Fehler sind da, um gemacht zu werden, keine Frage. Das Geheimnis der Fehler ist lediglich, dass man aus ihnen lernen sollte, es gibt den geflügelten Spruch: „Mache niemals zweimal den gleichen Fehler“. Nun, dieser Spruch scheint für alles und jeden zu gelten, für die Führungsspitze des Hamburger Sportvereins, egal wie sie auch heißen mag, scheint er nicht zu gelten. Anders jedenfalls ist es nicht zu erklären, warum der Verein respektive seine herrschenden Exzellenzen immer und immer wieder in die gleiche mediale Falle tappt.

Fehler Nr. 1: Es wird einfach zu viel gelabert

Fehler Nr.2: Es wird scheinbar nicht miteinander sondern vielmehr übereinander geredet

Fehler Nr. 3: Man macht sich bei seinen Handlungen von äußeren Einflüssen abhängig.

Fehler Nr. 4: Man sagt die Unwahrheit

Ich will versuchen, meine Meinung für alle verständlich zu erklären, denn gestern Abend gingen bereits wieder zahlreiche Stilblüten durchs Netz, die verdeutlichen, dass viele Fans den Sachverhalt offenbar nicht richtig verstehen bzw. zuordnen können und im Zuge dieses Unverständnisses Ursache und Wirkung vertauschen.

Gestern meldete sich der Schweizer Ex-Nationalspieler Innocent Emeghara zu Wort, das war der kleine Sprinter, den der HSV großzügig ins Trainingslager nach Dubai eingeladen hatte. Hier die Erklärung des Spielers, der mittlerweile einen Vertrag in MLS bei San Jose unterschrieben hat und im sonnigen Kalifornien, statt im trüben Hamburg spielen darf:

„Wenn ich das alles vorher geahnt hätte, wäre ich überhaupt nicht nach Dubai geflogen. Wenn ein Verein von vornherein nicht von deinen Qualitäten überzeugt ist, wird er das auch nach ein paar Tests nicht sein. Der HSV hat mir mitgeteilt, dass man erst einen „großen Namen“ verpflichten wollte. Die Medien hätten den HSV sonst in ein schlechtes Licht gerückt.Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, was die Medien über mich geschrieben hätten. Aber ich finde es absurd, dass der HSV den Medien die Geschichte so übermittelt hat.“

Um es von vornherein klar zu stellen: Ich glaube jedes Wort davon. Warum? Weil es die logische Folge dessen ist, was der HSV bisher in beiden Transferperioden ablieferte, was der HSV im Grunde seit Jahren abliefert – man kauft Namen teuer ein. Diese Namen sorgen dann bei Fans und Medien für eine Art Anfangseuphorie, im Anschluss können die Namen die Erwartungen dann häufig nicht erfüllen. Beispiele gefällig:

Pierre-Michel Lasogga (22). Der Ex-Berliner gilt es extrem verletzungsanfällig, fehlte entsprechend in den letzten vier!!! Vorbereitungen und erfährt immer direkt nach dem anstrengenden Trainingslager eine Wunderheilung. PML besaß bei Hertha noch einen Vertrag für ein weiteres Jahr, Trainer Luhukay plante nicht mit ihm. Fasst man diese Fakten zusammen, so ist eine Ablöse in Höhe von € 8,5 Mio. und ein Gehalt von € 3,5 Mio. der schlichte Wahnsinn, es wird berichtet, dass die Berliner heute noch am feiern sind. Aber: Lasoggas Transfer sorgte erstmal für Ruhe und zwar bei Fans und Medien. Wenn man den Rettungsanker der Katastrophen-Saison 2013/14 nicht gehalten und einen anderen, günstigeren Stürmer verpflichtet hätte, hätte man das erklären müssen und wer möchte das schon? Man erkauft sich Ruhe im Karton.

Valon Behrami (29): Der HSV hat einen Kerem Demirbay (21) unter Vertrag, der eine Bomben-Vorbereitung spielte und verpflichtet stattdessen einen 29-jährigen Behrami. Der Schweizer spielte eine normale Weltmeisterschaft, aber er hat einen Namen. der Umstand, dass Behrami einen massiven Knieschaden von der WM mit nach Europa brachte, hielt die Verantwortlichen nicht ab. € 3,5 Mio wanderten in die Kassen des SSC Neapel, ca. € 2,5 Mio wandern jedes Jahr in Behramis Taschen. Im Winter wurde der Schweizer operiert, wie lange er ausfällt, ist nicht bekannt. Ob er jemals seine Leistungsstärke wieder erreicht, ist ebenfalls unklar.

Lewis Holtby (24): Der Deutsch-Engländer hatte eine wirklich gute Zeit in Mainz, keine ganz so gute auf Schalke, eine mehr als mittelmäßige in Tottenham und eine miese in Fulham.

Aachen, Schalke, Bochum, Mainz, Tottenham, Fulham, Hamburg. Der Junge ist 24 Jahre alt und halt als Profi bereits bei 7 Vereinen gespielt. Aber er hat einen Namen und wenn ein Spieler einen Namen hat, gibt der HSV auch gern mal € 6,5 Mio aus, die er eigentlich gar nicht hat.

Nicolai Müller (27): Betrachtet man die Auftritte von Müller in dieser Saison, so wundert man sich, wie es dieser Spieler jemals in den Kreis einer Nationalmannschaft gebracht hat, die im letzten Sommer Weltmeister wurde. Und man wundert sich auch, warum sich die Mainzer damals so leicht taten, ihren vermeintliche Star abzugeben. Sicher, eine Ablöse von € 4,5 Mio. hilft da schon ein wenig und alle waren glücklich. Müller spielte endlich bei einem „großen“ Verein (und verdiente entsprechend), der HSV hatte den (für Fans und Medien nötigen) Nationalspieler und Mainz war um € 4,5 Mio. reicher.

Ich könnte jetzt noch das Beispiel Cleber vs. Tah anführen (Brasilianer machen sich immer gut als Vorzeigetransfer), Shootingstar Ostrzolek ebenso. Ich denke, jedem, der vielleicht mal seine Vereinsbrille abnimmt, wird das Muster deutlich.

Viele Sprüche, keine Resultate

An dieser Stelle beamen wir uns zurück in die Zeit der Winterpause. Der HSV hat nach 17 Spiele 17 Punkte und schwebt in akuter Abstiegsgefahr, wieder einmal. Natürlich werden in einer solchen Situation die Rufe nach Verstärkungen laut und ein Verein, der nicht in der Lage ist, autark zu handeln, ist plötzlich ein Getriebener. Schnell wird bekannt, dass der HSV an dem Leverkusener Drmic und dem Mailänder Kuzmanovic interessiert ist (das Interesse an einem weiteren Spieler aus einer anderen europäischen Liga blieb bisher unbekannt), die Verantwortlichen dementieren auch gar nicht, sondern bestätigen die Interessenlage offensiv. Die Zeit vergeht und nichts passiert. Aufgrund der offenen Bekunden des HSV, dass man diese Spieler haben möchte, sind die abgebenden Vereine in einer komfortablen Situation, sie können die Geschwindigkeit bestimmen, die Zeit spielt für sie.

Nun rückt die Zeit des Transfer-Endes immer näher und die zahlreichen Exzellenzen und Hunderte von Direktoren mit Verbindungen bis zum Mars und Netzwerken wie die Kanzlerin haben nichts vorzuweisen. Also erinnert man sich an einen kleinen, arbeitslosen Schweizer. Man lädt ihn ein, erklärt, dass man ihn beobachten möchte usw. Tatsächlich spielt der Schweizer in den Überlegungen der Verantwortlichen keine Rolle, aber man erkauft sich Zeit und man erkauft sich Ruhe. Das Zeichen an die Fans: „Die Herren schlafen nicht, die ackern wie die Tiere“. 

Dann der GAU. Das erste Spiel der Rückrunde, das Heimspiel gegen Köln wird verloren und es kein neuer Spieler da. Nun hätte man von Seiten des HSV folgendes übermitteln können:

„Natürlich gucken wir uns auf dem Markt nach Verstärkungen um, aber wir werden nur dann etwas machen, wenn wir auch zu 100% von dem Spieler überzeugt sind. Drängt sich kein Spieler auf, werden wir die Rückrunde mit dem bestehenden Kader angehen und das Geld lieber für die nächste Transferperiode im Sommer sparen“

Hätte man machen können, macht man aber nicht in Hamburg. Stattdessen werden in zwei Gewaltaktionen zuerst der 35-jährige Ivica Olic (am Tag vor dem Köln-Spiel) und danach der 28-jährige Marcelo Diaz geholt, um die Gemüter von Fans und Medien zu beruhigen und es gelingt. Warum gelingt es, zumindest kurzfristig? Man hat wieder einmal zwei Namen für viel Geld geholt, den Fans wird erklärt, es ginge nur gegen den Abstieg (bei einem Etat von mittlerweile € 55 Mio. ein Treppenwitz). Das Ablenkungsmanöver Emeghara darf gehen, aber das war schon von Anfang an klar, denn er hat keinen Namen.

Was sagt uns das alles? Nun, es sagt uns, dass der HSV tatsächlich keine Transferstrategie besitzt, jedenfalls keine, die funktioniert. Man lässt sich auch weiterhin von den Befindlichkeiten der Fans und von den Wünschen bzw. Forderungen der Medien treiben und gibt das Heft des Handelns aus der Hand. Naja, vielleicht ist man einfach noch nicht so weit.

Das nächste Kommunikations-Desaster

Er redet viel, der Peter Knäbel, denn er ist ein netter Mensch und er ist ein höflicher Mensch. So bleibt zur Zeit keine Frage unbeantwortet, täglich sind sämtliche Medien voll mit den neuesten Gedankengängen des „Direktor Profifußball“. Entsprechend hat sich Knäbel auch zur Situation von Julian Green geäußert.

Peter Knäbel, der Direktor Profi-Fußball des HSV, sagt gegenüber der Bild-Zeitung, dass Green künftig für die zweite Mannschaft der Hanseaten auflaufen wird: „Dort soll er sich aufdrängen. Ich erwarte, dass die Spieler dann auch da spielen. Schließlich ist die U23 kein Abfallkübel, sondern das Flaggschiff der Ausbildung.“

Um es von vornherein ganz deutlich zu sagen: Diese Aussage seitens Peter Knäbel gibt es, sie existiert. Weder die BILD noch die SportBild hat sich diese Sätze ausgedacht,  um „dem HSV zu schaden oder Unruhe in den Verein zu bringen“. Diese Aussagen sind unwidersprochen, nur leider sind sie beim Spieler selbst anders angekommen oder sie sind gar nicht angekommen, aber auch das scheint in Hamburg mittlerweile Methode zu haben.

So bekundete Tolgay Arslan nach seinem Wechsel zu Besiktas Istanbul, dass der Trainer wochenlang nicht mit ihm gesprochen habe.

Ivo Ilicevic erfuhr von seiner Verletzung, die ihm die Teilnahme am Dubai-Trainingslager kostete, aus der Presse. Tatsächlich war er gar nicht verletzt.

Mit Slobodan Rajkovic wurde monatelang nicht gesprochen, erst jetzt wird er zum neuen Maskottchen des HSV aufgebaut. Kein Wunder, er spielt ja auch gut. Als es ihm schlecht ging, war er Luft für die Herren.

Mit Maxi Beister tun sich auch bereits erste Risse auf.

Nun könnte man sagen: „Ja klar, dass sind alles Spieler, die keine große Rolle spielen, die suchen die Schuld beim Verein“. Das, liebe Freunde, ist zu kurz gesprungen, denn natürlich beschwert sich kein Spieler, der ständig in der Startelf steht. Warum auch?

An der fehlenden Zeit der Verantwortlichen kann es ebenfalls nicht liegen, andernfalls hätte Herr Knäbel keine Zeit, sich während des Trainings eine halbe Stunde mit einem dünn-angerührten LKW-Fahrer zu unterhalten. Es geht also.

Julian Green jedenfalls machte seinem Unverständnis via Facebook Luft, ob das jetzt schlau war, bleibt dahin gestellt.

Mit mir hat bisher weder der Trainer noch der Sportdirektor gesprochen”, schrieb Green: „Ich habe selbst aus der Presse erfahren, dass ich ab jetzt angeblich für die U23 spiele. Ich bin Lizenzspieler, habe mir nichts zu Schulden kommen lassen und gebe in jedem Training alles.”

Auch hier nochmal für alle, die es nicht verstehen wollen: Es geht überhaupt nicht darum, ob Green vielleicht tatsächlich in die U23 gehört oder ob er eine Fehlplanung war oder nicht. Es geht darum, dass innerhalb des Vereins offenbar falsch oder schlecht kommuniziert wird und das bereits seit vielen Jahren.

Jetzt sollte man sich einmal folgendem Gedanken hingeben: Wenn man bereits mehrfach das Führungspersonal ausgetauscht hat und die Fehler immer die gleichen bleiben, woran könnte das liegen? Wer ist am Ende für die Kommunikation des Vereins verantwortlich? Oder ist die Abteilung Kommunikation und der ihr vorstehender Direktor nur eine Beratungsabteilung, die aber scheinbar nicht berät? Und wenn sie berät, berät sie schlecht.

Ich möchte an dieser Stelle auch etwas anderes loswerden. Ich (und nicht nur ich) beobachte, dass man mit der Veröffentlichung solcher Blogs oder mit dem posten solcher Nachrichten auf Facebook bei einigen Fans einen derart krankhaften Beißreflex auslöst, den ich aber bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen kann, denn bis vor einiger Zeit ging es mir nicht anders. Auch ich habe reflexartig alles in Frage gestellt oder negiert, was meinen Verein, die Spieler, Trainer etc. in irgendeiner Art und Weise kritisiert hat. Ich habe auf der Stelle die Schuld bei den Anderen gesucht, habe die Medien verantwortlich gemacht etc.

Und dann habe ich viele der handelnden Personen (noch im Amt oder nicht mehr) kennengelernt und ich habe verstanden, was dort passiert. Diese Herren spielen ihr Spielchen und die Meisten spielen es für sich. Es sind keine durchsichtigen Wesen, die heimlich übers Wasser gehen können oder Atom-Physiker, die vor wackelnden LED-Bildschirmen sitzen und die Marktentwicklung im Sekunden-Rhythmus beobachten. Viele Entscheidungen werden aus dem Bauch getroffen, weil jemand anderes es verlangt (Kühne), weil die Öffentlichkeit (Fans) es erwarten. Hier werden Fehlentscheidungen am laufenden Band getroffen und wenn das Geld alle ist, geht man nach Haus (Jarchow).

Vielleicht sollte sich dies der eine oder andere Reflexbeißer einmal vor Augen führen und zweimal nachdenken, bevor er um sich tritt. Vorausgesetzt natürlich, er bringt ein Mindestmaß an Intelligenz mit.

P.S. Im Zuge des gestrigen Wiedereinstellungs-Verfahrens gegen den ehemaligen Fitness-Trainer Vidovic wurde bekannt, dass der Ex-Türsteher beim HSV ein Jahresgehalt von € 180.000 (€ 15.000/Monat) kassierte. Mir fehlen die Worte.

Menke attackierte den beliebten Coach, der auch privat mit Stars wie Rafael van der Vaart und Pierre-Michel Lasogga trainierte, sprach von „Verschleiß-Erscheinungen“ in der Beziehung zu den Spielern. Der Anwalt weiter: „Die Mannschaft war in einem katastrophalen Fitness-Zustand.“ Harter Tobak… (BILD.de)

Auch hier fehlen mir die Worte. Dieses Vorgehen ist eines HSV unwürdig.