Nachdem nun nicht der Gepriesene selbst, sondern sein Berater Olaf Meinking mittlerweile im Tagesrhythmus die neuesten Wasserstandsmeldungen zur Verpflichtung von Thomas Tuchel durch den HSV zum Besten gibt, dürfte auch dem Letzten klar sein, dass der Ex-Mainzer in der nächsten Saison neuer Trainer beim Nordclub wird. Tuchel fordert angeblich nicht nur grenzenlosen Reichtum, sondern auch etwas, was mit Geld nicht zu bezahlen ist und er fordert es schriftlich, womit er gut beraten sein dürfte – Tuchel fordert „Macht“ (wie es die BILD ausdrückt) oder aber Tuchel fordert Sicherheit. Gerade Sicherheit ist etwas, was man als designierter Übungsleiter beim HSV nicht genug haben kann, möchte man bereits im Vorfeld die Möglichkeit einschränken, der gefühlt 262. vorzeitig gefeuerte Trainer zu werden.

Der Hamburger Sportverein auf der anderen Seite befindet sich, nicht nur sportlich, mittlerweile in einer derart bemitleidenswerten Situation, dass die Exzellenzen Tuchel zur Zeit wohl auch die amerikanische Präsidentschaft und ein Viertel des Mondes versprechen und schriftlich zusagen würden, um an dieser Seite der Baustelle endlich Ruhe zu bekommen. Aufgrund der prekären Tabellensituation stellen sich nun zwei Varianten dar und man kann sich tatsächlich die Frage stellen, welche die für den HSV bessere wäre.

Variante 1 – der HSV hält die Klasse.

Vorausgesetzt, der HSV steigt nicht ab und hält mit Ach und Krach erneut die Klasse, was passiert dann? Zuerst einmal kann man sicher sein, dass sämtliche Granden und Exzellenzen ihre Jobs behalten würden, Peter Knäbels Strahlkraft als Retter des Dinos hätte sich gar verzehnfacht. Bernard Peters würde auch in der nächsten Saison Konzepte malen, „Didi“ bekäme von Herrn Kühne weitere € 25 Mio. (wahrscheinliche Anteile) zum Spielen, Jörni Wolf dürfte auch weiterhin die Pressekonferenzen launig eröffnen, eigentlich alles beim alten mit dem einen Unterschied und der hieße Tuchel.

Die Abneigung Tuchels gegenüber der Presse als solche und einer eigenen Medienpräsenz im speziellen ist wohlbekannt und der Schwabe Tuchel hatte in einem seiner seltenen Interviews erkennen lassen, dass er dies eher noch zurückschrauben möchte. Frage ist nur: Geht das mit diesen Herren überhaupt?

Um eine Verknappungs-Politik gegenüber der BILD nachhaltig durchzudrücken bedarf es Eier aus Messing und meiner Einschätzung nach kann diese keiner der Exzellenzen vorweisen, im Gegenteil. „Didi“ tritt in letzter Zeit eher aktionistisch vor irgendwelche Pressevertreter, obwohl dies gar nicht gefordert war und man kann sich ausmalen, was die Herren auch einem Thomas Tuchel bitten würden, sollte der HSV auch in der nächsten Saison gegen den Abstieg spielen. Dies wird sich Tuchel jedoch verbitten und der erste Krisenherd wäre eröffnet.

Was passiert mit den Spielern? Thomas Tuchel hat ganz bestimmte Vorstellungen von einem Spieler und damit sind nicht (nur) seine spieltechnischen Fähigkeiten gemeint. Tuchel möchte Spieler, die sich

1. benehmen können und ihren Mitmenschen freundlich entgegentreten

2. wie eine Einheit auftreten

3. die dauerhaft lernwillig sind.

4. die bereit sind, eigene Interesse denen der Mannschaft unterzuordnen

Ich stelle mir die Frage, wie man diese Fragen positiv beantworten möchte, wenn man einige Spieler mit langfristigen Verträgen betrachtet. Ich verzichte jetzt absichtlich auf Namensnennungen, darüber kann jeder selbst nachdenken.

Fakt ist: Tuchel fände weder was die Führungsriege  noch was den Kader betrifft, ein gewünschtes leeres weißes Blatt Papier vor, sondern er müsste mit vielem leben, was ihm aufgrund von Vertragssituationen vorgegeben werden würde. Mit anderen Worten: Seine Handlungsfreiheit wäre eingeschränkt und ob dies mit einer schriftlich fixierten Geschichte komplett aus der Welt zu räumen wäre, möchte ich bezweifeln.

Meine Meinung: Neuer Trainer, alte Probleme. Vielleicht wäre Thomas Tuchel in diesem Fall der teuerste und mächtigste Trainer in der Geschichte des HSV, so richtig ändern würde sich eigentlich nicht viel, eben deshalb, weil zu viele der bekannten Underperformer im Amt blieben und weiterhin ihr Unwesen treiben könnten.

Variante 2 – der HSV steigt ab

Im Falle des Abstiegs wäre der HSV gezwungen, radikale Änderungen im gesamten Verein einzuleiten. Aufgrund der Tatsache, dass man sowohl durch ausbleibende TV-Gelder, weniger Stadion-Einnahmen etc. nur noch einen Bruchteil der aktuellen finanziellen Gegebenheiten zur Verfügung hätte, könnte man sich in Hamburg den zweit-teuersten Verwaltungs-Wasserkopf Deutschlands nicht mehr leisten. Ein Vorstandsvorsitzender mit einem Jahressalär von ca. € 2,5 Mio. wäre einfach nicht mehr finanzierbar, aber auch Direktoren, die mehr verdienen als frühere Vorstandsvorsitzende, müssten gehen. Die Frage wäre nur, ob die Herren allesamt Verträge auch für die 2. Liga haben und wenn ja, wer ihre Abfindungen übernimmt. Knäbel, Peters, Hilke etc. wären alle finanziell nicht mehr darstellbar, auch im Bereich der Kommunikation würde dann der garantiert notwendige personelle Schnitt gemacht werden müssen.

Was die Mannschaft betrifft. Obwohl angeblich alle Spieler mit Verträgen für die 2. Liga ausgestattet sind, müssten 95% den Verein verlassen. Das Durchschnittsgehalt eines Zweitliga-Spielers würde ich bei vielleicht € 300.000 vermuten, damit wären dann Spieler wie Götz, Gouaida und Marcos bereits die Spitzenverdiener des Vereins, selbst Rückkehrer wie Demirbay und Tah könnte sich der HSV nicht mehr leisten.

Aber der Trainer hieße trotzdem Thomas Tuchel. Tuchel würde das ominöse weiße Blatt Papier tatsächlich vorfinden. Er könnte tatsächlich eine Mannschaft bauen und formen, die in einem Verein wie dem HSV seine Vorstellung von modernem Fußball umsetzen könnte. Vielleicht hätte er sogar eine Vereinsspitze, die sich der Notwendigkeit bewusst wäre,  dass man sich vom Boulevard gänzlich unabhängig machen muss. Hinzu kommt, dass der HSV zwar immer noch im Blickfeld wäre, aber nicht mehr unter dem medialen Brennglas stünde wie in den letzten 30 Jahren.

Natürlich gibt es auch hier keine Garantien, aber was ist die Alternative? Den Trainer mal wieder wechseln und weitermachen wie immer? Als wäre nichts geschehen? Zugucken, wie sich die Versager 2015 gegenseitig auf die Schultern klopfen und sich gegenseitig beglückwünschen, dass sie dem Tod mal wieder von der Schippe gesprungen sind? Wie oft haben die Fans des HSV schon gedacht:„Aber in der nächsten Saison, mit Trainer X, da greifen wir richtig an“. Pustekuchen.

Wie gesagt, ich habe meine Meinung. Es steht jedem frei, sich seine eigene zu bilden. Dann aber bitte auch einbeziehen, wie man sich in den letzten Jahren gefühlt hat, wenn sich dann doch wieder weniger als NULL geändert hatte.

Eines möchte ich an dieser Stelle nochmal loswerden und zwar deshalb, weil es mich zutiefst ankotzt. 

Wenn man von einer Sache überzeugt ist, für eine Sache einsteht, dann bin ich der tiefsten Überzeugung, dass man diese Sache auch bis zum Ende austragen muss. Ich habe mich (wie ein anderer Journalist ebenfalls), relativ frühzeitig zu den Inhalten und Werten von HSVPLUS bekannt, weil ich davon überzeugt war, dass die Inhalte dieses Konzepts für den HSV alternativlos waren, dieser Überzeugung bin ich heute noch. Insofern habe ich mich aus eigener Überzeugung vor diesen Karren spannen lassen und habe monatelang dafür gekämpft, dass es zu diesem Abstimmungsergebnis von 87% kommen konnte. Die sogenannten „klassischen“ Medien haben nichts dergleichen getan, sie haben sich schön bedeckt gehalten und sind erst in dem Moment auf den Zug aufgesprungen, als absehbar war, dass diese Mitglieder-Initiative nicht mehr aufzuhalten war. Anschließend haben sie sich dann gegenseitig für diesen großartigen Erfolg bejubelt, sich gegenseitig auf die Schultern geklopft und sich erzählt, wie geil sie doch sind. Sie waren diejenigen, die für den Erfolg gesorgt hatten und nicht etwa die, die seit Monaten dafür gekämpft hatten.

Aktuell beobachte ich dieses Phänomen erneut. Ich (und der andere Journalist) habe bereits im Herbst des letzten Jahres immer wieder darauf hingewiesen, welcher Weg sich beim HSV abzeichnet. Ebenso habe ich bereits im Sommer meine Vorbehalte gegenüber den Führungsfähigkeiten (nicht zu verwechseln mit den menschlichen Fähigkeiten) von Dietmar Beiersdorfer zum Ausdruck gebracht. Ich habe auf das „Wirken“ des Herrn Hilke, die Eitelkeiten des Herrn Gernandt und alle anderen Nebenerscheinungen hingewiesen und ich bin dafür im Stunden-Rhythmus beleidigt, bepöbelt und bedroht worden.

Das ist okay, weil ich denke, dass man sowas aushalten muss, wenn man eine Meinung einnimmt, die gegen den Strom schwimmt. Nun aber, wo sich herausstellt, dass wir mit all unseren Thesen recht hatten, wo sich im Grunde alles bewahrheitet, wovor wir frühzeitig gewarnt hatten und wofür man uns permanent abgestraft hat, jetzt plötzlich kommen wie von Zauberhand die berühmten „klassischen“ Medien um die Ecke und nageln los, was die Finger und die Tastaturen hergeben. Jetzt werden von der BILD fürchterliche Abrechnungen geschrieben, jetzt veröffentlicht die Mopo leere Doppelseiten, jetzt kriegen sich die Hofberichterstatter Matz und Scholz vom „einzig wahren HSV-Blog“ Schmocks Einöde nicht mehr ein vor Zorn. Und das Beste: Jetzt bekommen diese Spätentwickler auch noch Beifall dafür, dass sie seit Monaten gepennt haben.

Wo seid ihr Arschgeigen denn all die Monate gewesen, als ihr euren Lesern weismachen wolltet, wie cool doch alles laufen würde? Als ihr von „Magic Joe“ gelabert habt, von den Exzellenzen, die so unfassbar viel sportliche Kompetenz in den Verein bringen würden? Schämt ihr euch eigentlich manchmal, wenn ihr euren Lesern über Monate lang frech ins Gesicht lügt?

Wenn man eine Meinung hat und von ihr überzeugt ist, muss man sie äußern. Dabei geht man natürlich die Gefahr ein, falsch zu liegen, aber das muss sein. Wenn der HSV nun eine glohrreiche Rückrunde a la Werder gespielt hätte, hätten wir blank dagestanden und man wäre über uns hergefallen, aber dieses Risiko muss man eingehen, wenn man an etwas glaubt.

Oder man geht den anderen Weg. Man labert und labert und findet alles Oliver Wurm-mäßig nett und schön und wird schon. Und dann, wenn abzusehen ist, dass die Nummer brutal in die Hose geht, wechselt man von einem Tag auf den anderen die Seiten und produziert permanenten Schaum vorm Mund, damit man auf den letzten Drücker doch noch als kritischer Journalist durchgeht.

Für mich ist das feige, verlogen, menschlich und fachlich absolut unterirdisch. Aber solange eure verblödeten Leser immer wieder auf diese Schlittschuhtechnik (mal nach rechts, mal nach links) reinfallen, kann euch ja nichts passieren, gell.

Meiner Meinung nach tragt ihr, Hamburger Sportjournalisten, eine gehörige Portion Mitschuld an der jahrzehntelange Misere des HSV, eben deshalb, weil ihr nicht mal ansatzweise in der Lage seid, euren Job zu machen. Ekelhaftes Pack.

Ähnliches gilt übrigens für die sogenannten „Macher“ von HSVPLUS, die allesamt in der Versenkung verschwunden sind und heute so tun, als hätten sie mit der Sache nie etwas zu tun gehabt. Anstatt sich einmal rechtzeitig und öffentlich zu äußern, wird im Heimlichen versucht, Informations-Politik zu betreiben.

Fahnenflüchtige und elende Feiglinge.