„Wir müssen jetzt gegen die Gegner gewinnen, die sich mit uns „auf Augenhöhe“ befinden…“

Jedesmal, wenn ich die Aussage eines Vereins-Verantwortlichen lese (oder höre), deren Inhalt irgendwas von „auf Augenhöhe“ enthält, frage ich mich:

Was ist das eigentlich? Was ist diese viel beschriebene Augenhöhe? Woran macht man sie fest? Wer entscheidet, wer sich mit wem auf welcher Augenhöhe befindet?

Geht man davon aus, dass der aktuelle Tabellenstand die sagenhafte Augenhöhe dokumentiert, dann befindet sich der HSV aktuell auf derselbigen mit Vereinen wie Stuttgart, Dortmund, Bremen und Hertha. Ist das realistisch? Ist ein Vergleich zu Vereinen wie Dortmund (immerhin mit 1:0 geschlagen) und Hertha (0:3 unterlegen) zulässig? Ist man vielleicht doch eher mit Leverkusen (Tabellen-6.), Hoffenheim (Tabellen-5.) oder Bayern (Tabellenführer) „auf Augenhöhe“, weil man doch ausgerechnet gegen diese Vereine die wenigen Punkte einfahren konnte?

Zudem scheint sich die rein-tabellarische Augenhöhe zu verschieben, denn zum gleichen Zeitpunkt der letzten Saison befand sich der Hamburger Sportverein „auf Augenhöhe“ mit Vereinen wie Freiburg, Frankfurt, Augsburg und Mainz, besonders in den Fällen Augsburg und Mainz scheint diese Augenhöhe ein knappes Jahr später verloren zu sein, tabellarisch gesehen zumindest.

Aber gut, man könnte die herrliche Augenhöhe natürlich auch am Wert des Spielerkaders festmachen. In diesem Fall befände sich der HSV (Kaderwert: €  79 Mio.)  „auf Augenhöhe“ mit den Vereinen Hertha (€ 72 Mio.), Frankfurt (€ 75 Mio.), Mainz (€ 79 Mio.), Hannover (€ 70 Mio.).

Schade nur, dass diese, offenbar „vergleichbaren“ Vereine anders performen. Hertha ist 14., Frankfurt ist 12., Mainz ist 8. und Hannover ist 4. der aktuellen Tabelle.

Geht man rein nach Marktwerten des jeweiligen Kaders, dann müsste man als HSV Vereine wie Bremen (€ 51 Mio.), Freiburg (€ 53 Mio.), Köln (€ 44 Mio.), Augsburg (€ 43 Mio.) relativ problemlos schlagen können, Paderborn (€ 24 Mio.) müsste eigentlich ausradiert werden.

Andererseits hätte man mit Clubs wie  Stuttgart (€ 96 Mio) bereits große Probleme, gegen Hoffenheim (€ 125 Mio.), Mönchengladbach (€ 129 Mio.) und Wolfsburg (€ 173 Mio.)  wäre man ohne Chance und die Fahrten nach Leverkusen (€ 181 Mio.), Schalke (€ 210 Mio.), Dortmund (€ 342 Mio.) und besonders München (€ 568 Mio.) könnte man sich eigentlich sparen.

Nun, sowohl die Ergebnisse wie auch die Tabelle besagen, dass auch dies offenbar kein valides Erkennungsmerkmal für „Augenhöhe“ ist. Was aber ist es denn nun?

Um ganz ehrlich zu sein, ich halte diese gesamte „auf Augenhöhe“-Diskussion für absoluten Schwachsinn und sie hindert eigentlich mehr als sie hilft. „Joe Zinnbauer“ war bekanntlich nicht müde, die nicht vorhandene Augenhöhe in Spielen gegen Bayern, Dortmund, Hoffenheim etc herauszustellen, im Umkehrschluss müsste das aber bedeuten, dass nun gegen Gegner, mit denen man sich, aus welchen Gründen auch immer, vermeintlich „auf Augenhöhe“ befindet, mit gewisser Selbstverständlichkeit gewonnen werden muss. Nun, die nächsten Wochen werden es zeigen.

Ich würde es bevorzugen, wenn man als Hamburger Sportverein seine eigene Augenhöhe definiert und sich nicht ständig am nächsten Gegner orientiert. Sei es nun nach Form, aktuellem Tabellenplatz oder wirtschaftlicher Möglichkeit.

Anderes Thema: Seit einigen Wochen kann man, wenn man denn möchte, beobachten, wie von Teilen der Hamburger Sportjournaille weichgespülte Arbeit abgeliefert wird. „Alles ist super, alles wird cool, nur Geduld, Didi macht das schon“. Im gleichen Blog wird am nächsten Tag Tacheles geredet (dann natürlich von einem anderen Autoren), um am Tag darauf wieder alles schön zu reden.  Ich nenne das Behinderten-Ping Pong, denn der Leser wird verarscht, ohne, dass er es merkt. Jede Seite wird bedient (hier die Schön-Seher, die endlich mal wieder einen positiven Blog bekommen, der Hoffnung macht), dort die kritischen Fans (die endlich mal einen Kommentar erleben, der die Wahrheit auf den Tisch legt). Leser-Verarschung in Reinkultur.

Was aber (wieder einmal) typisch anmutet, ist das gnadenlose Nachgetrete gegenüber ehemaligen Amtsinhabern, andererseits völlige Kritiklosigkeit gegenüber aktuellen Protagonisten.

[…]“Der HSV hatte Aufsichtsräte, die sich letztlich über das Wohl des Vereines stellten, die schwache Leute an die Spitze stellten und sogar einen nur kurze Zeit später teuer geschassten Manager freikauften. Kurzum: Aus einem „profilneurotischen Alleinherrscher“ erwuchs ein ganzer Rat voller Profilneurotiker mit schlechten Ideen und noch schlechteren Umsetzungen. Das Beste daran war, dass die inzwischen zurückgetretenen Kontrolleure damit all den Befürwortern einer lange notwendigen Strukturreform täglich hektoliterweise Wasser auf die Mühlen spülten und damit den Weg für genau die Umstrukturierung freiräumten, den sie niemals gehen wollten.

Die Frage, warum man solche niederschmetternden Ausagen Monate nach der Abwahl und nicht während ihrer Amtszeit tätigen kann, bleibt mir ein Rätsel. Plötzlich sind all die Herren (und die Dame) „Profilneurotiker mit schlechten Ideen“, als sie im Amt waren, hat man von Gestalten wie „Herrn Scholz“ (das ist der Kumpel von Herrn de Vrij) nicht ein Sterbenswörtchen aus dieser Ecke vernehmen können, warum wohl nicht ?

Ich nenne diese Art des Berichtens „Gefälligkeits-Journalismus“ und man macht sich als Journalist mit dieser Art von Arbeit zum Idioten. Dann lasse ich mich lieber zum „Hassprediger“ oder „Ex-HSVer“ abstempeln, aber ich beschreibe die Dinge, die mir auffallen dann, wenn sie passieren und nicht dann, wenn es mir in den Kram passt.

Noch was. Gestern wurde nun bekannt, dass es bei den ausstehenden Abfindungsverhandlungen um eine Summe in Höhe von knapp € 4 Mio. gehen soll (Slomka € 1,4 Mio., Kreuzer € 800.000, Assistenten zusammen € 1,8 Mio.) Gleichzeitig leistet sich die Verwaltung des HSV 4 Vorstände, diverseste Direktoren und aktuell soll man auf der Suche nach einem neuen Co-Trainer sein, weil man nicht sicher ist, ob die Konstruktion mit Patrick Rahmen als Cheftrainer Nachwuchs und Co-Trainer optimal besetzt ist.

Der HSV verpflichtet (Spieler) und verpflichtet (Vorstände) und verpflichtet (Direktoren) und verpflichtet (Trainer) und findet ab (Ex-Trainer) und findet ab (Ex-Sportchefs) und findet ab (Ex-Co-Trainer). Langsam kommt mir Herr Beiersdorfer vor wie ein Bauherr, der bereits goldene Wasserhähne gekauft hat, bevor er sicher sein konnte, das Grundstück zu bekommen, auf dem er sein Haus errichten möchte.

Euch allen ein schönes Wochenende

*Ergänzung. Kurz nachdem ich den heutigen Blog fertig geschrieben habe, fällt mir das neuerliche Machwerk des „Meisters der Doppelmoral“ in die Hände und wieder einmal werde ich bestätigt. Ausgerechnet diese Journalisten-Karikatur fordert Geduld in der Trainerfrage und wird zu 1.000% der Erste sein, der „Magic Joe“ am Tag nach seiner Entlassung schlachten wird. Das war immer so und wird immer so bleiben. Ich könnte brechen

http://mobil.abendblatt.de/meinung/article134322155/Liebe-Fans-dieser-HSV-stuerzt-nicht-in-den-Abgrund.html