Gestern hatte ich die große „Freude“, nacheinander zwei Vorbereitungsspiele sehen zu dürfen. Zuerst das Spiel Bayern München gegen Valencia (4:1) in Peking, danach das Spiel Arminia Bielefeld gegen den HSV (2:0) in Bielefeld. Eines hatten beide Spiele (angeblich) gemeinsam, es soll sich in beiden Fällen um Fußball gehandelt haben.

Bedenkt man, dass sich beide Mannschaften (FC Bayern und HSV) in vergleichbaren Situationen was den Stand der Vorbereitung betrifft, befinden, dann muss einem um diesen HSV spätestens seit gestern nicht Angst und Bange werden, es müsste einen die blanke Panik überkommen. Ich begleiten diesen Verein nun schon bewusst ca. 40 Jahre, aber sowas wie gestern haben ich lange nicht sehen müssen.

Der HSV war im Spiel gegen einen Zweitliga-Aufsteiger nicht etwa unterlegen, er war chancenlos und möge mir doch bitte an dieser Stelle niemand mit dem ausgeleierten Argument der „schweren Beine“ aufgrund des harten Aufbautrainings kommen. Der HSV kam nicht direkt aus einem Trainingslager, er trainierte die ganze Woche in Hamburg und ich habe Teile dieses Trainings gesehen. Wenn ein neu hinzu gekommener Spieler wie Sakai öffentlich erklärt, dass er  sich die Vorbereitung in Hamburg deutlich härter vorgestellt hatte, schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken.

Aber die angeblich fehlende Fitness ist nicht das Hauptproblem dieses HSV, der sich vor Beginn der Saison von den „Altlasten“ van der Vaart, Westermann, Rajkovic, Jansen, Behrami, Sobiech und Beister trennen konnte, es fehlt einfach an spielerischer Klasse. Was bei den Bayern beispielsweise eine absolute Selbstverständlichkeit ist (Ballannahme, Ballkontrolle, Paßsicherheit, Positionshalten), scheint in Hamburg nach wie vor ein Fremdwort zu sein. Bei aller Freundschaft, aber es hat nichts mit Müdigkeit zu tun, wenn man mehrfach Bälle aus unbedrangter Situation ins Aus spielt.

Sorry, aber ich muss und ich werde es auch in dieser Deutlichkeit schreiben, auch wenn es einige nicht hören bzw. lesen wollen. Das, was ein Dennis Diekmeier dort seit Jahren spielt, hat mit professionellem Fußball nicht im Ansatz etwas zu tun und mittlerweile sollte sich niemand mehr wundern, dass sich für diesen Spieler in all seinen HSV-Jahren noch nie ein anderer Verein interessiert hat. Osterzolek auf der anderen Seite wirkt inzwischen wie eine billige Kopie von DD. Ball annehmen, gucken, drei Schritte nach vorn, Rückpass. Kommt einer dieser Spieler einmal zum Flanken, so landet die Flanke irgendwo im Nirgendwo, das ist nicht mal Oberliga.

Ich hatte vor einiger Zeit einmal einen Blog über das Thema „Spielaufbau“ geschrieben und ich habe mich gestern zeitweilig ganz bewusst auf den „Master of Spieleröffnung“, Emir Spahic, konzentriert. Wenn einer von euch irgendwo einen Unterschied zwischen dem, was Spahic spielt und dem, was Rajkovic, Westermann oder gar Tah gespielt haben, entdeckt hat, sieht er definitiv mehr als ich. Hinzu kommt, dass der Mann im Antritt Schneckenwerte erreicht, der HSV hat also einen schnellen 31-Jährigen (Westermann) und einen schnellen 19-Jährigen (Tah), gegen einen langsamen fast 35-Jährigen (Spahic) getauscht, Glückwunsch Knäbelpeter.

Die Liste ließe sich unendlich weiterführen. Djourou wackelig, Holtby unterirrdisch, Olic scheint ausgelaugt und langsam, Zoua ist kein Bundesliga-Spieler, Arslan bisher auch nicht.

Bereits zum gefühlten 262. Mal frage ich mich (und ich meine die Frage absolut ernst): Was genau kann eigentlich Herr Lasogga?

Der Mann ist nicht schnell, er kann nicht dribbeln. Er ist nicht in der Lage, eine 1:1-Situation erfolgreich zu gestalten. Wenn er auf die Flügel ausweicht, landen seine Flankenversuche im Niemandsland. Lasogga ist kein Mittelstürmer, mit dem man kombinieren kann, dafür ist er technisch zu schwach. Hat der HSV tatsächlich € 8,5 Mio. für einen Stürmer gezahlt, der vielleicht ab und an mal ein Kopfballduell gewinnt und einen im Strafraum reinstochert?

Ich bin ziemlich sicher, dass man es mir anmerkt, aber ich bin absolut geschockt. Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass die Spieler Ekdal, Diaz und Kacar für etwas mehr Ordnung und Stabilität im Mittelfeld sorgen, ansonsten bekommt der HSV in der Saison 2015/16 mehr Probleme als im letzten Jahr.

Die einzigen Lichtblicke waren für mich gestern Torhüter Hirzel, Sakai und Gideon Jung, obwohl dieser noch reichlich Zeit benötigt.

P.S. Noch ein kleiner Tipp am Rande. Vielleicht einfach weniger „Fan-Abende“ mit 70-jährigen Trikot-Trägern, die später ihre Gesprächs-Erkenntnisse aus Unterhaltungen mit dem Trainer in zweifelhaften Foren posten, abfeiern und dafür mehr Konzentration auf das Wesentliche. Erscheint mir spätestens nach dem gestrigen Tag mehr als sinnvoll.