Ganz ehrlich, ich kann den Begriff „Umbruch“ nicht mehr hören, dafür wurde in Hamburg allzu inflationär mit ihm umgegangen. Nach dem Umbruch war vor dem Umbruch war vor dem Umbruch, nur eines hat sich unglücklicherweise nie aus einem Umbruch entwickelt: Eine solide Mannschaft. Dafür hat sich etwas anderes aus den gefühlten 242 Umbrüchen ergeben – eine komplett leere Kasse.

Nun also der erzwungene Gewaltumbruch, dem bisher Rafael van der Vaart, Heiko Westermann, Marcell Jansen, Max Beister, Lasse Sobiech und Boban Rajkovic zum Opfer gefallen sind, Spieler, die zusammen einen Transferwert von € 14,65 Mio. Auch, wenn bei einigen Spielern die Verträge ausgelaufen waren, muss man sich trotzdem die Frage gefallen lassen, wie es sein kann, dass man für Akteure dieses Wertes nicht etwa Ablösesummen generiert werden konnte, sondern wie man Spielern mit bestehenden Verträgen noch Geld hinterherwerfen muss, damit sie von der Payroll verschwinden. Dieses Phänomen dürfte in seiner Häufigkeit im bezahlten Fußball wohl einmalig sein und es zeigt, wie in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart gearbeitet wird.

Wie kann es eigentlich sein, dass es Herrn Heidel aus Mainz gelingt, einen Okazaki für € 10 Mio. nach Leicester zu verkaufen, während man in Hamburg einem Sobiech noch Geld bezahlen muss, damit er geht? Der Japaner wird am 01.07. 30 Jahre alt, aber für einen 25-jährigen Diekmeier oder einen 23-jährigen Lasogga bezahlt niemand einen Groschen. Und auch in Zukunft wird kein Verein bereit sein, für einen HSV-Spieler eine adäquate Summe auf den Tisch zu legen, es sei denn, es handelt sich um echte Talente wie Son, Calhanolgu oder Tah. Die zu verkaufen ist allerdings auch keine Kunst.

Wie auch immer, der geneigte HSV-Fan wird ab dem 14.08.2015 mit dem Zustand leben müssen, dass dieser HSV in wirklich jedem Spiel als Außenseiter gezählt wird, etwas anderes wäre nach den letzten beiden Jahren und dem Aderlass an gestandenen Bundesligaspielern vermessen. Natürlich gibt es immer noch ein paar Alberne, die von einem raketenartigen Aufbruch in einstellige Tabellengefilde träumen, aber die können sich selbst im Grunde nicht erst nehmen. Der HSV wird vom ersten Spieltag an gegen den Abstieg spielen und wie stress-resistent die Führung ganz besonders hinsichtlich der Personalie Bruno Labbadia sein wird, muss sich dann zeigen.

Man könnte es wie eine böse Laune der Natur empfinden oder eventuell wie einen letzter Fingerzeig der DFL, das Auftaktspiel in München gegen den deutschen Meister ist garantiert kein Glücksfall. „Beiersdorfer freut sich auf den FC Bayern“, titelte Schmocks Einöde gestern und das ist einfach nur lächerlich. Denn auch der große Vorsitzende weiß (zumindest vom Hörensagen), was mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit passieren wird. Der HSV wird in München verlieren und die Chance, gleich nach dem ersten Spieltag das Ende der Tabelle zu schmücken, ist mehr als groß. Dies bedeutet auch, dass vor den nächsten beiden Auswärtsspielen (Köln und Gladbach) im ersten Heimspiel der Saison gegen den VfB Stuttgart der Druck  von Anfang an spürbar sein wird.

Aber, wie bereits erwähnt, könnte man diese Spielansetzung seitens der DFL als letzten Hinweis an die Adresse des HSV verstehen. Nach dem Motto „Ihr habt eurer Glück überstrapaziert, diesmal seid ihr fällig“, bekommen die Hamburger von Anfang an die volle Breitseite.