Aftereight

Am meisten müsste die Exzellenzen eigentlich schockieren, dass die Fans nicht mal mehr richtig schockiert sind. Ein 0:8 in München wäre in grauer Vorzeit mit der sofortigen Kündigung des „Funktions-Teams“ geahndet worden, Tausende aufgebrachte Fans hätten am nächsten Tag vor der Geschäftsstelle gestanden und Köpfe gefordert, sämtliche öffentliche Auftritte der Verantwortlichen wären ersatzlos gestrichen worden, eine Krisensitzung würde die nächste jagen.

Häme muss man sich erarbeiten

Das ist heute anders, in Hamburg hat man sich an Auftritte wie den gestrigen fast schon gewöhnt. Und auch das mediale Echo quer durch die Republik fiel längst nicht so hämisch oder dramatisch aus, wie man es hätte vermuten können. Ist halt der HSV und der HSV 2015 taugt eher zum Mitleid als zur Häme. Häme und Spott muss man sich erarbeiten, Mitleid erhält man umsonst.

Und so erklärt der Bundes-Didi im Anschluss an das Debakel, dass er bei der Auswechslung Robben’s geklatscht hätte, weil dieser so toll gespielt hatte und der Knäbel-Peter fliegt heute lustig nach München, um bei SKY90 neuerliche Plattitüden a la „analysieren“, „nicht panisch werden“ und „auf dem richtigen Weg sein“ abzusondern. Die Herren Millionäre werden heute morgen um 10 Uhr auf den Platz gehen, werden für die wenigen Anwesenden ein wenig die Köpfe hängen lassen und anschließend wird weiter gescherzt. Business as usual.

Wirklich schlimm ist, dass ein solches Spiel nicht mehr schlimm ist, es ist zur Normalität geworden. Während Mannschaften wie Stuttgart (0:2), Dortmund (1:2) alles reinwerfen und einige Teams auch mal 0:4 in München verlieren, was durchaus möglich ist, lässt sich der HSV in schöner Regelmäßigkeit abschlachten und das mit einer Mannschaft, die im Jahr an die € 55 Mio. kostet.

Der HSV ist nicht selbstbestimmt

Heute, nach diesem Spiel in München, muss man erkennen, dass seit der Inthronisierung Beiersdorfers nichts, aber auch gar nichts anders und schon gar nicht besser geworden ist. Man kauft auf dem Transfermarkt nach wie vor nach Namen und nicht nach Perspektive, um sich in der Hamburger Presselandschaft Ruhe und Frieden zu besorgen. Man labert in jedes hingehaltene Mikrophon und antwortet auf jede Frage, weil man es sich bloß nicht mit den Presseheinis verscherzen möchte. Der HSV 2015 ist ein Getriebener und er wird nicht nur von den Presse und den Fans getrieben, er wird auch von seiner desaströste Finanzlage und von Herrn Kühne getrieben, der heimlich, still und leise die Vereinspolitik bestimmt.

Wenn Herr Kühne einen Sportdirektor als drittklassig einstuft, ist der Mann früher oder später Geschichte. Erkennt KlauMi, dass mit diesem Trainer nichts zu holen ist, ruft er beim Abendblatt an und ab dann wird es für den Übungsleiter ungemütlich. Bleibt abzuwarten, wann sich der Herr aus der Schweiz nach der historischen Pleite zu Worte melden und wen er als Hauptschuldigen brandmarken wird. Richtig lustig kann es werden, wenn der 77-Jährigen auf die verwegene Idee kommen könnte, dass der Ex-Dukaten-Didi vielleicht doch nicht der richtige Mann an der stumpfen Spitze sein könnte.

Der Trainer verwirrt mehr als dass er entwickelt.

„Du bist jetzt Chef-Trainer, du bist jetzt Co-Trainer und du machst jetzt den Torwart-Trainer“. Es ist überliefert, dass die aktuelle Spitze des Funktions-Teams ungefähr so zu ihrem Job gekommen ist. Slomka wurde gefeuert und Didi hatte keinen Plan B. Seither treibt der sogenannte „Magic Joe“ sein Unwesen und was an ihm „magic“ sein soll, muss mir mal einer erklären. Zinngruber würfelt nach quasi jedem Spiel seine Mannschaft neu zusammen, die Spieler bekommen teilweise erst wenige Stunden vor Spielbeginn gesagt, wo und was sie spielen sollen. Eine Stamm-Mannschaft kann sich so nicht bilden und wenn man Spieler, die im letzten Spiel überzeugt haben (Rajkovic) für einen Spieler auf die Bank setzt, der die personifizierte Fehlerquelle darstellt, fängt bestimmt nicht nur der Serbe zu grübeln an.

Zinnbauer sagt, dass er so die Spannung und die Aufmerksamkeit hochhalten möchte, aber das kann man vielleicht machen, wenn man auf einem gesicherten Mittelfeldplatz rangiert, im Abstiegskampf können solche Experimente tödlich sein.

U23-Spieler als Alibi für Verjüngungskur

Ashton Götz (21), Ronny Marcos (21), Mohamed Gouaida (21) – das sind Jungs, die mit 21 Jahren keine Talente mehr darstellen, mit 21 Jahren war Thomas Müller schon WM-Torschützenkönig. Bis auf Götz (eigene Jugend) sind diese Spieler in unteren Klassen (Regionalliga, Oberliga) und bei ihren vorherigen Vereinen (Lübeck, Rostock, FreiburgII) gescheitert und bekamen in der U23 des HSV einen Vertrag, der ihre letzte Chance, nochmal in der 4. Liga spielen zu können, darstellte. Das sind gute Jungs, die alles reinknallen, was sie haben. Die sich den Arsch aufreißen und ackern. Aber diese Jungs werden nicht mehr als maximal durchschnittliche Bundesliga-Spieler, wahrscheinlich sogar nur  durchschnittliche Zweitliga-Spieler. Von ihnen zu erwarten, dass sie die Kohlen aus dem Feuer holen sollen, ist krank, während sich auf der anderen Seite Millionäre wie van der Vaart, Diekmeier, Müller und Co. verstecken.

Aber diese Jungs taugen sehr gut dazu, den neuen „Jugendwahn“ der sportlichen Leitung zu symbolisieren, der gar nicht vorhanden ist, denn der HSV veraltet mehr und mehr. Und während man Spieler wie Demirbay (21) und Tah (19), die ihre Bundesliga-Tauglichkeit bereits nachgewiesen hatten,  verleihen musste, kaufte man im Gegenzug namhafte Spieler (Müller, Behrami, Olic, Diaz, Djourou) und verlängert für viel Geld mit Drobny (35).

Mit der Bitte um Geduld soll Zeit erkauft werden

Mal angenommen, der aktuelle Vorstandsvorsitzende würde nicht Beiersdorfer heißen, aber er würde genauso beharrlich um Geduld winseln wie Didi. Würden ihm die Fans die aktuelle Entwicklung nach 8 Monaten, keinem Partner außer Kühne, destaströser sportlicher Peformance und katastrophaler Außendarstellung durchgehen lassen? Garantiert nicht. Der HSV2015 hängt einzig und allein an der Person Beiersdorfer und Didi zeigt jeden Tag deutlicher, dass er es eben nicht kann. Er kann nicht „Trainer“ und er kann „Transfers“ nicht mehr“. Didi kämpft ums Überleben und dabei wird nach wie vor Geld verbrannt, welches der Verein nicht hat.