Die Frage ist durchaus ernst gemeint. Was jetzt? Wie geht’s jetzt weiter mit diesem Verein. Wie geht’s weiter nachdem die Exzellenzen in eindrucksvoller Deutlichkeit demonstriert haben, was sie von externen Meinungen (und das, obwohl sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit Hunderttausende Euros für externe Beratung ausgeben) halten, wie sehr sie an den Sorgen und Nöten ihrer Mitglieder interessiert sind. Früher war das anders, da mussten sich Aufsichtsräte, die dann den Vorstand bestellt haben, ihrem Wahlpublikum zumindest vor der Abstimmung verkaufen, heute in AG-Zeiten ist das egal. Die Herren können schalten und walten, wie sie möchten und die einzige Möglichkeit, wie zumindest die Fans den Herren die roten Karte zeigen könnten, wäre es, ihnen das Geld zu entziehen. Vereins-Austritte, Verzicht auf Dauerkarten-Erwerb, Kündigungen von Logen und Business-Seats.

Exakt aber das passiert nicht und ich stelle mir die Frage, was eigentlich noch passieren muss, bis das gemeine Hamburger Rindvieh reagiert. Wie sehr muss einen die Mannschaft sportlich noch foltern, wie sehr muss einen die untaugliche Führungscrew eigentlich noch verarschen? Wollen mir bisher ca. 21.000 Dauerkartenkäufer ernsthaft erklären, dass sie des Fußballs wegen erneut mehrere Hundert Euro für diese Katastrophe hinblättern? Oder ist es vielmehr die Lust am Totalschaden, den niemand verpassen möchte und bei dem der Katastrophen-Tourist unbedingt anwesend sein möchte.

Die Frage ist ernst gemeint:

Warum kauft ein Fan heute noch eine Dauerkarte beim HSV?

Ist vielleicht ein Grund der, dass man dort auf Bekannte und Freunde trifft und sich dann vor Ort alle zwei Wochen gemeinsam auskotzen kann? Ist es die Angst, dass man seinen angestammten Platz vielleicht auf Dauer verlieren könnte, wenn man vorerst verzichtet? Ist es die pure Gewohnheit, weil man ansonsten nichts besseres vor hat? Oder will mir ernsthaft jemand erklären, er glaube daran, dass ab sofort alles besser wird? Ich würde es gern erklärt haben, aber bitte verschont mich mit Blödtexten wie „Ich bin HSVer bis in den Tod“ oder „Liebe kennt keine Liga“. Dieses hirnbefreite Geschwafel überlasst bitte den Facebook-Patienten, die entsprechende Seiten 24/7 vollspamen und die auch gestern noch der Meinung war, dass Karl Gernandt nur deshalb nicht auf der Mitgliederversammlung anwesend war, weil er im Namen des Herrn und im Auftrag des HSV auf Reisen war. Wer so dämlich ist, daran zu glauben, glaubt auch, dass die Erde eine Scheibe ist.

Denn mal ehrlich – was soll denn in der nächsten Saison tatsächlich passieren? Glaubt jemand tatsächlich, dass jetzt plötzlich Gouaida besser als van der Vaart und Marcos besser als Jansen kicken wird? Glaubt jemand ernsthaft daran, dass Kühne ganz plötzlich den Tresor öffnet und die gleiche Geschichte wie vor der letzten Saison passiert? Oder glaubt jemand tatsächlich an die Lippenbekenntnisse, dass das „neue“ Team um die Rückkehrer Demirby und Tah aufgebaut werden soll? Nach aktuellem Stand könnte der HSV nur dann auf dem Transfermarkt wirklich aktiv werden, wenn er Spieler veräußert, aber wer sollte das sein? Welcher HSV-Spieler weckt bei der Konkurrenz Begehrlichkeiten? Richtig, es sind im Wesentlichen Spieler, die in der letzten Saison eben nicht in Hamburg gespielt haben.

„Ne Grave, die haben doch gesagt, dass Demirbay und Tah auf jeden Fall zurückkehren werden“. Ja, sehr schön. Und sehr witzig. Ich erinnere mich an  eine Aussage des Herrn Hilke, die er am 25.05.2014 mir gegenüber gemacht hat. Sinngemäß erklärte MarketingHilki damals:

„Wir sind doch nicht bescheuert und verkaufen Calhanoglu jetzt für €14 Mio. Nach der nächsten Saison ist der Spieler mindestens das Doppelte wert, so dämlich sind wir nicht“.

Das Ergebnis ist bekannt, oder? Und was sollte auch groß passieren, wenn die Exzellenzen in den nächsten Wochen bekanntgeben, dass man Jonathan Tah für kolportierte € 8 Mio. (bei einer Ausstiegsklausel von € 15 Mio.) nach Gladbach verschleudert hat? „Es war der ausdrückliche Wunsch des Spielers bla bla bla…“

Vielleicht gibt es dann einen zweitägigen Shitstorm, aber am dritten Tag kaufen die nächsten ihre Dauerkarte und freuen sich, auch in der Spielzeit 2015/16 einen Heiko Westermann bewundern zu können und darauf, dass Ivo Ilicevic für mindestens 7 Ligaspiele zur Verfügung steht. Viel Spaß dabei, aber nicht mehr mit mir.