„Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen“

 

Das, was als Wikinger-Ehrenwort einmal der Boden für zwischenmenschliche Beziehungen bedeutete, nämlich, dass man sich auf ein gesprochenes und mit einem Handschlag besiegeltes Ehrenwort oder eben ein Versprechen verlassen konnte, spielt im Jahr 2014 keine Rolle mehr, jedenfalls keine existentielle.

„Ach Mann, leg‘ das doch nicht immer wieder auf die Goldwaage“. „Das wurde doch in einem völlig anderen Zusammenhang gesagt“. „In diesem Fall ist es doch okay..“

Politiker versprechen vor jeder Wahl und halten am Ende so gut wie nichts davon, man hat sich dran gewöhnt. Unternehmen und Arbeitgeber versprechen bis zum Erbrechen und können sich später an nichts mehr erinnern, wenn man den Fehler begangen hatte, sich die Zusage nicht schriftlich geben zu lassen. Selbst in Beziehungen oder gar Familien spielt ein Versprechen heute nicht mehr die Rolle, dies es einmal hatte. Ein Versprechen wird mit dem Hinweis auf  „unvorhersehbare Umstände“ widerrufen und ein jeder von uns hat garantiert schon einmal gedacht: „Bin ich eigentlich der Letzte, auf dessen Wort man sich noch verlassen kann?“

Problem ist: Mit jedem gebrochenen Versprechen, mit jeder menschlichen Enttäuschung fällt die Schranke ein wenig tiefer, wird die Schmerzgrenze weiter herabgesenkt, die einem jeden sagt, dass man doch eigentlich schön blöd ist, wenn man der Letzte der Mohikaner ist, der noch zu seinem Wort steht.

Mal ehrlich? Worauf ist denn heute eigentlich noch Verlass? Mir fällt spontan wenig ein, so sehr ich mich auch anstrenge. Und eben genau mit diesem Phänomen wird teilweise gekonnt gespielt. Es wird versprochen, obwohl der Empfänger des Versprechens doch eigentlich wissen müsste, dass es gar nicht so gemeint war. „Hast du das etwa für bare Münze genommen?“ Ja, habe ich!

Beim HSV stehen am 25.01.2015 die nächsten richtungsweisenden Wahlen an und nicht wenige Mitglieder sind sich offenbar nicht im Klaren darüber, dass sie überaus wichtig sind. Bis 5 Wochen vor der Wahl muss der für die Auswahl der Kandidaten zuständige Beirat die Kandidaten ermittelt und bekanntgegeben haben, ein „offizieller“ Wahlkampf im Stile von HSVPLUS wird also gar nicht stattfinden können. Erstens ist dafür die Zeit zu knapp und zweitens wird sich höchstwahrscheinlich kein zweites Mal eine Kommunikationsagentur finden lassen, die einen Hau-ruck-Wahlkampf für umsonst macht.

Dennoch – hinter den Kulissen hat das Gerangel um die begehrten Plätze längst begonnen, die Kandidaten lancieren halbwegs ungeschickt über die üblichen Kanäle (Abendblatt) ihre gütige Bereitschaft.

Am Ende bleiben nach heutigem Stand einige übliche Verdächtige übrig, man will schließlich unter sich bleiben, gell?

An dieser Stelle beginnt für mich das Problem. Warum, in Gottes Namen, scheint es in diesem Verein usus zu sein, dass man über Generationen quasi im eigenen Saft schmort? Immer die gleichen Gesichter mit immer den gleichen alten Verbindungen zur hiesigen Presse. Es ist doch vollkommen klar, was passiert, wenn einer der „Ex-Exen“ Präsident, Vize-Präsident oder gar Schatzmeister wird. Die üblichen Kanäle, die jetzt helfen sollen, an die Macht zu kommen, werden auch in Zukunft bedient werden.

„Ist doch egal, besser so, als wenn….“ Nein, es ist nicht egal, denn genau das ist Hauptproblem des Vereins und zwar seit Jahrzehnten. Gefallen werden geschuldet und Informationen gelangen nach außen. Informationen, die definitiv nicht an die Öffentlichkeit gehören.

Kommen wir auf das „Problem Versprechen“ zurück, denn versprochen wurde in all den Jahren auch beim Hamburger Sportverein genug. Aufsichtsratskandiaten versprachen, dass im Falle ihrer Wahl eine Verlängerung des SportFive-Vertrages kein Thema sein würde. Ach ja?

Andere Kandidaten versprachen, leise und unauffällig im Sinne des Vereins im AR wirken zu wollen und waren dann die Ersten, die ihr Gesicht in den Kameras hielten. Es gab diverse Kandidaten, die mit ihrem „Netzwerk“ prahlten, nur leider kam nach der Wahl reichlich Netz und nur wenig Werk zum Vorschein.

Irgendwie scheint sich der Wähler daran gewöhnt zu haben, vor einer jeden Wahl beschissen zu werden, ich nicht. Nun lebe auch ich nicht im Mittelalter, sondern in der Realität, aber mit offenkundigen Lügen kann ich immer noch sehr schlecht umgehen.

Wer sich erinnert, der weiß, dass ich am Anfang des Wahlkampfes gegenüber der Inititative HSVPLUS kritisch eingestellt war. Als mittlerweile mißtrauischer Mensch witterte ich eine Abrechnungskampagne zwischen den Herren Hunke und Rieckhoff und ich vermutete, dass man den ganzen Aufwand vielleicht weniger um den Willen des Vereins, als vielmehr um des eigenen Willens betrieb.

Besonders die Gegner der Initiative HSVPLUS warfen Rieckhoff vor, sich selbst an die Macht putschen und zurück an die Spitze des Vereins zu wollen. Rieckhoff beteuerte damals gebetsmühlenartig, dass es ihm bei der Initiative HSVPLUS einzig und allein um eine alternativlose Umstrukturierung ginge und dass er selbst nach Abschluss des Wahlkampfes für kein Amt zur Verfügung stünde.

Dies war nicht nur ein loses Versprechen, das war die Grundsäule der gesamten Kampagne. Ehrenhalber, uneigennützig, nur im Sinne des Vereins. Wie lange hatte man das in der Mitgliedschaft nicht mehr erlebt? Da will einer für die Sache kämpfen und nicht für sich. Er will Experten an die Macht bringen und sich dann still und leise zurückziehen. Otto, wir danken dir!

Heute, 6 Monate nach der Wahl und der beschlossenen Umstrukturierung sieht das plötzlich ganz anders aus, Otto is back. Kein Wort mehr von Rückzug, alles vergessen. „Der Verein braucht mich jetzt“, darauf warte ich ehrlich gesagt noch. Und womit wird wieder einmal gespielt? Richtig, mit dem Gespenst des bösen Gegners, obwohl dieser noch gar nicht feststeht, jedenfalls nicht offiziell.

Bei Facebook konnte man gestern folgende „Erklärung“ der sogenannten „HSV-Realos“ lesen, die Gruppe, die lustigerweise den neuen Schatzmeister aus ihren Reihen stellen möchten:

Hamburger SV Realos Hauptsache Scheel ist weg. Was hat er denn geleistet für sein hohes sechsstelliges Gehalt. Er hat in seinen Amtszeiten mehr als 1 Mio Euro verdient. Er ist nett und hat erfolgreich alles ausgesessen.

Ja, genau das ist das Problem. „Hauptsache, Scheel ist weg.“ Man ist nicht für etwas, man ist erstmal gegen jemanden. Man hat selbst keine Idee, außer, den Feind zu verhindern. Man definiert sich selbst über Dinge, gegen die man ist. Sorry, aber das ist mir zu billig.

Zurück zu den Versprechungen. „Wir stehen mit einigen potenziellen strategischen Partnern in Kontakt, aber wir können nur vermitteln“ (Rieckhoff irgendwann im Frühjahr). Okay, jetzt haben wir Oktober und was ist? Wo sind die begeisterten Investoren?

„Es geht darum, von Herrn Kühne kostenloses Geld/Kapital zu erhalten“ (Rieckhoff irgendwann im Frühjahr). Aha, wenn also „kostenloses“ (also geschenktes oder unverzinstes) Geld bedeutet, dass man für einen erneuten Kredit Anteile an der HSV Fußball AG erhält, dann habe ich nicht richtig aufgepasst.

Tatsache ist heute, dass dort, wo HSVPLUS draufstand, eben nicht HSVPLUS drin war, jedenfalls nicht so, wie es allen versprochen wurde. Nicht umsonst haben sich führende „Plusser“ wie Dr. Klein, Dietmar Jacobs, Holger Hieronymus und Stephan Rebbe im Laufe des Jahres überaus kritisch zu dem geäußert, was sie selbst auf den Weg brachten. Vielerorts wird bereits der Begriff „Mogelpackung“ verwendet, nicht ganz zu unrecht.

Für alle diejenigen, die jetzt meinen, ich würde Herrn Rieckhoff diskreditieren und die alten Kräfte unterstützen wollen – Mumpitz. Mir geht es wieder um Rieckhoff, noch um Formeseyn, auch nicht um Rogalla. Mir geht es auch nicht um Scheel, Hunke oder wen auch immer. Mir geht es darum, dass in diesem Verein endlich einmal die Wahrheit gesagt wird. Mir geht es darum, dass keine alten Gefallen eingelöst werden müssen.

Der HSV selbst hat nach dem 25.05. zahlreiche Chancen verpasst, den Verein zu reformieren. Besonders im Bereich der Kommunikation gelten immer noch die alten, miesen Regeln und solange das so ist, wird der Verein auf der Stelle treten. (Stichwort: „Wir sind noch nicht so weit“)

Zu meinem Anforderungsprofil:

Ich möchte jemanden, der e.V. will und e.V. kann. Ich möchte niemanden, der lediglich über den „Umweg e.V.-Präsident“ die Möglichkeit nutzen möchte, im großen AG-Spiel mitzuspielen.

Ich möchte jemanden, der auf den e.V. Lust hat und der dem e.V. eine neue Identität geben möchte. Inbesondere die Begriffe „Vision“ und unbedingt „Finanzierungskonzept“ sollten hier eine Rolle spielen.

Ich möchte jemanden, der für den e.V. konkrete Ziele formuliert (z.B. mindestens 3 deutsche Meister in den nächsten 5 Jahren) und der nicht nur verwaltet.

Ich möchte einen e.V.-Präsidenten, der im Aufsichtsrat der AG nicht schlicht verhindert und nicht bloß abnickt, sondern jemanden, der analysiert und die für den Verein besten Bedingungen aushandelt.

Ich möchte einen e.V.-Präsidenten, der im AG-Aufsichtsrat eine Rolle spielt und nicht bloß eine Lücke füllt.

Ich möchte jemanden unabhängigen, keinen Ex-Plusser oder Ex-Not-for-saler oder Ex-Rautenherzler.

Ich möchte jemanden, der den Medien gegenüber keine Gefallen schuldig ist.

Vielleicht wäre sogar eine Frau besser als ein Mann für diese Rolle geeignet.