Ein Jahr ist es jetzt her, als vermutet wurde, dass ein großer Kampf endlich gewonnen sei. Nach Monaten der Auseinandersetzung, der Grabenkämpfe, der gegenseitigen Schuldzuweisungen und auch der persönlichen Abrechnungen wurde am 25.05.2014 in der IMTECH-Arena gewählt und es wurde geglaubt, dass man die (bessere) Zukunft des Hamburger Sportvereins wählen würde. Mit dem Erfolg der Mitglieder-Initiative HSVPLUS wurde gehofft, dass alles das, was in der Vergangenheit den sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg des HSV nicht nur blockiert, sondern in den meisten Fällen sogar wissentlich verhindert hatte, mit einem Schlag aus der Welt geschaffen werden würde. Ab sofort würde alles besser werden, es kämen (endlich) die richtigen, weil kompetenten Leute ans Ruder, es käme „kostenloses Geld“ von Kühne, es kämen reihenweise strategische Partner, die der neu geschaffenen HSV Fußball AG dabei helfen würden, die dringend notwendige Entschuldung voran zu treiben.

Auf der anderen Seite würde man sie endlich loswerden, all die Verhinderer und Quertreiber, all die Pseudo-Traditionalisten und Selbstoptimierer. Der HSV hätte keine Zeit mehr für Personen, die sich nur im Licht des Vereins sonnen wollten und die ihre eigenen Sache über die des Vereins stellen würden. Schluss mit unterem Mittelmaß, Schluss mit den Maulwürfen. Profis sollten es sein, „Experten mit Stallgeruch“.

Vorher ging es noch gegen den Abstieg, denn dieser musste unbedingt verhindert werden. Ein abgestiegener Dino motiviert keine 10.000 Mitglieder zur Versammlung, der Erfolg von HSVPLUS stand und fiel mit dem Klassenerhalt. Aus diesem Grund wurden alle noch vorhandenen Kräfte mobilisiert, es gab Fanmärsche und Choreos, es gab offenen und geschlossene Briefe an die Mannschaft. Zahllose Facebook-Unterstützer-Seiten wurden von Zehntausenden von Usern tagtäglich besucht, man gab sich gegenseitig Halt und machte sich gegenseitig Mut, waren die Aufrufe auch noch so hirnrissig.

Natürlich hatte man auch eine Zusatzmotivation, man hatte den Klassenfeind. Diese schrägen Vögel von „Not-for-sale“ waren in ihrer Verblendung derart suspekt, dass sie aufgrund ihrer eigentümlichen und unzeitgemäßen Ansichten als Gegner geradezu einluden. Der Kampf um die Klasse war eben auch ein Kampf um den Verein und so mutierten brave Familienväter zu teils hasserfüllten Klassenkämpfern, eben im vermeintlichen Bewusstsein, das Richtige zu tun und auf der richtigen Seite zu stehen.

Für den Verein. Für den Klassenerhalt. Für HSVPLUS und für eine bessere Zukunft.

Im Jahr danach ist vieles gleich, aber kaum etwas besser. Wiederum geht es gegen die Abstieg, aber irgendwie ist die Luft raus. Die angeblich richtigen Personen sitzen jetzt an den Schalthebeln der Macht, die Verräter wurden ausgemerzt, die Maulwürfe mit der virtuellen Plattschaufel erschlagen. Die sportliche Situation ist ebenso prekär wie zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres, aber die Stimmung ist eine andere. Der Feind ist weg und vor den letzten Kämpfern liegt das Problem, dass sie nicht mehr wissen, wem sie die Schuld an der Misere geben sollen. Natürlich kann man in bewehrter Jarchow-Manier auf die Fehler der Vorgänger verweisen, aber so richtig will das keiner mehr hören. Zu tief sitzt die Enttäuschung darüber, dass auch die Retter nur Menschen sind, die es scheinbar auch nicht besser können. So gesehen müssen halt andere, billige Feindbilder her, zumeist füllen die Medien oder einzelne Blogger diese Lücke mehr schlecht als recht aus.

Die Ohnmacht der Besser-Fans ist mit Händen geradezu greifbar, denn auch sie selbst wissen, dass sie eigentlich nichts in der Hand haben außer eventuell der mittlerweile wund-gedudelten „Geduld-Platte“. Zu deutlich haben ihre Götzenbilder nachgewiesen, dass sie eben keine Heilsbringer, sondern nur weitere charakterschwache Maulhelden sind, die sich in absolut nichts von ihren Vorgängern unterscheiden. Diese Erkenntnis schwächt und sie führt zu dem, was wir aktuell erkennen müssen – die Luft ist raus. Keine Fanmärsche, keine offenen Briefe, noch nicht mal Rücktritts-Forderungen an die Adresse der Versager-Exzellenzen. Die Kraft dafür ist einfach nicht mehr vorhanden, sie wurde genommen, der Verein hat sie aus den Körpern und den Köpfen der Fans gesaugt.

Denn – die Liste der Fehler, der nicht eingelösten Versprechen, der Worthülsen ist endlos und sie zu wiederholen fällt schwer. Das Hoffnungs-Vakuum, welches HSVPLUS im letzten Jahr noch auszufüllen in der Lage war, ist nicht mehr existent und ohne Hoffnung keine Kraft. So gesehen war das Bemühen um Thomas Tuchel eine mehr als sinnvolle Aktion, denn die Aussicht auf Tuchel hätte das Vakuum ersetzen können, welches HSVPLUS hinterlassen hat. Die Hoffnung auf einen Trainer, der endlich die jahrzehntelange Misswirtschaft beenden könne, hätte Kräfte freimachen können, wenn hätte kommuniziert werden können, dass Tuchel nur dann kommt, wenn die Klasse gehalten wird.

Ohne Klassenerhalt, kein HSVPLUS. Ohne Klassenerhalt, kein Tuchel.

Diese Parole hätte zusätzliche Kräfte innerhalb der Mitgliedschaft freimachen können, aber der Ballon ist zerplatzt. Wer sich im Tuchel-Spiel letztendlich verpokert hat, wer durch dümmliche, mediale Verlautbarungen den Deal torpediert hat, ist am Ende kaum noch wichtig. Wichtig ist, dass Tuchel nicht kommt, dass das Vakuum bestehen bleibt.

Natürlich versucht man von Seiten des Vereins nun, Bruno Labbadia zum Heilsbringer aufzubauen und sollte Labbadia den Klassenerhalt schaffen, wäre das aller Ehren wert. Dennoch – Labbadia ist kein Tuchel, kein Klopp. Er ist ein guter Trainer, aber eben kein außergewöhnlicher Trainer und der HSV benötigt mehr als jeder andere Verein einen außergewöhnlichen Trainer. Die Fans spüren das alles, sie spüren auch die Schwäche der Führung. So gesehen wäre der Klassenerhalt zwar erfreulich, er wäre aber kein Wendepunkt, denn eigentlich ist doch bereits heute bekannt, wie die Sache enden wird.

Der HSV bleibt der Bundesliga erhalten, die Exzellenzen klopfen sich gegenseitig auf die Schultern und bleiben auf ihren Stühlen kleben. Es wird erklärt, dass man intern eine schonungslose Analyse der Saison vorbereiten wird, die natürlich niemals stattfindet. Spieler wie van der Vaart, Ilicevic, Jansen, Kacar, Rajkovic, Behrami, Green, eventuell Beister werden den Verein verlassen, andere Spieler werden kommen und die Hoffnung auf eine andere/besser Zukunft wird mit ihnen kommen. Labbadia wird die Vorbereitung machen, die Saison beginnt. Nach 10 Spieltagen ist der HSV Tabellen-15. und das Spiel beginnt von vorn. Wenige Tage später ist der Trainer weich geschossen und der Nächste darf sein Glück versuchen.

Bildnummer: 11856334  Datum: 08.11.2012  Copyright: imago/Contrast Trainer Mirko Slomka / Aktion / Portrait Portraet Porträt / Einzelbild / Hannover 96 / 08.11.2012 / / Fußball Fussball / Europa-League Gruppenphase / awd arena Hannover / Herren / UEFA / Saison 2012/2013 / ; Fussball UEFA Europaleague Europa League EC 3 2012 2013 xns x0x 2012 quer Fußball Fussball UEFA Europa-League Gruppenphasen Saison  Image number 11856334 date 08 11 2012 Copyright imago Contrast team manager Mirko Slomka Action shot Portrait Portrait Portrait Single Hanover 96 08 11 2012 Football Football Europe League Group stage AWD Arena Hanover men UEFA Season 2012 2013 Football UEFA Europe League Europe League EC 3 2012 2013 xns x0x 2012 horizontal Football Football UEFA Europe League  Season

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