Tah1

19 Jahre ist er alt, in Hamburg ist er geboren. Seit 2009, also mit 12 Jahren, kam er von Concordia Hamburg zum HSV, wurde hier zum jüngsten Bundesliga-Spieler des Hamburger Sportvereins aller Zeiten, zum Jugend-Nationalspieler.

Jetzt wechselt eben dieser Jonathan Tah, der Spieler, der das neue Gesicht des neuen HSV werden sollte, nach Leverkusen und folgt prominenten Beispielen wie Son, Öztunali und Calhanoglu. Dieser Spieler, der all die Kriterien erfüllt, die man nach Aussagen der Führung an die Zukunft stellte, wurde verloren, verloren,  wie so viele seiner Klasse zuvor.

Wollte man nicht genau solche Spieler für den HSV gewinnen? Aus Hamburg bzw. dem Hamburger Umland stammend? Wurzeln in dieser Gegend mit Identifikation zum Verein und den Zielen des Vereins? Wie kann es sein, dass eben genau dieser Spieler jetzt schon wieder geht bzw. gehen muss, obwohl er noch vor kurzem erklärte, dass er unbedingt zu seinem Stammverein zurückkehren wollte?

Wenn ich mich genau erinnere, dann war dies eigentlich die einzige direkte Verlautbarung des Spielers selbst, der ansonsten schwieg. Schaut man sich die Historie dieser Posse nämlich einmal genauer an, so wird man feststellen, dass es immer der Verein (über die einschlägigen Medien) war, der sich zum Spieler Tah äußerte. So wurde kolportiert, man sei mit der Entwicklung des Spielers während seiner Düsseldorfer Zeit nicht zufrieden, man traue seinem Potenzial nicht. Der Spieler schwieg. Nach und nach wurde Jonathan Tah mit Hilfe der Gefälligkeitsjournalisten als ein Spieler positioniert, auf den man wohl gut und gern verzichten könne, außerdem habe der Spieler deutlich seinen Wechselwunsch geäußert. All diese Informationen kamen vom Verein bzw. wurden über die Medien gespielt, die vom Verein das nötige Futter bekamen. Der Spieler selbst schwieg, der Berater schwieg.

Nun gab man gestern via HSV.de bekannt, dass man sich entschieden habe, Jonathan Tah nach Leverkusen zu verkaufen – das hohle Volk jubelt. Natürlich jubelt es, es versteht ja auch nicht. Der Spieler selbst wurde über Wochen als abtrünniger Söldner verkauft und nun war man von Seiten der Exzellenzen so clever, den Preis für diesen überbewerteten Kicker in ungeahnte Höhen zu befördern, gelobt seien Dukaten-Didi und Presse-Pete.

Den vorläufigen Höhepunkt liefert der HSV nun allerdings mit einer Finte, die wohl in der bisherigen Geschichte der Bundesliga einmalig sein dürfte.

Frage von HSV.de an Beiersdorfer:

Kann die erzielte Ablösesumme, in externen Medien wird über einen zweistelligen Millionenbetrag spekuliert, umgehend wieder in den Kader investiert werden?

Was für ein Wahnsinn. Der HSV bestätigt nicht etwa, dass ein zweistelliger Betrag geflossen ist, er nutzt die Medien, die diesen Betrag spekulativ verbreitet hätten. Komisch nur, dass ich nicht einmal von einer medialen Spekulationssumme in zweistellige Millionenhöhe gelesen habe, dies ist eine pure Erfindung des Vereins. Aber – wie immer kann sich der Verein auf eines verlassen: Die Schwachmaten schlucken den Köder. „Wieso? Steht doch auf HSV.de, dass sie mehr als € 10 Mio. für den Söldner kassiert habe“. Nein, steht eben nicht da. Der HSV streut lediglich das Gerücht, dass die Medien diese Summe ins Spiel gebracht hätten, was gar nicht den Tatsachen entspricht. Wird irgendwann einmal bekannt, dass es doch nur € 7,5 Mio. gewesen sein (und das wird bekannt werden), kann sich der Verein immer darauf zurückziehen, dass er doch lediglich die Spekulationen der Medien kommentiert und nicht etwa bestätigt hat.

Warum aber springen wirklich alle (BILD, Mopo, Abendblatt) auf diese Finte auf? Im Grunde ganz einfach zu erklären, wenn man den zeitlichen Ablauf betrachtet. Der HSV veröffentlicht das Interview mit Beiersdorfer und nur wenige Minuten später wird die Summe von nahezu allen Hamburger Medien bestätigt. Wie kann das eigentlich sein? Ganz einfach, sie waren über den Zeitpunkt der Veröffentlichung vorab informiert und haben dann ihre Info-Konserven freischalten können. Warum aber machen die das? Warum lassen sich die ehemals kritischen Hamburger Sportmedien mittlerweile als Informations-Transporteure des Vereins missbrauchen? Warum wird nicht mehr kritisch nachgefragt, was eigentlich die Aufgabe eines Journalisten wäre?

Im Grund nicht schwer zu verstehen. Die Hamburger Medien haben in den letzten Jahren verstehen müssen, wie sehr sie selbst abhängig vom sportlichen Erfolg des Vereins sind, wenn der HSV abschmiert, schmieren sie selbst ab. Deshalb hat man nun beschlossen, seine journalistisch-kritische Haltung aufzugeben und sich zum Steilbügelhalter machen zu lassen. Auf die Art wird man von den Herren auch weiterhin mit Informationen versorgt und man tut sich gegenseitig nicht weh.

Was aber ist nun eigentlich aus diesem tollen neuen Hamburger Weg geworden? Man verscherbelt Hamburger, holt dafür den nächsten Schweden, Kameruner, Türken oder Albaner. Und niemand sagt etwas.

Oder andere Frage: Wenn man doch verkündet, dass man nur noch mit Spielern arbeiten möchte, die den Weg des Vereins mitgehen wollen, warum konnte eigentlich Jonathan Tah nicht von diesem Weg überzeugt werden? 

Man hat ein absolutes Talent im eigenen Haus, einen 17-jährigen Rohdiamanten. Der Junge spielt bereits Bundesliga und spielt dort in einer unterdurchschnittlichen Truppe überdurchschnittlich gut und was macht man? Man verleiht den Spieler in die 2. Liga und kauft für € 3 Mio. einen unbekannten Brasilianer. Und dann wundert man sich, warum ein solcher Junge sich fragt, was das alles soll????

Die Absicht des Vereins selbst ist so durchsichtig, dass man schon einigermaßen dämlich sein muss, um das Manöver nicht zu durchschauen. Während ganz Deutschland über den HSV lachte, als man die Spieler Sobiech (€ 250.000) und Beister (€ 600.000) mit Riesenabfindungen vom Hof jagte,  versucht man nun mit Hilfe der Medien das eigene Bild zu verbessern und das Image zu polieren. Das Eigentor Behrami (€ 5 Mio. Transfer plus € 3 Mio. Gehalt) wurde für € 2 Mio nach England verfrachtet und diese Maßnahme ließ man sich als Erfolg verbuchen, unfassbar. Jetzt der „Fall Tah“, in dem ein junger Spieler als fremdgesteuerter Söldner positioniert wird, damit man ihn ohne weitere Erklärung abschieben kann, weil man nun die Kohle dringend braucht, die man im Vorjahr leichtfertig verbrannt hat. Und tatsächlich, es klappt. Wie eigentlich immer kann sich der Verein auf die Dummheit seiner Anhänger verlassen, besonders dann, wenn die Medien die gesteuerte Vorarbeit geleistet haben.

Wenn man als Journalist tatsächlich einmal recherchiert hätte, hätte man mit dem einen oder anderen Insider reden können. Oder man hätte einfach mal bei Bayer Leverkusen anrufen können, um sich die Spekulationen bestätigen zu lassen. Macht aber erstaunlicherweise keiner, warum eigentlich nicht?

Wenn man es doch macht, hört man unisono eines: Niemals, in 100 Jahren nicht, never hat der HSV eine zweistellige Summe aus Leverkusen erhalten. Aber das würde dann nicht zum Bild der verhandlungsstarken Granden passen. Also spielt der HSV Bande mit seinen Hofbericherstattern und die Anhänger fressen wie die Trüffelschweine. Was mit dem Spieler passiert, ist diesem Verein mittlerweile scheißegal, aber betrachtet man selbst seine eigene Fan-Seite bei Facebook, kriegt man das kalte Grausen.

Jonathan Tah

„Das Streben nach Geld zeigt, wie viel Herz man wirklich hat!“
9. Spieltag.. der Volkspark brennt jetzt schon

Sogar auf seiner eigenen Fanpage wird der Junge niedergemacht. Gute Arbeit, HSV.