„Linke Lügenpresse“….“Wo bleibt die Quelle?“….“Ihr reimt euch das doch alles zusammen, weil nichts mehr nach außen dringt“…“Die Medien wollen Unruhe in den Verein bringen“

Richtig, liebe Leser, der heutige Blog ist ein Blog, der sich um die Arbeit der Medien und den Umgang der Leser damit dreht. Wer auf dieses Thema keine Lust mehr hat (was ich verstehen könnte), der möge bitte an dieser Stelle zu lesen aufhören und auf einen anderen Tag warten. Auf jeden Fall aber möge man mich bitte mit Sprüchen wie „Ich dachte, das wäre ein Fußball-Blog“ oder Ähnlichem verschonen, denn dies ist ein Fußball-Blog und dieses Thema ist wichtig.

Das Spektrum der medialen Berichterstattung auch und besonders im Bereich Fußball ist breit gefächert, allerdings muss man erkennen, dass sich der „Hang zum Boulevard“ in den letzten Jahren dramatisch ausgebreitet hat. Ehemals renommierte Print-Objekte wie „Kicker“ oder eventuell auch das „Hamburger Abendblatt“ nähern sich nicht nur dem oft zitierten Bild-Niveau, sie haben es teilweise weit unterschritten. Insofern ist der Zorn der Leser, die aus Bequemlichkeit dazu neigen, alles und jeden in einen „Lügen-Topf“ werfen zu wollen, teilweise ebenso verständlich wie falsch.

Ich komme zum Punkt. Wie nahezu jedem Leser gekannt ist, existierte vor einigen Monate die sogenannte „de Vrij-Affäre“. Ein unbekannter Blogger namens Denyo Kindvall hatte in einer stillen Stunde eine haarsträubende Geschichte schlicht und ergreifend erfunden und ein ebenso arbeitsscheuer wie qualitativ schlechter Blog-Journalist hatte den Knochen geschluckt. Mit dem Blogger wurde via Mail Kontakt aufgenommen (Mails liegen mit vor), es wurde sich für den Hinweis auf den Vorfall bedankt und am nächsten Tag wurde diese vrij-erfundene Geschichte im Blog des Hamburger Abendblatts als selbst recherchierte Exklusiv-Story verkauft. Als Münchhausen enttarnt, folgte in den nächsten Monaten eine beispiellose Schmierenkomödie inkl. Strafandrohung,  Facebook-Freundschaftsanfragen und ähnlichen Lachveranstaltungen.

Der Höhepunkt aber geschah, als sich der Vorstandsvorsitzende des HSV, Dietmar Beiersdorfer, vor eine Amateurkamera stellte und so tat, als könne er den Vorfall bestätigen. Hierzu später mehr.

Nun könnte man hoffen, dass selbsternannte Qualitätsjournalisten aus einem solchen Fall lernen, vor einer Exklusiv-Geschichte steht die Recherche bzw. sollte die Recherche stehen. Banane, Freunde.

Vor ca. drei Wochen wurde einem mir bekannten Journalisten übermittelt, dass sich Thomas Tuchel in Hamburg aufhalten würde. Vor dem Hintergrund, dass dieser Trainer europaweit begehrt ist und auch in den Plänen des HSV eine Rolle spielen soll, eine durchaus bemerkenswerte Begebenheit, der Journalist hätte diese Information exklusiv raushauen können. Tat er aber nicht, er rief den Mediendirektor des HSV an, der dementierte, dass sich ein Verantwortlicher des HSV mit Tuchel in Hamburg getroffen habe. Der Journalist verzichtete daraufhin auf die Meldung, die nun gestern „exklusiv“ von Herrn Schiller vom Abendblatt verkündet wurde. Drei Wochen später.

Jetzt darf sich jeder die Frage stellen, was hier gerade passiert.

Aber zurück zum Qualitäts-Blog, dessen Namensgeber, der sich seit ca. 30.000 Jahren ein Leben ohne den HSV nicht vorstellen kann, durchaus dafür bekannt ist, dass er Mails von unbekannten Lesern, die ihm angeblich zugeschickt wurden, gern dafür nutzt, um seine eigenen Meinungen zu transportieren, ein gern genommenes Hilfsmittel, welches jedoch journalistisch einfach nur fragwürdig ist. Anyway, der Mann mit der Frisur macht das und er macht das oft. Mehr als einmal wurden angebliche „Lesermeinungen“ zu Personen, Abläufen etc. „einfach mal kommentarlos“ veröffentlicht, allerdings kam es auch schon vor, dass ein Autor, der selbst von „Säuberungsaktionen“ schreibt, Mails mit dunkelbraunem Inhalt dadurch kennzeichnet, dass sie ihm aus der Seele sprechen würden.

Vor zwei Tagen nun endlich „de Vrij 2.0“. Der alte Mann veröffentlichte endlich mal wieder, natürlich kommentarlos, die Mail eines bewegten Lesers, der unter Eid aussagen wollte, dass der HSV mit Thomas Tuchel für die nächste Saison eine Einigung erzielt habe. Unabhängig davon, in welcher Liga der HSV spielen würde, würde der Ex-Mainzer nach Hamburg kommen, Quelle sei ein nicht genannter HSV-Mitarbeiter. Matz, euphorisiert davon, dass er solch investigative Leser hat, knallt die Meldung raus und fällt wie sein schmieriger Sozius auf den Arsch. Die Mail stammte von einem Scherzkeks ausgerechnet aus einem Werder-Blog, dem aufgefallen war, dass die Autoren des „Qualitäts-Blogs“ jeden Scheiß in die Welt setzen, der sich irgendwie interessant anhört.

So einfach gelangt man also in einen Matz-ab-Artikel.http://hsv-blog.abendblatt.de/2015/0…in-heute-noch/Habe mit einem Freund die Tuchel-Argumente von Hasi aus diesem Thread an die Matz-ab-Mail geschickt und schon wird man komplett zitiert.

http://worum.org/threads/10665-Der-HSV-%28-%29-zwischen-Lachnummer-und-Unbesiegbarkeit/page611

Nachdem die Peinlichkeit wenig später aufflog, reagierte der „Journalist“, aber er reagierte unglaublich. Anstatt zuzugeben, dass man erneut einer Verarschung aufgesessen war, veröffentlichte man eine lapidare Meldung:

(So, um 20 Uhr habe ich die Mail eines Users, die sich um Thomas Tuchel drehte, wieder herausgenommen – auf ganz besondere Wünsche vieler Matz-abber)

„Auf ganz besondere Wünsche vieler Matz-abber“. Unfassbar. Danke Dieter für den Schrott!

Was aber hat dieser Vorfall (und die de Vrij-Verarschung) nun mit der Berichterstattung und der Kritik an eben dieser zu tun? Viel, sogar sehr viel. Der Leser registriert solche Vorfälle und sein Vertrauen in diese Art des Journalismus verschwindet und es verschwindet zu Recht. Problem ist nur, dass eben doch nicht alle Schreiber arbeiten wie diese Pfeifen, die sich in der Vergangenheit auch noch erdreistet haben, anderen Schreibern „unsauberen Journalismus“ zu unterstellen, die Lachpille des Jahrhunderts.

Eine Mitschuld trifft aber auch den Verein, der sich wohl bewußt ist, welche Medien wie arbeiten, der aber nicht bereit ist, „sauber arbeitende“ Medien zu unterstützen, im Gegenteil. Zu diesem Thema erschien vor einiger Zeit ein bemerkenswerter Artikel in der TAZ.

[…] „Wenn sich ein Verein ausnahmsweise mal relativ breiten Angriffen ausgesetzt sieht, gibt es immer noch Journalisten, die meinen, ihre Unterwürfigkeit unter Beweis stellen zu müssen…“

[…] „Das Wohlverhalten etablierter Medien gegenüber dem Fußballbetrieb lässt sich auch als Angst vor einem weiteren Bedeutungsverlust interpretieren. Ob sich Leser und Nutzer von Angsthasenjournalismus überzeugen lassen, ist allerdings fraglich…“

http://taz.de/!156787;m/

Ist vielleicht jemandem aufgefallen, dass ausgerechnet der „Journalist“, der sich mit der de Vrij-Geschichte zum Affen machte und der Monate später von Beiersdorfer eine windelweiche Bestätigung erhalten wollte, seither ein Art exzessiver Hofberichterstattung betreibt? Im Stile eines Pressesprechers wird Verschwörungs-Partner Didi in Watte gepackt, obwohl dessen Handlungen durchaus Anlass zur Kritik bieten würden. Warum ist das wohl so?

Wie dem auch sei, diese Art von „Journalismus“ schadet dem Journalismus im Ganzen, wenn auch die verblödeten Leser von Schmocks Einöde dies nicht verstehen werden. Aber denen geht es ja ohnehin nur noch darum, sich im Kommentarbereich gegenseitig zu erklären, wie dämlich der Vorredner doch ist. Der Kram, den die Blogbetreiber verzapfen, liest doch kaum noch einer. Umso erschütternder ist es, dass die Verantwortlichen des HSV scheinbar meinen, es wäre irgendwie von Relevanz. Aber vielleicht sind die auch einfach noch nicht soweit, wer weiß?

P.S. Bitte verschont mich mit Sprüchen wie „Verbitterung“ oder „Hass auf Matz“, weil es schlichtweg Schwachsinn ist. Es geht um Glaubwürdigkeit, um Sippenhaft und darum, dass eben doch nicht alle gleich arbeiten. Und es geht darum, dass der Hamburger Sportverein das alles weiß, nicht dementsprechend reagiert und sich insofern mitschuldig macht.

Ach ja, es handelt sich bei dem fragwürdigen Blog eben nicht um ein privat-befeuertes Spaßvergnügen, sondern um die Online-Repräsentanz eines Massenmediums. Umso schlimmer ist das Verhalten.