Liebe Leser, vor einigen Wochen führte ich ja bekanntermaßen ein Interview mit dem Direktor Profi Fußball, Peter Knäbel. Ich habe mich jetzt dafür entschieden, dieses Interview doch noch zu veröffentlichen, zumal ich denke, es enthält einige Details, die trotz der zahlreichen Interviews, die mittlerweile geführt wurden, nicht zur Sprache kamen.

Kurz zur Erinnerung. Nachdem ich mich wochenlang um ein Gespräch mit Vorstands-Boss Beiersdorfer bemüht hatte, kam am 14.10.2014 der Termin mit Peter Knäbel, vermittelt von Mediendirektor Jörn Wolf, zustande. Kurz vor dem Gespräch wurde mir dann mitgeteilt, dass ich das anstehende Gespräch nicht als Interview und ganz sicher nicht als „exklusiv“ bezeichnen könnte, weil – man wäre beim HSV noch nicht so weit. Erst müsse man die „üblichen Verdächtigen, BILD, Mopo, Abendblatt“ durchschleusen.

Grundsätzlich habe ich damit gar kein Problem, wenn man denn als Verein der Meinung ist, man müsse alte Verbindungen und Kontakte pflegen, dann ist das eben so. Warum man mir dann allerdings einen Termin 3 Tage vor den Boulevardblättern gab, habe ich bis heute nicht verstanden. Anyway, jetzt spielt es eh keine Rolle mehr.

Übrigens, als kleine Orientierungshilfe. Der Kabelsender SKY Sport News HD hat seine neuesten Zahlen veröffentlicht und kann jetzt voller Stolz verkünden, dass man sich einen Marktanteil von 0,1% erarbeitet hat, was insgesamt 400.000 Zuschauern pro Monat entspricht. Diese famose Zahl wird mit insgesamt 200 Mitarbeitern erwirtschaftet. Zum Vergleich: HSV-Arena.Hamburg hat pro Monat 130.000 bis 150.000 Leser und ich mache den Kram hier allein. Hinzu kommt – wie viele von den 400.000 SPNHD-Guckern mögen wohl HSV-Fans sein? Stichwort Relevanz 😉

Viel Spaß beim lesen.

 

Interview mit Peter Knäbel, Direktor Profi Fußball

HSV-Arena: „Herr Knäbel, sie haben bei ihrer Vorstellung gesagt, dass sie die richtigen Fragen stellen wollen. Welche Fragen haben sie gestellt?“

Peter Knäbel: „Wer macht was? Wo kommst du her? Wo stehst du in 5 Jahren?“

HSV-Arena: „Haben Sie das mit allen Mitarbeitern schon gemacht oder spielen diese Fragen nicht bei allen eine Rolle?“

PK: „Ich bin dabei und es geht darum, Prozesse zu verstehen und, nicht zu vergessen, Menschen zu verstehen. Das Anspruchsvolle ist, das Eine zu tun, sprich den Tages-Erfolg zu sichern, zu sehen, wie sich eine erfolgreiche Mannschaft entwickelt und auf der anderen Seite auch nicht zu vergessen, dass wir konzeptionell nachlegen müssen. Dafür gilt es auf der einen Seite über Prozesse zu kommen und alles was dazu gehört. Wie kommen wir an ein Trainingslager? Wer ist zuständig? Welche Agenturen hängen daran? Was will der Trainer gern haben, keine Frist verpassen etc. Das sind nur einige der Fragen, die man sich ständig stellen muss, aber wenn man bei zwei, drei verschiedenen Organisationen gearbeitet hat, weiß man in etwa, welche Fragen man stellen muss. Allerdings gibt es auch immer Fragen, die man noch nie gestellt hat.

Zum Beispiel habe ich die Frage gestellt: Wo ist die Masterfolie für eine Powerpoint-Präsentation? Die Frage fand ich eigentlich relativ doof, aber ich habe dann feststellen müssen, dass sie doch gar nicht so doof war“

HSV-Arena: „ Sie würden ihre aktuelle Rolle also zur Zeit mehr als die des Analysator verstehen und weniger als der große Lautsprecher, der die Ansagen macht?“

PK: „Ich werde auch nicht der große Lautsprecher werden, es sei denn, es ist nötig. Das Geschäft ist laut genug“

HSV-Arena: „Sie sind jetzt fast 30 Jahre im Geschäft u.a. als Profifußballer, Trainer, Manager, Sportdirektor. Wie hat sich aus ihrer Sicht das Berufsbild des Sportdirektors innerhalb ihrer Karriere in dieser Zeit entwickelt? Stichwort Aufgabenstellung, Herausforderung“

PK: „Es ist vergleichbar mit der Entwicklung des Telefons. Die Technik ist eine andere, aber es geht immer noch darum, Menschen zu verbinden. Tatsache ist, dass man heute einfach mehr Möglichkeiten hat. Im Kern ist die Aufgabe immer noch gleich, es geht immer noch um Menschen, um eine Mannschaft, um ein Trainerteam. Es geht um Dienstleistungen. Früher hatte man einen Platzwart, der den Rasen gemäht hat. Heute hat man eine Mannschaft von Greenkeepern, eine Lichtanlage, die hin- und herflitzt. Man hat einen Hybridrasen mit diversen Unterschichten, das muss man alles wissen und das musste ein Manager früher nicht wissen.

Im Kern jedoch ist es für mich immer noch das Gleiche: Aus Menschen das bestmögliche herauszuholen für den Auftrag, erfolgreich Fußball zu spielen“

HSV-Arena: „Herr Beiersdorfer spricht gern von einer horizontalen und einer vertikalen Ebene. Vielleicht können sie das ein wenig konkretisieren, genau gefragt: Was unterscheidet ihre Aufgabenstellung von Herrn Peters Aufgabenstellung?“

PK: „Grundsätzlich kann man von einem Bild reden. Wir sind nicht drei Säulen (Beiersdorfer, Peters, Knäbel), sondern wir sind zwei Säulen und Didi ist das Dach. Meine Aufgabe ist eher das Kurzfristige, das Tagesgeschäft. Das wäre die horizontale Ebene. Wenn man die vertikale Ebene beschreiben will, dann ist das halt mehr das Langfristige.

Wie haben rund um die Profimannschaft verschiedene Themen. Wir haben das Team, das Trainer-Team, das Funktions-Team, das Medico-Team, die Scouting-Abteilung, die Assistenz-Abteilung, die wir hier haben. All das, was Tagesgeschäft ist, Greenkeeping gehört auch dazu.

Beispiel: Julian Green ist verletzt, dann kommt der Doktor zu mir und wir entscheiden, was wir machen. Innerhalb dieses Tagesgeschäftes gibt es auch Themen, die nicht nur im Tagesgeschäft wichtig sind, sondern die auch im langfristigen Prozess wichtig sind. Medizin, Trainingswissenschaft, wo Bernhardt Peters aufgrund seiner Ausbildung enorm große Erfahrung hat. Zum Beispiel erarbeitet er das Thema „Medico-Konzept HSV“ zusammen mit dem Doktor, der für uns zuständig ist.

Also, um es kurz zu fassen. Tagesgeschäft ist eher bei mir, langfristige Konzepte sind bei Bernhard. Es gibt aber auch Themen wie Scouting, da stecken wir beide drin, weil es die kurzfristige, wie auch die konzeptionelle Arbeit umfasst.“

HSV-Arena: „Bei ihrer Vorstellung fiel auf, dass sie auf die üblichen Floskeln ihrer zahlreichen Vorgänger verzichtet haben. In Hamburg war man daran gewöhnt, dass neue Trainer oder Sportchefs bei ihrem ersten Auftritt davon sprachen, dass der HSV „ein großer Verein“ sei und eigentlich „in die Top 5 gehören würde“. Sie haben darauf verzichtet. Warum? Haben sie sich vor der PK darüber Gedanken gemacht oder war das eher Zufall?

PK: „Natürlich war das Absicht. Die Dinosaurier sind auch irgendwann einmal ausgestorben und es bringt meiner Meinung nach nichts, von dem großen Potenzial, von der tollen Stadt etc. zu reden, das haben all meine Vorredner getan. Ich mag die Menschen und die Stadt, ich als Person. Aber das hilft nicht dabei, dass wir erfolgreicher Fußball spielen. Um guten Fußball zu spielen muss man gute Fußballer haben, ein gutes Funktionsteam haben und jeden Tag einen verdammt guten Job machen, denn es gibt verdammt viele um uns herum, die auch nicht schlafen. Vom Potenzial der Stadt, der Fans, des Stadions etc. können wir uns nichts kaufen. In dieser Stadt gibt es Platz für einen Verein von der Größe des HSV, das ist so und daraus lässt sich was machen, aber das macht man jeden Tag mit seiner Arbeit und nicht dadurch, dass man erzählt, was alles möglich gewesen wäre. Das entspricht meinem Naturell, dass ich nicht in die Vergangenheit blicke, sondern mich frage: Was will ich heute tun, was will ich morgen tun, wo will ich einem halben Jahr oder einem Jahr stehen?

HSV-Arena: „Also wählen sie den umgekehrten Ansatz. Nicht zu sagen „ja, aber der HSV ist doch..“ oder „Der HSV müsste doch..“, sondern zu sagen: „Wir müssen jetzt die Argumente neu liefern, warum der HSV..“?

PK: „Genau. Ich sehe die Aussicht auf Erfolg nicht deshalb, weil irgendwas in der Vergangenheit mal geklappt hat, sondern weil die Menschen hier gut sind. Jemand, der ins Stadion geht, der muss darauf stolz sein. Der muss sagen: „Da sind gute Leute, die machen einen guten Job“. Der kommt nämlich nicht, weil er sagt, dass der HSV eine große Tradition hat. Deshalb müssen wir über die nächsten Schritte reden und nicht über das, was mal war. Mein Auftrag ist, dafür zu sorgen, dass wir alle jeden Tag einen besseren Job machen, als die Konkurrenz.

HSV-Arena: „Das Thema Außendarstellung bzw. Image ist bei Mitgliedern und Fans ein ganz wichtiges. In den letzten Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, dass dem HSV ein negatives Images anhaftet, eine ausländische Spielergewerkschaft hat sogar einmal vor einem Wechsel zum HSV gewarnt. Wie haben sie eigentlich den HSV in den letzten Jahren beobachtet, sie sagten ja mal, sie hätten in den letzten Jahren immer mal wieder Kontakt zum Verein gehabt?“

PK: „Immer sehr interessiert, denn, egal wo man spielt, man interessiert sich immer auch für den anderen Proficlub. Aber insgesamt betrachtet, würde ich sagen: „Heiß und kalt“. Es gab mal eine Phase, da waren wir im Europacup mit Basel hier und ich dachte: „Wow!“ Allein das damals noch neue Stadion, im Gegensatz zum alten, zugigen Volksparkstadion. Ich fand den Verein immer außerordentlich sympathisch, extrem dienstleistungsbewusst und ich dachte damals, dass es da kaum noch Luft für einen anderen Verein gibt.

HSVArena: „Man könnte also sagen, dass der HSV im Ausland bzw. in der Schweiz schon noch eine große Nummer ist?“

PK: „Sie haben mich nach meinen Eindrücken befragt und die sind geteilt. 2007/08 habe ich gedacht: „Ja, toller Club“ und danach aber auch wieder: „Was ist denn da jetzt los? Wieso kommen die so ins Schlingern?“ Bedeutsam war, als dann die Fußball-Kompetenz immer mehr an einem hing und als Didi dann aufhörte, habe ich noch gedacht: „Okay, und wie machen die das jetzt?“. Dann hatte ich mal Kontakt zu Bernd Hoffmann, da hatte ich aber gerade beim Schweizer Verband unterschrieben. Ich habe auch mal versucht, mich in die Struktur rein zu denken und versucht zu analysieren, wie der Verein aufgestellt ist. Ich dachte damals: „Oha, das ist nicht einfach, sowas zu führen, so einen Mehrsparten-Verein“ und habe dann gesehen, dass es dann auch immer mehr runterging, sowohl in der Tabelle, aber auch in der Darstellung.

Wenn man einem Unternehmen die Fußball-Kompetenzen entzieht, dann wird es ein Konzern mit Fußball-Abteilung, aber es muss ein Fußball-Unternehmen sein. Geschäft ist das heutzutage immer, das kann man nicht negieren.

Zusammengefasst: Bewunderung, für das, was eigentlich sein sollte und Verwunderung darüber, was dann tatsächlich Realität war.

 

Ende Teil1.