Geld verdirbt den Charakter, sagt man und das stimmt. Allerdings stimmt es nirgendwo so sehr wie im Kosmos des bezahlten Fußballs, denn hier geht es um Summen, die für einen unbeteiligten Normalsterblichen derart abnorm sind, dass er es sich einfach nicht vorstellen kann.

Der „normale“ Fan kauft sich sein Trikot für ca. € 70 , er fährt zu den Heimspielen, leistet sich vielleicht sogar eine Dauerkarte für ein paar Hundert Euro. Die ganz Verwegenen begleiten ihren Club sogar zu den Auswärtsspielen, nehmen stundenlange Anfahrten in Kauf. Für diese Anhänger ist das, was sie investieren, extrem viel Geld und sie geben es für ihr Hobby, ihren Verein aus. Im Gesamtkontext des bezahlten Fußballs sind das nicht mal Peanuts, denn hier geht es um zig-Millionen und diejenigen, die nicht mitkassieren, kann man an wenigen Händen abzählen.

Der „normale“ Fan denkt: „Okay, der Spieler X kommt für € 4 Mio. von Verein Y zum HSV und verdient hier € 1,5 Mio. (hat die BILD so vermutet)“. Tatsächlich stimmen diese Zahlen so gut wie nie, eventuell sind es Zahlen, die dem Medium vom Verein selbst oder vom Berater zugespielt wurden. Glaubt denn jemand ernsthaft, dass diese Zahlen der Realität entsprechen oder dass es mit diesen Summen getan ist? Spricht der Verein von € 1,5 Mio., kann man getrost davon ausgehen, dass es sich hierbei bestenfalls um die Garantiesumme handelt, Prämien und Sonderzahlungen nicht berücksichtigt.

Hinzu kommen dann noch Zahlungen an den Berater und entgegen der landläufigen Meinung sind diese Berater-Honorare nicht einmal und nur bei Vertragsabschluss zu zahlen, sondern sie werden (jedenfalls in einigen Fällen) solange regelmäßig fällig, wie der vermittelte Spieler beim Verein spielt. Desweiteren existieren natürlich Anwaltskosten, Vermittlergebühren und so weiter und so weiter. Was für den Fan wie eine Zahlung einer Ablösesumme von € 4 Mio. plus € 1,5 Mio. Gehalt aussah, kann sich ganz schnell zu einem Paket € 15 – 20 Mio. entwickeln.

Man muss sich das einmal vorstellen: Es gibt Deals (die Fälle sind mir bekannt), da kassierte ein Berater für den Wechsel eines Spielers zu einem Verein allein € 3 Mio. an Beraterhonorar und es handelte sich dabei nicht um Christiano Ronaldo, bei Spielern dieser Größenordnung geht es gleich in die zig-Millionen. Das bedeutet, dass man als Berater mit einem guten Deal für alle Zeiten ausgesorgt haben kann. Wer würde jetzt nicht viele Hebel in Bewegung setzen, um dieses Geschäft zum Abschluss zu bringen? Ich möchte mir nicht vorstellen, wer da am Rande noch alles mitkassiert, damit solche Deals zustande kommen.

Apropos Berater. Es gibt in diesem Geschäft ja nicht nur Spielerberater, die bestens verdienen. Auch Anwaltskanzleien, PR-Agenturen, aber auch Privatpersonen halten oft und gern die Hand auf und in den seltensten Fällen weiß überhaupt jemand zu 100%, was genau da eigentlich beraten wurde. Die Summen, die dabei auf den Rechnungen stehen, sind für einen normalen Fan jenseits aller Vorstellungskraft, mit ein paar Tausend Euro ist es nie getan, fast immer wird es sechsstellig. Und warum ist da so? Weil es geht. Ein Fußballverein ist heutzutage ab einer gewissen Hierarchie-Ebene wie einen offene Tresortür, an der man jeden Tag vorbeigeht. Man guckt rein und drinnen stapeln sich sich die Bündel mit den 500-Euro-Scheinen und die Goldbarren. Der Versuchung, im Vorbeigehen einfach mal rein zugreifen, erliegen viele und diejenigen, die es nicht tun, werden zum Teil müde belächelt.

Warum auch nicht, das Geld ist ja da. Und wenn sich andere Leute an dem Verein respektive an der Branche gesundstoßen, warum dann nicht auch ich? Schadet doch niemandem, oder? 

Warum kommen diese Praktiken eigentlich so gut wie nie ans Licht? Nun, diese Frage ist relativ leicht zu beantworten: Einfach aus dem Grund, weil diejenigen, die eventuell für Aufklärung sorgen könnten, selbst Teil des Systems waren oder sind. Was für ein Wunder bei den Summen, die dort im Spiel sind.

Ich weiß, es ist für viele Fans nur schwer zu verstehen und viele glauben es nicht bzw. wollen es nicht glauben, aber das, was ich im Verlauf dieses Blogs geschrieben habe, ist eines der Hauptprobleme des Fußballs im allgemeinen und des HSV im speziellen. Am Ende des Tages geht es ums Geld und um nichts anderes. Es geht um Vorteilnahme, um Absprachen, um Millionen von Euro, für die viele Menschen bereit sind, nahezu alles zu tun.

Ein kleines Beispiel: Mal angenommen, ein Sportchef im Profifußball erhält seine letzten Jobs auf Empfehlung bzw. Vermittlung eines bestimmten Spielerberaters. Bei diesen Deals geht es grundsätzlich um Millionen. Nun sitzt dieser Sportchef in einem Verein mit reichlich finanziellen Möglichkeiten und sucht Spieler. Bei welchem Spielerberater ist wohl die Wahrscheinlichkeit am Größten, dass man ins Geschäft kommt. Und wenn dieser Sportchef dann irgendwann mal Vorstandsvorsitzender wird, welchem Spielerberater fühlt er sich wohl verpflichtet?

…und ganz am Ende wird dann auch noch ein wenig Fußball gespielt, aber das ist eigentlich nur noch eine Randerscheinung.