Spätestens zur Rückrunde werden sie ein weiteres Thema sein, mit dem sich  der dauerkriselnde Hamburger Sportverein auseinander zu setzen haben wird. Die Rede ist von den auslaufenden Verträgen, denn  nicht weniger als 9 Verträge etablierter Profis laufen am Saisonende aus, hinzu kommen insgesamt 14 Verträge von Spielern aus der U23, die am 30.06.2015 enden. Von den Verträgen bis runter zu U17,  es sollen insgesamt 60 sein (von Profikader bis U17) wollen wir gar nicht erst anfangen.

Drobny, Westermann, Jansen, Ilicevic, Rajkovic, van der Vaart, Arslan, Kacar und Nafiu sind – Stand heute – am 01.07.2015 keine HSV-Angestellten mehr. Damit nicht genug, denn auch die erst kürzlich „nach oben“ beförderten Marcos, Götz und Gouaida haben ab Juli kein gültiges Arbeitspapier mehr. Nimmt man dann noch als wahrscheinlich an, dass der ausgeliehene Green im Sommer zu den Bayern zurückkehrt, verliert der HSV 13 Spieler aus dem aktuellen Bundesliga-Kader.

Der Kader der Mannschaft, von der man heute noch nicht sicher sagen kann, in welcher Liga sie in der Saison 2015/16 spielen wird, würde so aussehen:

Adler, Brunst, Cleber, Tah, Sobiech, Djourou, Diekmeier, Ostrzolek, Behrami, Jung, Steinmann, Demirbay,  Jiracek, Holtby, Stieber, N. Müller, Beister, P. Müller, Lasogga, Zoua,

Jetzt gib es einige, die sagen, dass dies doch eine überaus komfortable Situation ist. Endlich wird man die sogenannten „Altlasten“ (die übrigens vor einigen Jahren unter großem Jubel zum HSV gelotst worden waren) los und kann sich die sagenhaften, jungen, hungrigen, günstigen, zukünftigen Nationalspieler holen, denn schließlich wird man den teuren Ballast ja los, spart viele Millionen an Gehaltskosten und der Trainer, welcher es dann auch immer sein wird, kann sich endlich die Mannschaft zimmern, die uns in eine goldene Zukunft führen wird.

Schön wärs, aber leider ist das nur die halbe Wahrheit.

1. Man spart, wenn man denn nicht einen der auslaufenden Verträge verlängert, insgesamt ca. € 15 – 18 Mio. Gehaltskosten. Bedenkt man, dass es das eigentliche Ziel (auch gegenüber dem Lizenzierungs-Aussschuss der DFL) war, den Gehaltsetat auf ca. € 35 Mio zu senken, wäre man bei aktuellen Kosten von mehr als € 50 Mio pro Jahr am Ziel. Problem ist nur – man hätte nur noch 20 Spieler.

2. Eingesparte Gehaltskosten sind eben doch nur Gelder, die man nicht ausgibt und keinesfalls Gelder, die man in der Kasse hat. Diesen Umstand haben scheinbar noch nicht alle verstanden, deshalb mit anderen Worten: Der HSV hat diese € 15 – 18 Mio. nicht über und kann sie in Transfers investieren, er gibt sie nur nicht über den Durst aus.

3. Betrachtet man die Entwicklung der laufenden Saison, so wird von Spieltag zu Spieltag deutlicher, dass der HSV voraussichtlich bis zum Ende der Saison ums Überleben in der Bundesliga wird kämpfen müssen. Dies bedeutet aber, dass man Gespräche mit potenziellen Neuzugängen (die man sich eigentlich gar nicht leisten kann), nur unter Vorbehalt führen kann, denn wirkliche Verstärkungen werden garantiert nicht in Liga 2 spielen wollen.

Natürlich sind sich sowohl die Verantwortlichen, wie auch die betroffenen Spieler dieser Tatsachen bewusst und so beginnt sich der eine oder andere zu positionieren.

Rafael van der Vaart beispielsweise ließ vor Kurzem verlauten, dass sein Verbleib in Hamburg garantiert nicht am Geld scheitern würde. Wie schön. Heiko Westermann meinte, er würde in seiner Karriere bei keinem anderen Bundesligaverein mehr spielen, wie wahr. Andere Spieler werden in Zukunft folgen, da kann man sich ganz sicher sein, denn eines ist allen bewusst.

Eine solche Komfortzone wie in Hamburg finden sie kein zweites Mal. Da kann man dann auch auf die eine oder andere Mark Fuffzig verzichten, zumal dann, wenn einem die sportlichen Alternativen ausgehen. Natürlich werden Spieler wie Arslan, Rajkovic und auch Kacar wieder Vereine finden, bei denen sie in irgendeinem Land erste Liga spielen können, aber allein die Schicksale von Spielern wie Mancienne und Tesche (beide 2. englische Liga) zeigen, dass der Hamburger SV eben kein Sprungbrett mehr für eine internationale Karriere ist.

Was also passiert mit den Westermanns, Ilicevics, van der Vaart, Jansens? Einen Vertrag wie in Hamburg kriegen sie im Leben nicht wieder und dann bleibt man doch lieber für reduzierte Entlohnung dort, wo es einem gefällt und wo man es sich gemütlich gemacht hat, zumal auch die Spieler wissen, dass dem Verein transfer-technisch die Hände gebunden sind.

Der Verein selbst steckt in der Klemme. Man hat kein Geld für junge, neue Spieler und die alten bieten sich eventuell an, für weniger zu spielen. Dann hätte man zwar das wirtschaftliche Problem irgendwie aus der Welt geschafft, das sportliche Problem aber verlängert und verstärkt, denn die angesprochenen Spieler werden nicht jünger. Wenn man heute lesen kann, dass der HSV plant, mit einem 35-Jährigen Drobny verlängern zu wollen, kann man sich in etwa vorstellen, wohin die Reise geht.

Fakt ist: Der HSV steckt nicht in einer, sondern gleich in mehreren Zwickmühlen. Kein Geld für neue Transfers, Halbierung des Kaders, keinen Kader für die nächste Saison der U23, keine Aussicht auf weitere Geldgeber bzw. strategische Partner. Im Nacken hat man die DFL mit dem Thema Nachlizenzierung und den bevorstehenden Abstiegskampf, der bedeutet, dass man potenzielle Spieler nicht nachhaltig ansprechen kann.

Bliebe eigentlich nur der Verkauf eines jungen, eigenen Spielers und da existiert nach den Abgängen von Son und Calhanolgu in den letzten Jahren nur noch Jonathan Tah auf der Payroll des HSV. Bekommt man für Tah tatsächlich die vertraglich festgeschriebene Ablösesumme von € 15 Mio., ist der Verein nahezu gezwungen, den Spieler gehen zu lassen.

Was die Fans dazu sagen werden, kann man sich heute schon ausmalen…

Einzige zur Zeit denkbare Alternative wäre eine erneute Finanzspritze aus der Schweiz, womit Klaus-Michael Kühne seinen Anteil an der AG erhöhen und den Einfluss seiner Gefolgschaft vergrößern würde. Was das bedeutet, kann man an der Vertragsverlängerung von Marketing Vorstand Hilke erkennen, über die Vorstandschef Beiersdorfer nicht nur nicht begeistert, sondern gar nicht informiert gewesen sein soll.