Gestern, 14.00 Uhr, in einer Villa in Hamburg-Blankenese.

Das Gebäude gehört dem Aufsichtsrats-Vorsitzenden des Hamburger Sportvereins, Karl Gernandt, welcher soeben in seinem roten Kasper-Anzug vorgefahren ist. Überhastet musste die Wattwanderung auf Sylt mit anderen beliebten Prominenten abgebrochen werden, die Pflicht ruft. Ebenfalls bereits anwesend sind Vorstandsvorsitzender Dietmar Beiersdorfer (bleich), Vorstand Marketing Joachim Hilke (mit gewohntem HSV-Schal), Direktor Profifußball Peter Knäbel, sowie Direktor Sport, Bernhard Peters, der eine große Tasche dabei hat. Mediendirektor Jörn Wolf war nicht erreichbar, die Mailbox läuft. Die Herren haben bereits mehrere Nachrichten hinterlassen.

Beiersdorfer: „Oh, der Chef kommt. Jetzt alle gerade hinsetzen“

Knäbel: „Meine Sitzpositions-Analyse hat ergeben, dass ich immer gerade sitze“.

Beiersdorfer: „Peter, hör auf jetzt. Bitte“.

Gernandt betritt den Raum, die anwesenden Herren erheben sich von ihren Stühlen.

Hilke: „Guten Tag, Exzellenz, wie war die Wattw….“

Gernandt (offensichtlich stocksauer, warum genau weiß man noch nicht): „Hilke, hör‘ sofort auf, mich so zu nennen. Ich werden diesen Satz ewig bereuen“.

Knäbel: „Warum treffen wir uns eigentlich hier und nicht im Stadion?“

Gernandt: „Weil da die Geier von SKY rumhängen, Mann“

Knäbel: „Ach, ich rede immer ganz gern mit denen“

Peters: „Exzel…, ääh, Herr Gernandt, wo kann ich denn jetzt meine Kamera aufbauen?“

Beiersdorfer: „Bernhard, lass gut sein. Falscher Zeitpunkt“

Gernandt:„Peters, ich dreh durch. Nimm diese Scheiß-Kamera aus meinem Kaminzimmer oder ich beiss dir die Eier ab. Ich bin nicht Zinngruber, verdammte Axt“.

Peters: „Aber Chef. Ich hatte doch versprochen, für die Phönix-Dokumentation „Der HSV-Ein Verein schafft sich ab“ alles mitzuschneiden. Wie stehe ich denn jetzt da?“

Gernandt: „Peters, deine Doku ist mir absolut Lattinger. Wir haben Probleme, falls es dir entgangen sein sollte“.

Hilke: „Auch Probleme kann man vermarkten, Chef“

Gernandt: „Hilke, Fresse halten. Du und deine Vermarktung bringen mich noch ins Grab. Du hast den dicken van der Vaart gegen den Willen von Arnesen aus Tottenham geholt und hattest uns erzählt, den könnte man ganz toll vermarkten. Ja, wo denn, du Pinsel? Bei der Gala? Dann hast du uns eingeflüstert, dass man Lasogga mit seiner Armtapete so richtig cool vermarkten könnte. Als was denn, Mann? Als was denn? LIFTA-Treppenlift? Und als vorläufigen Höhepunkt hast du du uns Frührentner Ibiza Olic reingesungen, den kann man suuuper vermarkten. Wo genau hast du den denn jetzt vermarktet? Bei einer Zahn-Zusatzversicherung? Wenn Frau Kühne dich nicht so niedlich finden würde, dann würde ich dich….“

Knäbel: „Exz…, Chef, meine Analyse hat ergeben, dass wir….“

Beiersdorfer: „Peter, eigentlich bin ich ja dein Chef“

Knäbel: „Didi, du bist doch mein Dach, dachte ich. Bernhard und ich sind die Säulen und du bist das Dach. Jedenfalls hatte das unsere Sommer-Analyse…“

Gernandt: „Ruhe im Puff. Wir müssen überlegen, was wir jetzt machen. Ich erwarte Vorschläge, ihr Loser“

Peters: „Vielleicht könnten wir denen mit Sorgfaltspflicht kommen“.

Gernandt: „Was für ne Pflicht?“

Peters: „Sorgfaltspflicht, Exzel…ääh..Chef. Wir könnten sagen, dass wir Zinnbauer rausnehmen müssten, weil wir eine Pflicht gegenüber ihm und seiner Gesundheit hätten. Der Junge sieht wirklich aus wie ne Stuhlprobe, da hat der Lachs schon Recht“.

Knäbel: „Eine Analyse der Uni-Klinik Zürich hat ergeben, dass man nicht mehr als 1 1/2 kg pro Monat abnehmen sollte“

Beiersdorfer: „Peter, ich flehe dich an. Halt endlich die Backen“ 

Hilke: „Vielleicht können wir Joe noch einen Monat an die Weight Watchers vermarkten. Oder an „The biggest Loser“. Ich kenne da jemandem beim Sender“

Gernandt: „Hilke, noch ein Wort und ich ziehe dir einen mit dem Feuerhaken über. Beiersdorfer, welche Alternativen haben wir?“

Beiersdorfer: „Alternativen? Wofür? Soll ich entlassen werden? Chef, das ist nicht fair. Ich will nicht zurück in die Dönerbude, bitte nicht“

Gernandt: „TRAINER, du Haubentaucher. Wir brauchen einen neuen Trainer“

Knäbel: „Eine Analyse der Sporthochschule Köln hat nachgewiesen, dass ein Trainerwechsel…“

Gernandt: „Knäbel, du gehst jetzt mal 10 Minuten Luft schnappen, bevor ich einen Blutsturz kriege“

Knäbel verlässt das Kaminzimmer.

Beiersdorfer: „Aber Chef, wie wollen wir denn ohne den zuständigen Direktor über den Trainer entscheiden?“

Gernandt: „Stimmt, Didi, lass den Analytiker wieder rein. Hat sich Wolf schon gemeldet?“

Peters: „Da läuft immer noch das Band mit diesem „Atemlos“-Lied. 

Gernandt: „Diese Flitzpiepe ist der Nächste. 

Knäbel kehrt ins Kaminzimmer zurück.

Gernandt: „Leute, wir brauchen eine Lösung. Wenn ich an morgen denke, mache ich mir jetzt schon in die Designer-U-Hose. Und wenn ich an den Flat-Screen an der Ostwand denke, werde ich inkontinent. Kühne wird mich sowas von lang machen. Didi, hast du ne Idee? Was ist mit Labbadia?“

Beiersdorfer: „Der geht nicht mehr ans Handy, wenn ich anrufe“

Hilke: „Den Christian Gross könnten wir genial vermarkten, da fällt mir ne Menge ein. Schwarzkopf, Wella, die rennen uns die Bude ein, Chef!“

Gernandt: „Hilke, zum letzten Mal…“

Hilke (beißt in seinen selbstgestrickten HSV-Schal): „Schon gut, Chef. Ich meinte ja nur..“

Gernandt: „Didi, wie steht’s denn jetzt mit Tuchel?“

Beiersdorfer: „Ich habe gehört, dass sie Thomas nach dem letzten Lachanfall reanimieren mussten, als ich ihn fragte. Aber  da bin ich wie ein Bluthund, Chef. Sie kennen mich ja…“

Gernandt: „Heilige Mutter Gottes, was habe ich angerichtet? Will denn niemand mehr Trainer in Hamburg werden?“

Peters: „Man könnte die Kandidaten mit einem Klasse Video-Seminar ködern, sowas kommt immer gut an“

Gernandt: „Schnauze jetzt, wir müssen eine interne Lösung finden. Ob es klappt, ist egal, aber wir dürfen uns nicht nachsagen lassen, dass wir nichts getan hätten“

Hilke: „Stimmt Chef, das wäre aus Vermarktungssicht ganz doof“

Gernandt (mittlerweile im Gesicht so rot wie sein Kasperanzug): „Also wer?“

Die Herren gucken von einem zum anderen. 

Peters: „Also ich bin nur Hockeytrainer“

Beiersdorfer (kleinlaut): „Bin durch die Trainerprüfung gerasselt, Chef“

Hilke: „Ich kann nur ein bißchen Golf spielen“

Gernandt: „Und ihr wollt einen professionellen Fußballverein leiten?“

Peters: „Naja Chef, sie sind ja nun auch nicht gerade…“

Beiersdorfer: „Bernhard, bist du vom Hahn gehackt?“

Plötzlich ruhen alle Augen auf dem Knäbel-Peter, bis eben noch Direktor Profifußball.

Knäbel: „Was guckt ihr mich alle so komisch an?“

Beiersdorfer: „Peter, du hast doch die Fußball-Lehrer-Lizenz“

Knäbel: „Ja, und?“

Beiersdorfer: „Peter, du musst das machen. Ohne dich sind wir gekniffen“

Knäbel: „Ich muss was machen?“

Gernandt: „Ich kollabiere…“

Beiersdorfer: „Du musst den Rest der Saison den Trainer machen. Wir schmeißen den Rahmen auch raus, du kannst dir den Co aussuchen. Peter, verlang‘, was du willst, aber du musst das machen“

Knäbel: „Welchen Rest welcher Saison?“

Gernandt: „Schluss jetzt, Knäbel macht das. Wie verkünden wir das jetzt? Wo steckt dieser verfluchte Wolf?“

Hilke: „Chef, wir müssen nichts mehr verkünden. HSV-Arena hat schon vor mehreren Tagen geschrieben, dass es so kommen würde und jetzt twittert auch die BILD, dass Zinngruber raus ist und Knäbel übernimmt. Wir sind aus dem Schneider, Chef“

Knäbel: „Da wäre nur ein kleines Problem. Ich hatte den Spielern, deren Verträge auslaufen, gesagt, dass wir in der Länderspielpause reden würden. Jetzt bin ich ihr Trainer. Wie soll ich Jansen, van der Verrat, Kacar und Ilicevic erzählen, dass sie sich verdünnisieren können, wenn ich sie im Abstiegskampf noch brauche?“

Gernandt: „Diese Gespräche wird Beiersdorfer führen. Dafür ist der da.“

Beiersdorfer: „ICH? Warum denn ich? Ich wollte eigentlich die nächsten 2 Wochen auf Scouting-Tour gehen. Außerdem haben wir für sowas doch einen Sack voller Direktoren, Chef“

Gernandt: „Didi, wir scheißen dich mit Kohle zu. Ab und zu musst du auch mal Sachen machen, die keinen Spaß bringen“

Beiersdorfer (murmelt): „Dann hätte ich auch in Rußland bleiben können“

Gernandt: „Was war das?“

Beiersdorfer: „Nichts Chef, ich mache das….irgendwann…nach dem Training…..wenn die Spieler müde sind….“

Gernandt: „Dann wäre das beschlossen. Knäbel macht ab morgen das Training und rettet uns alle. Wenn nicht, bist du Geschichte, Knäbel. Beiersdorfer führt die Gespräche mit den Spielern, irgendwann. Peters geht zurück in seinen Keller und Hilke hält wie immer die Klappe. Und jetzt raus hier, ich muss mich mental auf morgen vorbereiten. Kühne wird mich kastrieren“

Vorstände und Direktoren verlassen das Anwesen.Draußen angekommen, klingt Beiersdorfers Handy. Wolf ist dran.

Wolf: „Hey Dicker, was geht?“

Beiersdorfer: „WAS GEHT? Bis du voll? Wo warst du den ganzen Tag? Wir haben hier ne massive Krise“.

Wolf: „Ach Quatsch, Krise. Soweit sind wir noch nicht, Dicker“.

Beiersdorfer: „WO WARST DU, JÖRN?“

Wolf: „Musste Schlaf nachholen. Außerdem ist Sonntag mein freier Tag. Ich gehe jetzt frühstücken. Lach mal wieder, Dicker. Schöne Stunden“. Wolf legt auf. 

Beiersdorfer (grübelt): „Ob ich denen in Bremen vielleicht auch verklickern könnte, dass Werder schon immer meine große Liebe war? Immerhin habe ich da auch mal gebolzt. Und Dönerbuden gibts in Bremen bestimmt auch. Ich google das mal…“

Aus dem Hintergrund fragt

Peters: „Wollen wir uns ne Pizza bestellen, Jungs“

Hilke: „Aber ohne Anchovis“

Knäbel: „Ich wäre mehr für Käse-Fondue. Eine Ernährungs-Analyse der Uni-Klinik Kalkutta hat bewiesen, dass Pizza….“

An den quietschenden Reifen des Dienst-Audis von Vorstandsboss Beiersdorfer kann man unschwer erkennen, dass der „Ex-Dukaten-Didi“ mit seinen Nerven zu Fuß ist….