Der Mann, der sich ein Leben ohne den HSV nicht vorstellen kann, schreibt unmittelbar nach dem Spiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim von einer Pechsträhne. Kein Gag, er schreibt von einer Pechsträhne. Meine Lachtränen sind auch heute noch nicht komplett getrocknet. Wenn man das, was dieser HSV in dieser Saison besonders auf fremden Plätzen mit „Pech“ erklären möchte, sollte man dringend die Medikamenten-Einstellung überprüfen lassen. Nein Leute, Pech ist das nicht. Vielmehr ist es eine Mischung Unvermögen, fehlendem Selbstvertrauen und einem Momentum, welches den HSV vielleicht doch, mit einem Jahr Verzögerung, in die 2. Liga führen könnten.

Denn sein wir doch mal ehrlich – mit Erstliga-Fußball hat das in den letzten 25 Spielen nur äußerst selten etwas zu tun gehabt. Eine Mannschaft, die in 25 Spielen insgesamt 16 Tore erzielen konnte. Eine Mannschaft, die in 14 von 25 Spielen kein Tor erzielen konnte. Eine Mannschaft, die insgesamt 3!!!! Stürmertore in 25 Partien erzielen konnte, gehört eigentlich nicht in diese Liga.

Die € 1 Mio.-Frage lautet also: Woran liegt es? Wie kann es sein, dass die viertteuerste Mannschaft der Fußball-Bundesliga in schöner Regelmäßigkeit Leistungen abliefert, für die sich ein Drittligist teilweise schämen müsste? Wie kann es sein, dass ein Team mit Spielern wie Jansen, Diekmeier, Cleber, van der Vaart, Holtby, Müller, Stieber, Beister, Diaz und Kacar einen technisch derart limitierte Ball spielen muss? Wie kann es sein, dass Trainer Zinnbauer selbst nach 21 Spielen kein erkennbar machbares System spielen lassen muss? Tatsächlich lautet die Taktik der Stunde bzw. der Wochen und Monate:

Hinten alles wegtreten und vorn auf den lieben Gott vertrauen

Wann hat der HSV eigentlich in einem Spiel mal halbwegs gut ausgesehen? Richtig, immer dann, wenn es der Mannschaft gelungen ist, mit Härte und Emotion den Gegner auf sein eigenes, bescheidenes Niveau herabziehen zu können. Dies gelingt vereinzelt in Heimspielen, auswärts wirkt die Geschichte Null, denn nicht umsonst stellt man die schlechteste Auswärtsmannschaft der Liga.

Eigentlich wollte ich nie ein Verfechter des Trainerwechsels sein, ehrlich nicht. Zu oft hatte man in Hamburg voreilig den Trainer entlassen und am Ende wurde selten etwas besser. Dennoch meine ich, dass sich Joe Zinnbauer nicht erst seit dem gestrigen Spiel mehr und mehr zur lame duck entwickelt. Der „Trainer bis auf Weiteres“ (Beiersdorfer bei Zinnbauers Einstellung) war nicht die erste (Tuchel) und nicht mal die zweite (Labbadia) Wahl und in dem Moment, in dem solche Dinge ans Licht kommen, helfen dem Übungsleiter nur noch eines und das sind Erfolge.

Das Leistungsprinzip

Um diese Erfolge zu gewährleisten, hatte Zinnbauer von ersten Tag seiner Tätigkeit an das Leistungsprinzip ausgerufen. Er würde vor keinem großen Namen halt machen, bei ihm zähle nur die Leistung, sonst nichts. Um das zu verdeutlichen wurde gleich mal eine Handvoll U23-Jungs aus Zinnbauers bis dahin erfolgreicher Regionalliga-Mannschaft „nach oben“ befördert, und anschließend natürlich mit Profi-Verträgen ausgestattet, muss ja unbedingt sein. Diese Jungs, die bei ihren vorherigen Vereinen (Ausnahme Ashton Götz) allesamt gescheitert waren und für die die U23 des HSV der letzte Rettungsanker im Leistungsfußball sein sollte, sollen jetzt plötzlich den Klassenerhalt einer Mannschaft sichern, die für mehr als € 35 Mio. getuned wurde, man bricht immer noch zusammen, wenn man das liest.

Was aber ist aus „Joe’s“ Leistungsprinzip eigentlich geworden?

Ein Ivica Olic (35) wird im Winter für viel Geld aus Wolfsburg geholt, nimmt einmal am Mannschaftstraining teil und steht auf der Stelle in der Startformation. Artjoms Rudnevs, der die gesamte Vorbereitung mitmachte, findet sich seither auf der Bank wieder und muss angesichts der Leistungen des langsamen Kroaten denken, er befindet sich im falschen Film.

Ein Gojko Kacar wird in diesem Verein seit Jahren wie ein Stück Dreck behandelt, wird gedemütigt, wo es nur geht. Dann kommt der Mann auf den Platz, macht zwei gute Spiele und findet sich – schwupps – auf der Bank wieder, weil Herr Zinnbauer seinen maladen „Aggressiv-Leader“ einbauen muss, der außer regelmäßiger Klopper-Einlagen aber auch nichts auf die Reihe bekommt.

Valon Behrami lässt sich im Winter am halbtoten Knie operieren, fällt die gesamte Vorbereitung und die ersten Spiele der Rückserie aus, bekommt von den Ärzten im Grunde ein Spielverbot, sagt selbst, dass er nicht fit ist und steht im Match gegen Dortmund in der Startelf. Kacar schaut wieder einmal in die Röhre.

Nachdem Behrami im Dortmund-Spiel eigentlich nach 2 Minute den Platz wegen des Versuchs der Körperverletzung hätte verlassen müssen, steht er in Hoffenheim nicht nur von Beginn an auf dem Platz, nein, er ist auch noch Kapitän. Was für ein Wahnsinn.

In Hoffenheim bringt Übungsüber Zinnbauer Ivo Ilicevic von Anfang an. Das ist der Ilicevic, den der HSV im Grunde seit 2 Jahren verschenken möchte. Der Ilicevic, der wegen angeblicher Verletzung nicht mit nach Dubai durfte und der zuletzt zur U23 abgeschoben war. Nachdem Drobny nach in der 20. min. wegen Notbremse das Feld verlassen musste, nahm Zinnbauer einen fitten und laufstarken Gouaida vom Feld und lässt Ilicevic durchspielen. Der Höhepunkt folgt dann in der 80. Minute, als Ostrzolek weichen muss und ein völlig untrainierter Lewis Holtby noch ein wenig mitjoggen darf, während fitte und austrainierte Spieler wie Rudnevs und Kapitän van der Vaart auf der Bank schmoren.

Ach ja, die ehemaligen Hoffnungsträger und Neu-Lizenzspieler Marcos und Götz spielen mittlerweile wieder in der Regionalliga.

Thomas Doll würde sagen: „Leistungsprinzip? Da lache ich mir den Arsch ab“

Das Einzige, was Zinnbauer mit seinem sogenannten Leistungsprinzip bisher erreicht hat: Er hat Spieler wie van der Vaart, Kacar, Rudnevs bis ins Mark gedemütigt.

Kompletter Realitätsverlust.

Dennis Diekmeier: „Wir müssen uns heute nicht schämen. Wir haben 70 Minuten in Unterzahl gespielt, das ist gegen eine starke Mannschaft wie Hoffenheim natürlich alles andere als leicht. Wir haben es trotzdem gut gemacht und uns auch Chancen erarbeitet, diese aber leider nicht genutzt. Wir haben alles versucht, haben das Spiel lange offen gehalten und auch mehr und mehr nach vorne gespielt.

Joe Zinnbauer: „Wir haben das Spiel lange offen gehalten und hatten gute Möglichkeiten das 1:1 zu machen. Dass man dann in Unterzahl in Hoffenheim die TSG nicht an die Wand spielt, ist klar. Wir haben das nach der Roten Karte gut gemacht. Es war wichtig, dass wir weiterhin kompakt standen. Doch zum Ende hin haben wir natürlich noch einmal auf unsere Chance gedrängt und auf „alles oder nichts“ gespielt, wurden dafür aber nicht belohnt. Dass man dann in Konter läuft, dieses Risiko mussten wir eingehen, zumal das ja am Ausgang des Spiels nichts ändert. Wichtig war, dass wir es noch einmal versucht haben.“

Joe Zinnbauer (Sporstudio): Wichtig ist, dass die Tore in den wichtigen Spielen fallen“

Freude des serbischen Seiltanzes, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie man sich die Leistung aus diesem Spiel und auch die Leistungen aus den vorherigen 24 Spielen derart schönreden kann, anstatt endlich einmal der Realität ins Auge zu sehen und das anzunehmen, was man im Volksmund „Abstiegskampf“ nennt.

„Der HSV steigt nicht ab und fertig“ (Zinnbauer)

Ach, so macht man das jetzt. Man bestimmt, dass man mindestens 15. wird und dann passiert das auch. Wahnsinn, absoluter Wahnsinn.

Die Fehler, die dieser Verein, die „neue“ Vereinsführung und eben auch der beförderte Trainer machen, reichen mittlerweile für ein Buch mit Bibel-Umfang. Ich frage mich eigentlich nur noch eines: So viele Fehler wie sie Zinnbauer macht, kann man im Grunde gar nicht machen, ohne daraus zu lernen. Zinnbauer ist vielleicht vieles, aber er ist nicht dumm. Mehr und mehr erweckt sich bei mir der Eindruck, dass dieser Trainer vielleicht nur eine verdammt arme Sau ist, die sich wie eine Übungsleiter-Marionette schieben lassen muss, damit andere Exzellenzen „Trainer spielen“ können und ihre wirren Ideen von Fußball und ähnlichem einbringen können. Im Anschluss muss „Manic“ Joe, der nach 6 Monaten Bundesliga-Trainer aussieht wie eine Stuhlprobe, Dinge erklären, für die er gar nicht verantwortlich ist.

Aber zum Glück hat ja nun Volks-Kommunikator und „Direktor Profifußball“, Peter Knäbel, der lieber mit der Presse als mit seinen verliehenen Spielern redet, das Hertha-Spiel zur „Mutter aller Spiele“ erwählt. Ich kann jetzt schon sagen, was passieren wird.

Der HSV wird, allen voran „Kapitän“ Behrami, auf alles treten, was normalerweise „icke“ sagt, irgendwann wird Artjoms Rudnevs für einen wieder mal blassen Olic eingewechselt und vorn soll am besten ein Elfmeter helfen.

Heilige Mutter Gottes.

P.S. Wo steckt eigentlich Klaus-Michael Kühne?