„Ich stelle fest, dass der Antrag des Vorstandes zur Ausgliederung des Bereichs Profi-Fußball mit einer Mehrheit von 86,9%…..“ (Aufsichtsratschef Meier am 25.05.2014)

Der Rest ging in einer Jubelorgie unter, wildfremde Mitglieder lagen sich weinend in den Armen. Selten wurde in den letzten Jahren derart enthusiastisch „HSV, HSV“ gegröhlt, die Zukunft schien nicht nur gerettet, sie schien leuchtend schön. Die Mitglieder-Initiative HSVPLUS hatte etwas geschafft, was schier unmöglich schien, man konnte nicht nur fast 10.000 Mitglieder an diesem Sonntag in den Volkspark bewegen, man konnte sogar die erforderlichen 75,1% Stimmenmehrheit deutlich überspringen. Otto Rieckhoff schien am Ziel seiner Träume, verdiente HSVer feierten den Verein und vor allem feierten sie sich selbst.

Hinzu kam, dass mit „Dukaten-Didi“ Beiersdorfer ein alter Weggefährte für den Posten des Vorstandsvorsitzenden gewonnen werden konnten, dieser wurde vom neuen weißen Ritter, Karl Gernandt, in einer Handstreich-Aktion und unter dem Blick zahlreicher Medien öffentlichkeitswirksam aus St. Petersburg heim ins Reich geholt. Die Tatsache, dass Beiersdorfer dem HSV bereits Ende Februar seine Zusage gegeben hatte (übrigens egal in welcher Vereins-Konstellation) und dass die Russen bereits seit Anfang Februar auf der intensiven Suche nach einem Nachfolger für den glücklosen Sportchef waren, blieb zum Glück unerwähnt.

Was ging in diesen Momenten in den Köpfen der bewegten HSVer vor, was erhofften sie sich für ihren chronisch klammen und latent erfolglosen Verein? 

Nun, da sei zuerst einmal ein verstärktes Engagement von Seiten des Edel-Investoren Klaus-Michael Kühne zu nennen. Hatte der alte Mann in der Vergangenheit zwar schon mal mit einem Kredit ausgeholfen, so hatte er doch aber auch in regelmäßig unregelmäßígen Abständen sein Unverständnis über die Taten der handelnden Personen zum Ausdruck gebracht.

„Von Fink enttäuscht“, „Arnesen macht keinen guten Job“, „Slomka ist weinerliche und der falsche Mann“, „Kreuzer ist ein Drittliga-Manager“, „Mir guckt der aktuelle Vorstand zu sehr auf’s Geld“.

Dies alles sollte nun Geschichte sein, denn nicht nur, dass Kühne seinen Generalbevollmächtigten Gernandt an der Spitze des neuen Aufsichtsrats platzieren konnte, es konnte mit Beiersdorfer auch eine Person seines Vertrauens als Vorstandschef gewonnen werden. Die von Klau-Mi zuvor kritisierten Personen waren bereits Geschichte bzw. sollten es bald sein (Kreuzer, Slomka). Nun konnte es also losgehen, dass Bundesliga-Feld konnte sich warm anziehen, wenn sich der HSV anschicken würde, dasselbige mit Hilfe von „kostenlosem Geld“ von hinten auf zu rollen.

Die Luft ist raus 

Heute, am 19.12.2014, also knapp 7 Monate später, muss man leider anmerken, dass von der Kraft, die damals durch die Arena schwappte, nichts übrig geblieben ist. Aus Euphorie wurde Ernüchterung, aus Hoffnung auf eine bessere Zukunft wird mehr und mehr Verzweiflung, vielleicht sogar die blanke Angst. Der verzweifelte Ruf nach „Geduld“ ist mehr eine Art Schutzpanzer für diejenigen, die es immer noch nicht wahrhaben wollen.

„Dieses Votum ist die Startlinie, von heute an geht es los, in dem Konzept HSVPLUS das zu erreichen, was wir uns alle, und da spreche ich jeden an, was wir uns alle vorgenommen haben…“

In dem Konzept von HSVPLUS also. Nun, leider ist nach dem 25.05.2014 von dem Konzept HSVPLUS nichts mehr da. Das Konzept sah die Einbindung von strategischen Partner zum Zwecke der Entschuldung vor. Ergebnis nach 7 Monaten: NULL.

Das Konzept sah vor, dass man auch bei der Auswahl von Lizenzspielern in Zukunft strategischer und analytischer vorgehen wolle. Verzicht auf überteuerte Stars, auf die Jugend setzen.

(Lasogga, Behrami, Müller, Holtby, Stieber, Cleber Reis) = € ca. 27 Mio.

Fragt man führende Köpfe der Bewegung HSVPLUS nach dem, was von ihrer Idee übrig ist, erntet man maximal Kopfschütteln, teilweise mehr. Aktivisten wie Dr. Klein, Stephan Rebbe, Holger Hieronymus, Dietmar Jacobs etc. haben seit Mai mehrfach ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, wie das, wofür sie Monate unentgeltlich kämpften, nachhaltig pervertiert wurde.

Vom Retter zum Rächer

Seit Donnerstag steht fest, was beim Fußballbundesligaclub HSV lange keiner wahrhaben wollte: Der Unternehmer Klaus-Michael Kühne will sein Darlehen in Höhe von 25 Millionen Euro nicht wie ursprünglich geplant bis zum Ende dieses Jahres in Anteile der HSV AG umwandeln. „Herr Kühne wird sein bis Ende dieses Jahres vereinbartes Optionsrecht nicht wahrnehmen, und bis zum Ende des Jahres werden wir mit Sicherheit keine Kapitalerhöhung verkünden“, bestätigte HSV-Finanzvorstand Frank Wettstein dem Abendblatt.

http://mobil.abendblatt.de/sport/fussball/hsv/article135549887/Schock-fuer-den-HSV-Milliardaer-Kuehne-kauft-doch-keine-Anteile.html

Jetzt hat der Verein den Salat, aber richtig. Kühne, am 25.05 noch als Retter gefeiert, mutiert zum Rächer, denn mit seinem Verzicht, sein € 25 Mio.-Darlehn in AG-Anteile um zu wandeln, kann er dem Pleite-Club tatsächlich den DFL-Stecker gezogen haben. Binnen Sekundenfrist werden aus bilanzierten € 100 Mio Verbindlichkeiten € 125 Mio Verbindlichkeiten und der Verein hat auch nicht den Hauch einer Ahnung, wie er dem entgegen wirken soll. In den Vorständen anderer Bundesliga-Vereine werden bereits die Insolvenzmesser gewetzt, Solidarität mit einem Sterbenden sucht man hier vergeblich.

Kühne weiß das natürlich, der Mann kennt die Zahlen. Der Umstand, dass er sein Hobby bzw. seinen Spielball HSV mit seinem Intimus Gernandt und seinem Hoffnungsträger Beiersdorfer an der Spitze jetzt derart gegen die Wand fahren lässt, lässt nichts Gutes vermuten.

Was bleibt jetzt, zumal der HSV-Vorstand mit Kühne-Günstling Hilke bis 2018 eine Dauerlaus im Pelz sitzen hat? Im Grunde kann mit der Kühne-Entscheidung dessen Vereins-Stadthalter Gernandt auf der Stelle den Hut nehmen, seine Existenzberechtigung ist abgelaufen. Desweiteren sollten man sich so schnell wie möglich von der KMK-Standleitung im Vorstandsressort Marketing trennen, es sei denn, man möchte, dass der 78-Jährige auch weiterhin auf dem aktuellsten Stand der Dinge ist.

Fakt ist: Der HSV braucht Geld und er hat keinen Plan B, woher es kommen soll. Man hatte alles auf die Karte Kühne gesetzt, man hatte dem Wahl-Schweizer nahezu jeden Wunsch erfüllt und dafür bekommt man jetzt den Tritt in den Hintern.

Aber vielleicht kann ja der neue designierte e.V.-Präsident Jens Meier einen Lösungsweg vorgeben. Diese Personalie zeigt im Grunde das gesamte Dilemma des Vereins. Der eine Ex-Aufsichtsratsboss (Rieckhoff) will unbedingt, das andere Ex-Aufsichtsratsboss (Meier) soll es werden. Hinzu soll mit Dr. Hartmann ein Mitglied den Job des Schatzmeisters übernehmen, der bereits zweimal erfolglos versuchte, in den Aufsichtsrat einzuziehen.

Anstatt neue Lösungen zu suchen und bestensfalls zu finden, blubbert dieser Verein auch weiterhin in seiner eigenen Suppe (Beiersdorfer, Meier, Kühne etc.) Es sind immer die gleichen Protagonisten, die bereits in der Vergangenheit unter Beweis gestellt haben, dass sie einige Dinge nun mal nicht können.

Aber – wer weiß? Vielleicht sind es ja auch nur die Einzigen, die überhaupt noch bereit sind, in diesem Verein ein Amt zu übernehmen und sich an die Reling der Titanic zu klammern.