Sechs Prozent Zinsen p.a. – 100 Prozent Zukunft.

 

http://www.hsv-anleihe.de/

 

Das war es, was die damalige Heeresleitung des Hamburger Sportvereins seinen Mitgliedern und Fans versprach. Pünktlich zum 125. Geburtstag des Vereins kam man in den Vorstandsbüros des HSV auf die glohrreiche Idee, dass man doch die Mitglieder ins Boot holen könnte, um dem lange brach liegenden Nachwuchskonzept neues Leben einzuhauchen. Und, wie es beim HSV so üblich ist, konnte es nicht groß genug sein, denn effiziente und erfolgreiche Nachwuchs-Leistungszentren für einen Bruchteil dieser Summe können die vielleicht in Freiburg oder Mainz bauen, wir bauen nach oben.

Und so wurden es am Ende € 17,5 Mio., die man aufgrund des großen Zuspruchs aus der Mitgliedschaft generieren konnte. Während die Anleger nun Monat um Monat warteten, dass diw Bagger anrücken, vertröstete man seitens des Verein bis zum Erbrechen. Bauanträge, Bewilligungen, Zustimmungen, Ausschreibungen. Man hätte denken können, der HSV baut im Volkspark keinen Campus, sondern die Wiederauferstehung des World Trade Centers.

Beinahe ein Jahr nach der ersten Zeichnung, beantwortet der damalige Vorstandsvorsitzende Carl-Edgar Jarchow die Frage, was denn nun inzwischen passiert sei, mit den Worten: „Wir haben schon ein paar Bäume gefällt“. Spitze, Ede.

Heute, mehr als 2 Jahre später, ist auch dem letzten Anleihe-Zeichner klar, dass die Kohle weg ist und bei vielen taucht mehr und mehr die Frage auf, ob er nicht einem gewaltigen Schwindel aufgesessen ist. Natürlich, der Verein hatte im aufwendigen Prospekt darauf hingewiesen, dass im schlimmsten anzunehmenden Fall die Mittel zwecksentfremdet werden könnten, aber ist das nun die ganze Wahrheit? Viele stellen sich die Frage, ob der Campus nicht nur ein vorgeschobenes Alibi-Projekt und die Anleihe die letzte Möglichkeit des Vereins war, mit Hilfe der Mitglieder die galoppierenden laufenden Kosten zu decken. Wäre es nicht vielleicht sogar ehrlicher gewesen, mit offenen Karten zu spielen und die Fans um Hilfe zu bitten, anstatt ein Projekt vorzuschieben, von dem man relativ schnell wußte, dass es sowieso nicht realisiert wird?

Aber es tauchen noch andere Fragen auf. Ab wann wußte beispielsweise ein Alexander Otto, dass das Geld für andere Zwecke benötigt werden würde? Otto stellte immerhin mit seinem Unternehmen ECE die kostenlosen Resourcen zur Verfügung, die die Planung des Campus umsonst erstellten. Fühlt Otto sich heute nicht komplett verscheißert, wenn er sieht, dass der Vorstand bereits nach wenigen Wochen wußte, dass der Campus so, wie er geplant war, ohnehin nicht kommen würde, ließ aber Otto und seine Leute lustig weiterbasteln?

Rein rechtlich scheint der Vorstand um Jarchow, Hilke und Scheel auf der sicheren Seite zu sein, moralisch ist der Verein an einem neuen Tiefpunkt angekommen. Auch ich habe eine Anleihe gezeichnet, ich wollte Teil des Aufbruchs werden. Ich wollte die Jugend- und Nachwuchsarbeit unterstützen und eigentlich wollte ich mir diese Anleihe an die Wand hängen, damit ich in 20 Jahren meinen Enkel erzählen könnte: „Guckt, Opa war dabei, als der HSV in bessere Zeiten aufbrach. Ich habe meinen Teil beigetragen“.

Heute werde ich einen Deibel tun und irgendeinem Verwandten erklären, wie dämlich ich gewesen bin, auf den Schmufix reinzufallen. Dieser erneute Imageverlust wird auch den „neuen HSV“ über Jahre verfolgen und er wird gravierende Auswirkungen auf die Findung und Akquise von Sponsoren und strategischen Partnern haben, zumindest so lange, wie noch Urheber dieser Freakshow in irgendwelchen Ämtern sitzen.

Jetzt will also Ex-Aufsichtsratsboss Alexander Otto den Campus aus eigener Tasche finanzieren und er wird aufpassen wie ein Schießhund, wer dort noch seine Finger im Spiel hat. Lustigerweise kostet das Wahnsinns-Zentrum jetzt nicht mehr € 17,5 Mio, sondern „nur noch“ € 8 Mio. Immerhin.

Fest steht: Die ursprünglichen € 17,5 Mio wurden dringend zur Deckung laufender Kosten (Gehälter, Zinszahlungen etc.) benötigt und plötzlich fällt mir auf, um wie viel der große Gönner Klaus-Michael Kühne seine Investionen in diesem Jahr aufgestockt hat. Richtig, um € 17 Mio.

Beim letzten Mal war die Kohle nach knapp einem Jahr weg und diesmal? Bedenkt man, dass der HSV wieder einmal mit großen Transfers (Lasogga € 8,5 Mio, Müller € 4,5 Mio, Behrami € 3,5 Mio, Djourou € 2,5 Mio) plus Holtby nach dieser Saison mit € 6,5 Mio. in Vorleistung getreten ist, könnte die neue Summe eventuell nicht so lange reichen wie beim letzten Mal. Von den 4 Vorständen und zahllosen Direktoren möchte ich gar nicht erst reden.

Für mich am Erschütternsten: Ausgerechnet diejengen, die dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann auch drei Jahre nach dessen Ausscheiden noch Dreck hinterhergeworfen haben (der bereits erwähnte Ex- und Noch-Vorstand), legt dem Verein dieses Ei ins Nest. Aber so lange diese Herren, aufgrund welcher Umstände auch immer, von der hiesigen Presse geschützt werden, ist doch alles in Ordnung. Oder?

 

Ach ja, schönen Vrijtag für alle 🙂