Mal ganz ohne Gag jetzt, es macht doch wirklich keinen Sinn mehr. Denkst du im Ernst, dass du das, was du in den letzten 21 Spielen nicht hingekriegt hast, jetzt in den nächsten 9 Spielen hinkriegst? Ich glaube das nicht mehr und wenn du ehrlich zu dir selbst bist, stimmst du mir zu.

Um es einmal deutlich zu sagen: Ich halte dich für keinen schlechten Trainer und schon gar nicht für einen schlechten Menschen. Ich glaube, dass du alles, was du im letzten halben Jahr getan hast, mit den allerbesten Absichten getan hast. Das du es kannst, hast du bei der U23 gezeigt, aber was in Mainz, in Hoffenheim, in Freiburg mit den Trainern aus dem eigenen Beritt funktionieren kann, muss eben nicht unbedingt auch in Hamburg funktionieren. Hamburg ist nicht Freiburg, das würde auch ein Christian Streich mit aller Härte verstehen müssen und da eben dieser Christian Streich ein schlauer Mann ist, würde er sich Hamburg niemals antun.

Guck dir den Streich doch mal an, wie der sogar im beschaulichen Freiburg gealtert ist. Und jetzt guck einmal in den Spiegel, Joe, das ist doch nicht mehr gesund und das meine ich weder despektierlich noch lästernd, das meine ich absolut ernst. Du bist in den 6 Monaten in Hamburg um 5 Jahre gealtert, das hat doch seine Gründe. Dieser Job frisst seine Kinder und das gilt in dieser Stadt und diesem Verein mehr als irgendwo sonst.

Warum ist das so? Weil scheinbar nirgendwo auf der Welt Anspruch und Wirklichkeit soweit auseinander klaffen wie im Norden Deutschlands. Und unglücklicherweise gilt das nicht nur für die sogenannten Fans, es gilt auch für die Leute, die dich eingestellt, nein, die dich zum Cheftrainer ernannt bzw. gepresst haben. Das sind die Vögel, die vor der Saison von Demut und Ähnlichem geredet haben, die aber immer dann in der Versenkung verschwinden, wenn der Wind von vorn bläst.

In Hamburg kannst du als Trainer nur dann überleben, wenn du

(a) Erfolg hast (wie auch immer der aussehen soll)

(b) die absolute Rückendeckung deiner Bosse hast

(c) die Jungs von der schreibenden Zunft bedienst.

Punkt (a) kannst du dir abschminken und ich bin nicht mal sicher, welchen Anteil du daran hast. Viel zu sehr drängt sich nicht nur bei mir der Eindruck auf, dass sowohl bei der Aufstellung wie auch bei der Taktik mehr als eine Person aus dem Hintergrund reinlabert. Nur leider wird/werden diese Person/en niemals den Kopf hinhalten, wenn es schiefgeht. Möglicherweise war das der Preis, den du als junger Nachwuchstrainer bezahlen musstest, um den Job zu bekommen. Natürlich muss man dann auch noch Peter’s Hollywood-Ambitionen lustig finden und das tun die Wenigsten.

Mit Punkt (b) ist es ebenfalls nicht so weit her, das begann schon mit „Didi’s“ unsäglicher „Trainer bis auf Weiteres“-Aussage. Zwar bemüht man sich seither irgendwelche positiven Punkte („Joe schafft es, die Mannschaft nach Niederlagen aufzubauen“) zu finden, aber alles wirkt immer irgendwie halbgar und unehrlich.

Bei Punkt (c) hast du eigentlich ganze Arbeit geleistet, das kann man nicht anders sagen. Du bist immer freundlich, gibst immer bereitwillig Auskunft, stehst eigentlich immer zu Verfügung. Das kommt an, denn nicht umsonst haben dich die Pulitzer-Preisträger bisher in Ruhe gelassen. Etwas, das in Hamburg kaum ein Trainer von sich behaupten kann. Nein, an der bösen linken Lügenpresse hat es diesmal nicht gelegen, die haben ja noch nicht mal ansatzweise angefangen, zu schießen.

Aber trotzdem, Joe, wohin soll das denn noch führen? Du hast das sogenannten Leistungsprinzip ausgerufen und ich weiß nicht, ob der Umstand, dass bei jeder Gelegenheit dagegen verstoßen wird, allein an deiner Person festzumachen ist. Für mich klingen die zwanghaften Aufstellungen von Behrami, Olic und zuletzt Holtby eher nach „Vorgaben von oben“, denn schließlich müssen die Königstransfers doch auflaufen, oder? Dennoch – aus der Nummer kommst du nicht mehr raus, weil du eben als verantwortlicher Cheftrainer den Kopf hinhalten musst, insofern ist das aufgebesserte Gehalt auch zu einem großen Teil als Schmerzensgeld anzusehen.

Nun kommt also Hertha, ein ätzender Gegner. Dein Chef, der Knäbel-Peter, hat das Freitagsspiel bereits zum 6-Punkt-Spiel ausgerufen und sollte das nicht klappen, brennt aber mal so richtig der Baum. Aber selbst wenn es klappt, Joe, was dann? Dann folgen Leverkusen (A), Wolfsburg (H), Bremen (A) und Augsburg (H). Spätestens dann steht der HSV auf einem der drei letzten Plätze, spätestens dann wiegst du wieder 4 kg weniger. Ich würde mich nicht wundern, wenn man dann von Seiten der Exzellenzen die Reißleine ziehen würde und Trainerschein-Besitzer Knäbel für die letzten 4 Spiele auf die Bank setzen würde, was hätte er schon zu verlieren.

Gehts in die Binsen, hättest du, Joe, vorher soviel Mist gebaut, den konnte selbst der Direktor Profifußball nicht mehr richten. Klappt es, ist er der Winner und du der Voll-Verlierer. Willst du das?

Aber selbst wenn man sensationellerweise die Klasse halten sollte – denkst du im Ernst, die lassen dich nochmal so eine Saison würgen? Glaubst du im Ernst, der alte Mann in der Schweiz würde das gestatten? KlauMi hielt bereits einen Mirko Slomka für einen unqualifizierten Trainer, was meinst du, was der über dich denkt?

Ne Joe, deine Halbwertzeit ist arg begrenzt, aber ich hätte da eine Idee, eine Art Königsweg für dich. Wie wäre es, wenn du gleich heute morgen zu Didi ins Büro wackelst (den Weg kennst du ja) und ihm erklärst, dass du dir das Ganze nicht mehr antun würdest. Ich hätte da schon eine kleine Erklärung vorbereitet.

„Ich bin nach dem Spiel in Hoffenheim zu dem Schluss gekommen, dass ich der Mannschaft nicht mehr so helfen kann, wie es nötig wäre, um diese prekäre Situation zu überstehen. Ich habe immer im Sinne des HSV gehandelt und alles in die Wagschale geworfen, was ich hatte. Aber machmal ist es halt so, dass es nicht mehr geht und bevor dieser großartige Verein, dem ich viel zu verdanken habe, weiteren Schaden nimmt, trete ich von meinem Amt als Cheftrainer des HSV zurück.“

Mit diesem Schritt, lieber Joe, würdest du diverse Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zuerst einmal wärst du nicht der erste Trainer, der mit dem HSV abgestiegen ist, dieser Makel bliebe dir erspart. Du hättest auch eine Zukunft als Fußball-Lehrer im bezahlten Sport, eine Sache, die bei einem Abstieg mit dem einst ruhmreichen HSV nicht eben gesichert wäre. Ferner könntest du dein Gesicht wahren, der Respekt der HSV-Fans für diesen Schritt wäre die gewiss.

Und – vielleicht gehts dir anschließend gesundheitlich wieder etwas besser, du nimmst wieder etwas zu und siehst vielleicht nicht mehr zu getrieben aus.

Denk doch mal drüber nach, ich meine es wirklich nur gut.