So, jetzt haben wir den Salat. Freiburg gewinnt gegen Augsburg, Stuttgart siegt gegen Frankfurt und sogar Paderborn holt einen Punkt gegen Hoffenheim. Folge: Der HSV „überwintert“ während der zweiwöchigen Länderspielpause auf dem Relegationsplatz, irgendwie schon vertrauter Anblick. Eine Situation, die man um jeden Preis verhindern wollte, denn jetzt hat ein jeder HSVer reichlich Zeit, nachzudenken und das Gefühl der (Abstiegs)-Angst auf sich wirken zu lassen. Andererseits könnte man auch sagen, dass die Exzellenzen nun ein wenig Ruhe haben, vielleicht abseits des Tagesgeschäfts doch noch die eine oder andere richtige Entscheidung zu treffen. Hierfür dürfte es allerdings zu spät sein, denn der richtige Zeitpunkt bzw. die richtigen Zeitpunkte für richtige Entscheidungen wurden bereits zweimal verpasst.

So gesehen haben die Herren in Aufsichtsrat, Vorstand und auf Direktoren-Ebene ein weiteres Problem und dieses Problem dürfte sich wesentlich elementarer gestalten als die Suche nach dem Retter. Durch die zögerliche Haltung in der Trainerfrage, durch die katastrophale Kommunikation und der unendlichen Produktion von Worthülsen sind die Herren, die für eine bessere Zukunft stehen sollten, selbst massiv beschädigt und das haben sie sich ausschließlich selbst zuzuschreiben.

Zweimal hatten die „Lords of Kompetenz“ Zeit und Gelegenheit, das Unglück abzuwenden und beide Male haben sie eindrucksvoll bewiesen, dass sie eines noch besser können als Durchhalteparolen zu formulieren: Die falschen Entscheidungen treffen!

Zeitpunkt 1:

Als Verbrennungs-Didi Beiersdorfer am 16.09.2015 mit dem Finger auf Joe Zinnbauer zeigt und meinte: „Du bist jetzt Cheftrainer“, wollte er eine moderne Entscheidung treffen. Er wollte demonstrieren, dass auch er in der Lage sei, einen jungen, unverbrauchten Trainer zu installieren. Wenn Mainz, Freiburg und in Ansätzen Augsburg das kann, dann kann Didi das schon lange. Leider schätzte Beiersdorfer die Lage gänzlich falsch ein, ein Fehler, den er nicht zum ersten Mal macht. Zuerst einmal ist es grundsätzlich schwer, in Hamburg und im Hamburger Umfeld mit diversen Strömungen als Trainer zu arbeiten. Dies wäre eventuell denkbar, hätte man ein funktionierendes Vereins-Gerüst, aber das hatte man im September nicht und das hat man heute noch nicht. Wenn man eine starke, erfahrene Führung hat, kann auch ein junger Trainer funktionieren, wenn man aber eine neue, wackelige Führung hat, kann diese den Trainer nicht entsprechend stützen, weil sie genug mit ihrer eigenen Findung zu tun hat.

Hinzu kommt, dass Zinnbauer kein Eigengewächs war, er selbst arbeitete erst seit wenigen Wochen in Hamburg und an der U23. So gesehen kann man sogar erkennen, dass der Trainer den Verein, seine Strukturen, seine Strömungen, die Nachwuchsspieler unter der U23 überhaupt nicht kennen konnte. Kurzum: Die Einsetzung Zinnbauers war ein taktisches Eigentor und am wenigsten kann man dies dem Trainer selbst anlasten.

Zeitpunkt 2:

Unmittelbar nach Ende der Hinrunde, als der HSV mit dem viert- oder fünfteuersten Team der Liga nach 17 Spielen mit 17 Punkte und 9!!! geschossenen Toren im Tabellenkeller dümpelte, hätte man die Reißleine ziehen müssen. Aber das wollten die Exzellenzen nicht, sie wollten demonstrieren, dass sie Durchhaltevermögen haben. Außerdem wollte „Didi“ nicht gleich in seiner ersten Saison den Ruf des Trainermörders aufbauen, immerhin hatte er schon Mirko Slomka auf dem Gewissen.

„Uns imponiert Joe Zinnbauer, wir finden es gut, wie er die Mannschaft nach Niederlagen wieder aufbaut“ (P. Knäbel, Direktor Profifußball)

Sorry Freunde, aber bei solchen Aussagen breche ich zusammen. Meiner Auffassung nach sollte ein Übungsleiter Niederlagen bestensfalls verhindern und sie nicht hinterher therapieren.

Zu diesem Zeitpunkt, an dem man erkennen konnte, dass Zinnbauer die Mittel fehlen, um aus einem Team von Nationalspielern eine Mannschaft zu bilden, die zumindest im Mittelfeld der Liga mitspielen könnte, wurde ein zweites Mal gepennt.

Wer tut sich das jetzt an?

Knäbel: „In den Gesprächen müssen wir glaubhaft von dem Plan überzeugt sein, den wir diskutieren.“

Wenn ich sowas lese, möchte ich schreien. Dieses pseudo-staatsmännische Gelaber hat den Verein erst dahin gebracht, wo er jetzt steht. Jetzt also, am heutigen Sonntag, soll Joe Zinnbauer die Exzellenzen von einem Plan überzeugen, der ihnen erklärt, wie der Super-GAU verhindert werden soll?

Wollt ihr uns alle eigentlich verarschen?

Ihr wollt uns erzählen, dass ihr euch jetzt, nach dem 26. Spieltag seinen Plan erklären lassen wollt? Seid ihr alle vom Hahn gehackt?

Natürlich werden von den Medien automatisch diverse Namen durchs Dorf gejagt, Trainer wie Labbadia, Gross, sogar Ex-Exzellenz Thomas von Heesen könnte ein Kandidat sein, ich glaube nicht daran. Heesen hat andere Pläne mit dem HSV, außerdem ist er clever und wird sich seinen Ruf nicht durch einen Abstieg mit dem HSV zerstören. Gar nicht unwahrscheinlich finde ich die Variante, dass Trainerschein-Inhaber Knäbel zusammen mit „Taktikfuchs“ Patrick Rahmen versucht, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Gelingt es, macht der Knäbel-Peter einen auf Arnesen 2.0. Gelingt es nicht, hat Joe Schuld.

Apropos Joe. Ich halte es bei diesen Entscheidungsträgern für gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass sie Zinnbauer weitermachen lassen, allein deshalb, um etwas zu demonstrieren. Hinzu kommt, dass ein eventueller Neuer zuerst einmal die Aufgaben Leverkusen, Wolfsburg und Bremen vor der Nase hätte und so innerhalb von nur 3 Spielen enteiert sein könnte.

Anyway, der HSV und besonders seine Exzellenzen sitzen tief in der Scheiße. Ich vermute, dass man einen Trainerplan für die Saison 2015/16 hatte, aber dieser Plan ist abhängig von der Liga-Zugehörigkeit. Wenn man jetzt einen Feuerwehrmann für die letzten 8 Spiel installiert, sollte dieser nach dem 34. Spieltag wieder gehen und den Platz für die „große Lösung“ freimachen. Was aber, wenn der Abstieg nicht vermieden werden kann? Dann hätte sich auch die große Lösung erledigt. Wenn man aber jetzt einen Trainer holt, der mehr als nur ein Feuerwehrmann sein soll, ist der Wunschtrainer 2015/16 ebenfalls hinfällig, ein Teufelskreis. Dies spricht eben für eine interne Lösung, wie auch immer sie aussehen könnte.

Fazit: Die aktuelle Situation hat sich die Führung des Hamburger Sportvereins zu 100% selbst zuzuschreiben und mein Mitleid hält sich mehr als in Grenzen. Was als Hoffnung auf eine bessere Zukunft angetreten war, hat sich als Luftpumpe erwiesen und wird spätestens im Falle eines Abstiegs aus der Stadt verschwinden müssen. Denn eines sollte jedem klar sein: Einen Wasserkopf mit 3 Vorständen mit Millionengehältern, diversen Direktoren ohne sichtbare Aufgabe etc. wird man sich in einer anderen Liga als der Bundesliga nicht leisten können. Und auch ein Aufsichtsratsvorsitzender Gernandt dürfte in dem Fall keine Zukunft mehr in Hamburg haben. So gesehen kämpfen die hohen Herren gerade auch um ihre eigene Zukunft.

Währenddessen brodelt es im Untergrund. Diverse Herren, die dafür sorgten, dass Didi heite da ist wo er ist, sind mit ihm und seiner Performance ausgesprochen unzufrieden und die Phalanx wird täglich größer. Außerdem sollte niemand denken, dass KlauMi in der Schweiz untätig zuguckt.