Liebe Leser,

Image ist das halbe Leben, sagt man. Das Image eines Unternehmens, eines Produktes, sogar das eines Schauspielers bestimmt sein Ansehen in der Gesellschaft, bestimmt am Ende des Tages seinen Marktwert. Warum wohl werden jährlich Milliarden von Euro in Image-Werbung investiert? Von Cornflakes bis zum Luxuswagen, jedes Unternehmen ist bestrebt, seinem Produkt das passende Image zu geben, um die Käuferschaft aus den unterschiedlichsten Gründen zum Kauf zu animieren.

Bleiben wir doch beim Beispiel Automobil, hier entscheidet das Image einer Marke mehr als die eigentlichen qualitativen Attribute über den Kauf eines Produktes im Wert von mehreren zigtausend Euro. BMW stand viele Jahre für Sportlichkeit, Mercedes Benz hatte das „Taxi-Image“ des teuren Opa-Autos. Warum wohl investiert Mercedes Hunderte von Millionen in die Formel 1? Der einzige Grund ist die Verbesserung des Images. Weg vom E-Klasse Taxi, hin zu dem „sportlichen Deutschen“ mit Qualitätsmerkmal. Audi hat diesen Sprung vor vielen Jahren geschafft, als man die Marke radikal umdrehte, den Audi Quattro baute. Später kam die Umstellung von Audi 80, Audi 100 etc. auf Audi A4, A6, A8 etc. Japaner stehen für Wartungsarmut, Koreaner für günstige Qualität usw.

Wer jetzt meint, man könnte einen PKW nicht mit einem Fußballverein vergleichen, der irrt. Denn eines verbindet beide Produkte und diese Verbindung nennt man Emotionalität. Autos sind pure Emotion und die Entscheidung für den Kauf einer bestimmten Marke ist oft genug eine irrationale und ausschließlich emotionale Entscheidung.

Image in der Bundesliga

Übertragen wir das Image-Thema auf die Fußball-Bundesliga und fragen, welcher Verein für welches Image steht. Dies mag übrigens bei dem einen anderes sein als bei dem anderen, denn wie die Bildung des Images auf jeden Einzelnen wirkt, ist verschieden. Bayern München steht beispielsweise für Selbstbewußtsein (mia san mia), für den totalen Erfolg, aber auch für soziales Engagement. Die Bayern haben schon mehrfach in Not geratenen Vereinen (z.B. dem FC St. Pauli) durch kostenlose Freundschaftsspiele geholfen. Die Ruhrpott-Klubs möchten für harte, ehrliche Arbeit stehen, Borussia Mönchengladbach hat das „Fohlen-Image“ aufpoliert, es steht für das Setzen auf jungen, hungrige Spieler. Wie wichtig diese Image-Bildung ist, erkennt man daran, dass einige Vereine ihr vermeintlich negatives Image humoristisch umsetzen und versuchen, dies ins Gegenteil umzuwandeln.

Bayer Leverkusen hat viele Jahre das Image des Plastik- oder Pillenklubs gehabt, man sprach oft und gern von der Werkself. Exakt diese Bezeichnung haben die Leverkusener nun sozialisiert, es existiert mittlerweile eine Sportbekleidungslinie mit dem Aufdruck „Werkself“. Das Gleiche gilt für den 1. FC Köln, der seit Januar 2015 offiziell ein Karnevalsverein ist. Was vorher noch eher peinlich war und auf einen chaotisch geführten Klub hindeutete, wird heute als Alleinstellungsmerkmal verkauft und vor allem signalisieren diese Maßnahmen auch: „Guck mal, die sind gar nicht so doof, die können auch über sich selbst lachen“.  

Wofür steht der HSV?

Ehrlich gesagt musste ich eine Weile nachdenken, bevor ich auf irgendein positives Attribut kam, für das der Hamburger Sportverein steht oder anders gesagt, ich finde keines. Ich bin in Hamburg geboren, habe 8 Jahre für den HSV Fußball gespielt und wenn ich darüber nachdenke, wofür der Verein steht, fallen mir nur Dinge wie „Dino“, „immer erste Liga“, „die dämliche Uhr“ ein. Und mir fällt ein, dass dieser Verein seit Jahren von einer Katastrophe in die nächste schliddert, dass die besten Tage des HSV mehr als 30 zurückliegen und mir fällt die immer noch existierende Überheblichkeit seiner Anhänger ein, von der ich beim besten Willen nicht weiß, woher sie kommen könnte.

An dieser Stelle möchte ich erneut Beispiele für diese verquerte Einstellung einiger als Beweis anführen:

„….Spaß beiseite, nie abgestiegen zu sein ist einmaliger als ein Meistertitel in der Bundesliga… Mach mal weiter mit den Titelträgern. Das hat Etwas. Wir waren ja auch an Titeln in den letzten 10 Jahren dran…“

Ein anderer schrieb (ich finde das Original leider nicht mehr) sinngemäß:

„Was sind denn schon Vereine wie Freiburg, Augsburg oder Mainz? Die haben doch nichts vorzuweisen. Wir sind der Dino, waren immer in der Bundesliga. Da werden die nie hinkommen….'“

Das ist also das, wofür unserer HSV steht? Dino, Uhr und Arroganz der Fans? Übertrage ich dieses Image auf die zuvor erwähnte Wichtigkeit des Images beim Kauf eines Produktes, überkommt mich panische Angst, denn das Image des HSV ist eine einzige Katastrophe. So gesehen ist es wenig verwunderlich, dass dieser Verein, mit Ausnahme bei den eigenen Fans, von fast allen anderen Fußball-Fans in Deutschland mit Hingabe gehasst wird. Bei denen steht der Verein nämlich für nichts anderes als für Chaos, Geldverbrennung, Überheblichkeit und Missmanagement. So einen Verein möchte wirklich keiner in der Bundesliga sehen, HSV-Fans mal ausgenommen.

Woher nehmen die HSV-Fans eigentlich diese vollkommen ungerechtfertigte Überheblichkeit? Ach ja, der HSV spielt ja in der „schönsten Stadt der Welt“ und ist  deshalb per se schon mal besser als alle anderen. Was für ein Schwachsinn. Was bitte hat der HSV mit der Stadt Hamburg zu tun, außer, dass er innerhalb ihrer Stadtgrenzen spielt? Das Image der Stadt ist eben nicht so einfach auf das Image des Vereins übertragbar.

„Hamburg, meine Perle“. Was sind die HSV-Fans stolz auf dieses Lied, in dem nicht etwa der eigenen Verein besungen wird (Du bist die Stadt, auf die ich kann), sondern in dem auch noch alle anderen Vereine lächerlich gemacht werden. „Zieh’n wir dir die Lederhosen aus“, „schießt Geld hier keine Tore“, „kommst du eigentlich aus Polen“ usw. Sogar in dem offiziellen Stadionlied zeigt der Verein seine Arroganz, stellt sich nicht selbst positiv, sondern die Anderen als Idioten da. Warum sind Textzeilen wie „Cottbus“ oder „lass den Torwart gleich zuhause“ eigentlich nicht schon längst aktualisiert worden? Ganz einfach, weil sie nicht zu ersetzen sind. Der HSV hat in all den Jahren, in denen dieses mittlerweile überflüssige und kontraproduktive Lied gespielt wird, für nicht einen positiven Anlass gesorgt und so muss immer noch der Verspottungs-Song herhalten.

Aber: Es sollte ja alles anders werden.

Doch ich möchte mithelfen, dem HSV wieder eine Kultur, eine Identität zu geben. Ich möchte die Orientierung geben, voranmarschieren und es jeden Tag vorleben, was es bedeutet, für den HSV zu arbeiten und HSVer zu sein.Entschlossenheit, Zusammenhalt, Respekt – davon war der Wechsel geprägt. Und genau diese Attribute sollen auch ganz allgemein unser Denken und Handeln bestimmen, so wollen wir uns präsentieren. Ein weiteres Vorbild habe ich gestern Abend gesehen: die deutsche Nationalmannschaft. Nicht, weil sie so hoch gewonnen hat. Sondern weil sie mit Wille und Emotionen gespielt und anschließend Demut und Respekt gezeigt hat, das war herausragend.“

Dafür ist es wichtig, dass sich der HSV wieder weniger auf Nebenkriegsschauplätzen austobt, sondern sich darauf konzentriert, wieder ein richtiger Fußball-Verein zu sein: Spieler ausbilden, mit ihnen arbeiten, sie verbessern und sportlich erfolgreich sein. Auf diesem Weg wünsche ich mir, alle Mitarbeiter, Mitglieder und Fans mitnehmen zu können. Ich möchte führen und den Menschen Leidenschaft, Identifikation und Begeisterung für den HSV vorleben.

Und so stelle ich mir unseren HSV auch zukünftig vor, deshalb ist es mir besonders wichtig, diejenigen mitzunehmen, die sich nicht von dem Konzept HSVPlus überzeugen ließen und lassen. Ich möchte für Geschlossenheit und Zusammenhalt stehen. Das ist mein Bild vom HSV.“

(Dietmar Beiersdorfer am 09.07.2014)

http://www.hsv.de/saison/meldungen-saison/bundesliga/2014/juli/vorstellung-dietmar-beiersdorfer/

Entschlossenheit, Zusammenhalt, Respekt, Demut. Dem HSV sollte eine neue Identität gegeben werden, von dieser neuen Identität sehe ich fast ein Jahr später weniger als nichts. Respekt und Demut sind nach wie vor Fremdwörter, Chaos und Orientierungslosigkeit regieren nach wie vor. Aber wie sollte das auch gehen, wenn man an den für das Image zuständigen Stellen (Marketing und Kommunikation) immer noch mit den gleichen Menschen arbeitet, die es schon seit Jahren nicht auf die Reihe kriegen? Wie sollte das funktionieren, wenn man an der Spitze einen Zauderer hat, der jedes Wort sekundenlang auf die Goldwaage legt, bevor einmal ein visionärer Satz erscheint?

Und bitte, soll mir niemand mit Geduld oder „das braucht seine Zeit“ kommen, denn das stimmt nicht. Eine Veränderung im Verhalten und in der Außendarstellung muss entschieden und dann gelebt werden. Es müssen ganz deutliche Verhaltensmassregeln erstellt werden und wer dagegen verstößt, gehört der Vergangenheit an. Kurzum: Es muss entschieden und nicht gewartet und gezaudert werden. Außer den schönen Worten während seiner Tränenkonferenz hat Beiersdorfer nichts unternommen, um dem Verein ein verändertes Image zu verpassen, der HSV ist nach wie vor die unbeliebte Skandalnudel der Liga, der jeder Nicht-HSV-Fan den Abstieg von ganzem Herzen wünscht und ich kann sie verstehen.

Fazit: Der neuen HSV-Führung ist es eindrucksvoll gelungen, erneut ein Jahr zu verschwenden. Nicht nur sportlich, sondern auch inhaltlich und kommunikativ erlebt der Verein keinen Stillstand, sondern einen Rückschritt. Dafür kassieren aber diejenigen, die sich damit beschäftigen sollten, ein Heidengeld.

 

In eigener Sache:

Als ich vor einiger Zeit eine Pause für diesen Blog ankündigte, erlebte ich eine wirklich großartige Unterstützung von vielen vielen Lesern, für die ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte. Viele Leser äußerten ihren Willen (das war nicht meinen Idee!), sich in irgendeiner Form finanziell an diesem Blog beteiligen zu wollen und deshalb haben wir die letzten Tage ein wenig auf dieser Idee rum gedacht. Mit schwebt im Moment eine Art Unterstützer-Modell vor, welches auf absoluter Freiwilligkeit basiert. Ich möchte und werde diesen Blog nicht für einige wenige abschotten und grundsätzlich kostenpflichtig gestalten, das war und ist nicht der Gedanke dieses Forums. Aber ich könnte mir eine Art Unterstützer-Fond vorstellen, an dem sich jeder, der es möchte, beteiligen könnte. Ich möchte dabei nicht reich und berühmt werden, aber es wäre eine nette Bestätigung für die Arbeit, die in diesem Blog steckt.

Sobald die Idee ausgereift ist, informiere ich euch. Wir hatten uns einen freiwilligen Beitrag von vielleicht € 3 pro Monat gedacht. Wenn man sich vorstellt, dass eine Kugel Eis einen Euro und eine Schachtel Zigaretten € 6 kostet, ist das nicht zuviel, wie ich hoffe.