der dämlichste HSV-Fan irgendwann einmal begreifen, dass es eben nicht an dem jeweiligen Trainer liegt. Es kann doch nicht sein, dass in der Hansestadt wirklich jeder Trainer, der vorher irgendwo anders erfolgreich war, grundsätzlich abschmiert.

Dabei ist das Phänomen doch hinlänglich bekannt. Neuer Trainer, jeder Spieler will sich im Training neu anbieten, die Presse bejubelt den neuen Stil. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend, die ersten Spieler wagen sich aus der Deckung und fabulieren von neuen Saisonzielen (Djourou: „Das Ziel sind 20 Punkte aus der Hinrunde“) und spätestens nach 5 Spielen ist er wieder da, der Schlendrian. Die alten Mechanismen greifen, die berühmte „HSV-Bequemlichkeit“ ist wieder da, das Spiel beginnt von vorn.

Der Unterschied zu früher ist diesmal lediglich: Man darf es nicht sagen und schon gar nicht schreiben. Tut man dies, wird man ganz schnell mit dem Moser-Merkmal gekennzeichnet. Man gilt plötzlich als „Hassprediger“ und der eigene Blog bzw. die eigene Kolumne verkommt mehr und mehr zu BILD-Niveau.

Der Grund dafür ist nicht wirklich schwer zu erahnen. Waren es früher die bösen Ertels und Hunkes und Hoffmanns, die die Misere zu verantworten hatten, sind es heute die Brüllfrösche selbst. Denn sie waren es, die für den Umschwung stimmten, sie waren es, die die Strukturreform mittrugen und entsprechend heute mitverantwortlich für das sind, was sie selbst Woche für Woche mitansehen müssen.

Das findet natürlich niemand lustig und deshalb wird für die neuen Verantwortlichen Geduld gefordert, die ihre Vorgänger nie bekommen hätten.

Im Grunde ein eher trauriges Phänomen, würde es nicht solch asozialen Auswüchse annehmen. Man wird (natürlich im Internet) beschimpft, bepöbelt und bedroht und das einfach nur deshalb, weil man die Fakten benennt. Die Fakten aber passen nichts ins Weltbild und bevor sich einer der Plus-Hooligans Gedanken darüber macht, dass auch nach dem 25.05. keine Smarties durch die Luft fliegen, lässt man seinen primitive Frust lieber an den Überbringern der Botschaft aus. Der Einfachheit halber wird diesen auch gleich noch Frust, Hass, Wendehals-Mentalität und Fahnenflucht auf dieselbige geschrieben, weil – das ist immer noch leichter, als das eigene kleine Gehirn einzuschalten.

Ebenso putzig wie hirnrissig ist das mediale Konsumverhalten der tobenden Horde. Während wirklich jeder Pressemeldung, die in irgendeiner Form etwas Positives über den HSV zu berichten weiß, begeistert und ungefiltert Glauben geschenkt wird, wird jede kritische Berichterstattung als blanke Lüge, Stimmungsmache, Erfindung oder schlichte Manipulation enttarnt.

„Schreibe, was ich glauben will und ich glaube dir. Sage, was ich nicht hören will und ich nenne dich einen Lügner“

Wie aber gestaltet sich dieser, in der Headline erwähnte, HSV-Virus? Was ist er und wodurch äußert er sich?

Nun, zuerst einmal hatten wir im vorherigen Text die Trainer. Trainer, die in anderen Verein und anderen Städten durchaus erfolgreich arbeiteten und in der Weltstadt Hamburg binnen wenigen Monaten zu lahmen Enten mutierten.

Wie aber sieht es eigentlich mit den Spielern aus? Oder, um die Frage anders zu formulieren: Welcher Spieler, der bereits vorher Bundesliga oder im Ausland erste Liga spielte, ist beim HSV eigentlich besser geworden? Ich rede nicht von Nachwuchs-Spielern wie Son, Calhanoglu o.ä. Dass sich Spieler in dem Alter, die aus unteren Klassen kommen, durch profesionelles Herren-Training verbessern, sollte klar sein. Aber welcher Spieler konnte sich beim HSV unter egal welchem Trainer eigentlich verbessern?

Rene Adler? Ehemaliger Nationaltorhüter, heute Nr.2

Marcel Jansen? Ehemaliger Nationalspieler und heute?

Heiko Westermann? Bei Schalke eine Bank und beim HSV?

Johann Djourou? Früher Arsenal und in Hannover gesetzt und jetzt?

Dennis Diekmeier? In Nürnberg auf dem Sprung in die Nationalmannschaft und stagniert beim HSV seit 3 Jahren.

Matthias Ostrzolek? In Augsburg eine gesetzte Rakete und in Hamburg?

Gojko Kacar? In Berlin teilweise Weltklasse und in Hamburg?

Petr Jiracek? Tschechischer Nationalspieler und in Hamburg aus dem Abstellgleis.

Rafael van der Vaart? Ohne Worte.

Zoltan Stieber? In Fürth Leistungsträger, in Hamburg weniger als Ergänzung

Ivo Ilicevic? In K’Lautern Hoffungsträger auf dem Weg nach München, in Hamburg Dauerpatient.

Nicolai Müller? In Mainz Nationalspieler, in Hamburg viral erkrankt.

Julian Green? In München Ausnahmetalent mit großen Hoffnungen, in Hamburg Beiwerk.

Artjoms Rudnevs? In Polen Torschützenkönig, in seiner ersten Saison in Hamburg überdurchschnittlich, mittlerweile aussortiert.

Diese Liste ließe sich unendlich fortführen, über Jahre und Jahrzehnte. Ebenso könnte man eine Liste derjenigen Spieler erstellen, die an ihre alte Leistungsstärke anknüpfen konnten oder sich sogar verbessern konnten, nachdem sie dem HSV den Rücken gekehrt hatten. Sicher, solche Auflistungen könnte man über jeden Verein aufstellen, aber nur in Hamburg sind die Ausschläge so überdeutlich und harmonieren so gar nicht mit den eigenen Ansprüchen von Verein, Mitgliedern und Fans.

Und genau an der Stelle beginnt der Virus zu wuchern und er scheint sich jedesmal wieder in Rekordzeit auf das spielende Personal zu übertragen.

Der eigene Anspruch, das Herabblicken auf Vereine wie Mainz, Freiburg, Paderborn, Berlin, Stuttgart und besonders Werder Bremen.

Apropos Werder. Was konnte man dort in den letzten Wochen an hämischen Seitenhieben Richtung Weser vernehmen. Der überzeugte HSVer, dessen eigener Club auf Platz 16 dümpelt, zeigt lachend mit dem Finger nach Bremen und warum? „Weil wir besser sind“. Ich lache mich tot, Freunde der indischen Brotsuppe.

Diese Selbstgefälligkeit, diese vemeintliche Erkenntnis, dass man etwas Besseres ist, wenn man Fan des HSV (oder eben Spieler des HSV) ist, sie ist es, die das Virus immer wieder verbreiten. Sie ist es, die zu Überheblichkeit und zu Bequemlichkeit führt.

Eines noch zum Schluss: Ich hatte mich für HSVPLUS engagiert und die Bewegung mitgetragen, weil ich der Überzeugung war, dass sie alternativlos war. Viele Inhalte von HSVPLUS finde ich auch heute noch richtig, einige Umsetzungen jedoch nicht. Und eines werde ich garantiert auch in Zukunft nicht tun: Mir den Mund verbieten lassen, wenn es darum geht, auf Mißstände hinzuweisen. Und es ist mir scheißegal, ob das einige lesen wollen oder nicht. Ebenso scheißegal ist es mir, ob ich nun 1.630 oder 1.582 „Facebook-Freunde“ habe. Wer meint, er müsste mich dadurch bestrafen, in dem er mich „entfolgt“, der kann das gern machen. Lustigerweise sind es exakt die Gleiche, die als Erste das großen Heulen anfangen, wenn es auch in Zukunft nicht läuft.

Schönen Sonntag